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Der "Manni", sein Macher und ihr kritischer-liebenswerter Blick auf Magdeburg

Von Rainer Schweingel 01.12.2011, 09:04

Magdeburg l "Eh, Manni, komm‘ her zu uns ..." – wenn Frank Hengstmann in der Innenstadt unterwegs ist, passiert es ihm oft, dass zwischen Mensch und "Manni" nicht unterschieden wird. Viele Magdeburger sehen selbst im zivilen Frank Hengstmann nicht zuerst den Menschen, sondern jene Kunstfigur, die er auf der Bühne im ballonseidenen Trainingsanzug mimt: den Ur-"Machteburjer" – kurz "Manni". Mit kultiger Schnodderschnauze, gekühltem Blechbrötchen in der linken und gelegentlich zur Arbeiterfaust geballter rechter Hand ist eben jener "Manni" zu einem echten Markenzeichen für den Vollblut-Kabarettisten geworden. Deshalb heißt es eben "Manni, komm mal rüber", statt "Frank, setz dich zu uns ..."

Und so ist es auch in seinen Programmen. Wenn er – also der "Manni" – oben auf die Bühne tritt, wissen und erwarten die da unten, was dann auch kommt: Eine magdeburgische Problembeschreibung mit bauernschlauen Lösungsansätzen in Magdeburger "Sproache" – kritisch, aber liebenswert. 2001 erblickte "Manni" in Frank Hengstmanns Soloprogramm "Germanisch depressiv" das Licht der Welt, obwohl sein künstlerischer Vater schon länger mit ihm schwanger ging. "Ich habe schon zuvor viel mit dieser wunderbaren Magdeburger Sprache hantiert", erinnert sich Frank Hengstmann.

Über Jahre tauchten diese Spezialszenen mit dem unverwechselbaren Lokalkolorit in den Programmen auf, aber erst im "Manni" fanden sie eine feste Figur. "Ich habe gemerkt, wie sehr das angenommen wurde und den Manni deshalb weiterleben lassen", beschreibt Frank Hengstmann den Grund, warum es "Manni" noch gibt. Die Leute mögen diesen Kumpeltyp in schwieriger Soziallage. Denn viele von denen, die ihm zuhören, erkennen sich darin ein Stück wieder: die politische Wende, die schwierigen Umbrüche, die Chancen, aber auch die Gefahren, die für Menschen wie "Manni" bedeuteten: "Wir wollen ja (arbeiten), aber wir dürfen nicht". Manni wurde so auch ein Sprachrohr für Menschen, die wenig Gehör fanden und finden.

Doch wo ist die Grenze zum Klamauk, ja zur Beleidigung? Frank Hengstmann weiß um den schmalen Grat: "Ich mache mich nicht über die Mannis lustig, verkaufe oder beschreibe sie nicht als dumm, sondern als Menschen, die in Saft und Kraft stehen, die eine Chance verdient haben, sie aber nicht erhalten." Jene Menschen traf er vor allem nach der Wende an dem ein oder anderen Kiosk, der plötzlich mehr Kommunikationszentrum als Kaufladen für jene war, die eben noch in einem der Schwermaschinenbaubetriebe dieser Stadt gemeinsam an der Stanze standen. Frank Hengstmann: "Ich sage zu dieser Zeit immer: Magdeburg war ein industrieller Kern. Und dieser Kern ist verschwunden und einige Entkernte standen dann plötzlich am Kiosk."

Insofern ist jener "Manni" nicht so weit weg von seinem Schöpfer. Denn ein Stück "Manni" steckt auch im Menschen Frank Hengstmann. Nach der Wende wollten plötzlich alle reisen und einkaufen, aber kaum einer einen ostdeutschen Kabarettisten hören. Hengstmann fiel damals in ein "Loch" wie andere (Künstler) auch, konnte sich aber daraus befreien. Geblieben ist die "Manni"-Erfahrung, vor deren Hintergrund er kritisch, liebenswürdig und mittlerweile fast legendär Magdeburger Probleme aufspießt. Sie will er beschreiben, ohne zu belehren: "Wir hier im Kabarett können die Welt nicht verändern, sondern nur Denkanstöße geben, das ist auch schon alles. Die Leute kommen zu uns, weil sie Spaß und Unterhaltung haben wollen."

Das rund 270 Mal im Jahr zu bieten ist nicht einfach. Jetzt, da alles gesagt werden darf, ist die Herausforderung an den Künstler Frank Hengstmann wieder eine große, aber eben ganz andere als vor 1990. "Kabarett als Ventil hat seine Bedeutung dennoch nicht verloren", ist sich Kabarettist Hengstmann sicher, der seit 50 Jahren als solcher nicht nur rund um den Dom auf der Bühne steht, sondern seine Gastspiele auch nutzt, um die Werbetrommel für Magdeburg zu rühren. "Wenn wir weiter weg spielen, sage ich immer: Ihr müsst euch Magdeburg wirklich mal ansehen", was viele dann auch tun. "Manni" und Frank Hengstmannn verstehen sich längst auch als Botschafter für diese Stadt. Erst diese Woche saß bei ihm ein Mann im Saal, der Magdeburg 1990 zum letzten Mal gesehen hatte, seine Videoaufzeichnungen von damals mit der Realität 2011 verglich und der Stadt ein Kompliment aussprach.

Das ist dann immer einer dieser ganz besonderen Momente, in denen "Manni" und Frank Hengstmann das "Machteburjer Herz" aufgeht. Beide schimpfen, beide fluchen bisweilen wie ihre Zuhörer auf ihre Heimatstadt, aber unterm Strich gibt‘s wie für viele Elbestädter nur eine "kloare" Meinung: "Machteburch? Da kannste nicht meckern ..."