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Vermieter und Mieter aus Stadtfeld und Sudenburg berichten über Chaos und Unfreundlichkeit Debakel mit den vollen Tonnen: Empörte Leseranrufe, doch Tönsmeier wiegelt ab

Von Jens-Uwe Jahns 03.02.2012, 04:23

Der vermeintliche Einzelfall aus der Braunschweiger Straße entpuppt sich als Massen-Müllproblem für Sudenburg und Stadtfeld. Vielerorts vermüllen Grundstücke, weil Entsorger Tönsmeier die gelben Tonnen nur noch alle 14 Tage abholt. Während dessen Sprecher abwiegelt, empören sich die Bürger ebenso wie Oberbürgermeister Trümper.

Sudenburg/Stadtfeld l Wie die Volksstimme gestern berichtete, hat die Firma Tönsmeier ab 1. Januar den Abholzyklus der gelben Wertstofftonne in Sudenburg und Stadtfeld verändert: Statt wöchentlich werden die Tonnen nur noch alle 14 Tage entleert. In der Regel ohne zusätzliche Tonnen.

Was gestern noch nach einem Einzelfall aus der Braunschweiger Straße klang, erwies sich angesichts Dutzender Leseranrufe in der Redaktion gestern als Massenproblem. Vielerorts werden die Folgen der Tönsmeierschen Sparpolitik übelriechend sichtbar.

Hier eine kleine Auswahl der Leserhinweise:

Cornelia Koch aus der Lutherstraße 15a/15b berichtet, dass die 240-Liter-Tonne für 22 Wohnungen seit Januar überquillt: "Kaum ist sie geleert, ist sie auch schon wieder voll. In ihrer Not entsorgen Mieter die Wertstoffe in der schwarzen Tonne. Das kann doch nicht die Lösung sein."

"Die versprochene Tonne ist noch immer nicht da"

Ein Mieter aus der Schillerstraße 45 beschreibt die Situation ähnlich: "Für zehn Familien gibt es eine 240-Liter-Tonne. Die hat bei wöchentlicher Entleerung auch gereicht, aber nun wissen wir nicht mehr, wohin mit den Wertstoffen. Ich sammle sie schon im Keller." Er und sein Vermieter, das Siedlungswerk St. Gertrud, hätten mehrfach bei Tönsmeier angerufen: "Man hat uns eine zweite Tonne zugesagt. Bis heute ist sie nicht da."

Jürgen Bethge, Vermieter der Mehrfamilienhäuser Wolfenbütteler Straße 46 und 30 sagt: "Ich habe nach dem Wegfall des Containerplatzes am Wormser Platz weitere gelbe Tonnen auf den Innenhöfen untergebracht. Bei wöchentlicher Leerung war das auch kein Problem, aber jetzt vermüllen die Höfe. Für die Vermietbarkeit meiner Wohnungen ist das eine ganz schlimme Geschichte. Wenn eine Firma wie Tönsmeier nur abkassiert, aber die vereinbarte Leistung nicht bringt, dann muss man ihr kündigen."

"Vertrag kündigen, wenn Leistung nicht erfolgt"

Bernd Gruner aus der Eisnerstraße 9 ist über die Informationspolitik von Tönsmeier enttäuscht: "Erst mit dem Abfallkalender wird mitgeteilt, dass künftig nur noch alle zwei Wochen abgefahren wird. Für sechs Familien reicht unsere 120-Liter-Tonne nicht vorn und nicht hinten. Als ich bei Tönsmeier angerufen habe, gab es eine dumme Antwort: Man könne das nicht ändern, man müsse sehen, wie man klarkommt."

Ähnliche Fälle schildern Leser aus der Uhlichstraße, Lessingstraße, Freiherr-vom-Stein-Straße, Alexander-Puschkin-Straße 22, Schillerstraße 45, Lutherstraße, Fichtestraße und Wolfenbütteler Straße.

Oberbürgermeister Lutz Trümper berichtet über viele Beschwerdeanrufe in der Bürgerberatung des Rathauses. Er habe am 30. Januar an die Tönsmeier-Geschäftsführung geschrieben (siehe nebenstehenden Beitrag). Gestern war Trümper Redner auf dem "6. Mitteldeutschen Entsorgungsforum" in Leuna. In seiner Rede verwies er auf den Volksstimme-Bericht und sagte: "Wenn eine private Firma schon einen solchen lukrativen Auftrag bekommt, dann muss sie ihre Arbeit auch ordentlich machen." Im Publikum saß auch Fredo Belger, einer der Geschäftsführer von Tönsmeier, der solche Kritik freilich ungern hörte. Trümper: "Er kam nach meiner Rede auf mich zu, um mir zu sagen, dass solch öffentliche Kritik ja wohl nicht sein muss. Ich habe ihm gesagt, dass ich sie nicht wiederhole, wenn er in Magdeburg einen besseren Job macht."

Tönsmeier-Pressesprecher Boris Ziegler nannte den Volksstimme-Beitrag von gestern "hochspekulativ" und beantwortete die Fragen der Redaktion nur noch schriftlich. Per E-Mail bestätigt er, dass die Firma Tönsmeier zum Jahreswechsel "lediglich in den Stadtteilen Sudenburg und Stadtfeld den Abholturnus von einer Woche auf zwei Wochen verändert" hat. Seinen Angaben zufolge seien darüber am 1. September 2011 alle Wohnungsbaugenossenschaften informiert worden: "Alle weiteren Informationen - über die Presse und per Anschreiben - waren ein zusätzlicher Service der Tönsmeier-Gruppe."

Eine Anpassung der Behältergröße für die gelbe und blaue Tonne sei möglich. Ziegler: "Dazu ist lediglich ein schriftlicher Antrag des Grundstückeigentümers bzw. des Verwalters erforderlich."

"Wo Bedarf berechtigt ist, reagieren wir schnell"

Eine "verantwortungsvolle und gewissenhafte Prüfung" hat laut Ziegler "ergeben, dass eine Systemumstellung durchaus möglich ist": "Überall dort, wo der erhöhte Bedarf rechtzeitig angemeldet wurde, steht das angeforderte Behältervolumen schon jetzt zur Verfügung".

Auf die Frage, wie das "Gelbe-Tonnen-Problem" denn nun kurzfristig im Interesse der Magdeburger gelöst werden soll, schreibt Ziegler per E-Mail: "Überall dort, wo es berechtigten Bedarf gibt, werden wir möglichst schnell, pragmatisch und im Sinne der Bürger eine Lösung anbieten."