Folge 4 der Serie "24 Stunden Stadtfeld": Von 9 bis 10 Uhr im Blumengeschäft Die Stadtfelder Blütenquelle: Von der Bretterbude zur Hyparschale
24 Stunden Stadtfeld. 24 spannende Geschichten aus Magdeburgs einwohnerreichstem Stadtteil. Mehr als 25 000 Menschen leben, arbeiten, spielen und lernen hier. Die Volksstimme begleitet einige von ihnen. Folge 4: Von 9 bis 10 Uhr im Blumengeschäft "Amhoff".
Stadtfeld-Ost l Es ist kurz nach 9 Uhr morgens und draußen gießt es unaufhörlich. Kein gutes Wetter zum Blumenverkaufen, aber gutes Wetter für Geschichten. Und davon hat Ines Amhoff einige in petto.
Von einer einfachen Bretterbude zur eigenen Hyparschale - so lässt sich die Entwicklung des Blumengeschäfts der Familie Amhoff gut umschreiben. Auf die Ecke Große Diesdorfer Straße/Gerhart-Hauptmann-Straße setzte ihr Schwiegervater 1951 einen Holzverschlag ohne Wasseranschluss, erzählt sie. Darin verkaufte er die Blumen, die er in seiner Gärtnerei wenige Meter weiter neben der Universitätsfrauenklinik züchtete. "Die Angestellten mussten immer in seine gegenüberliegende Wohnung zum Wasserholen gehen", sagt sie.
Dabei geht die blumige Geschichte des Ortes noch weiter zurück. Bereits um 1900 gab es noch in einem Gründerzeithaus, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, die Blumenhandlung Nagel. "Eine Verwandte von August Nagel hat noch bei meinem Schwiegervater gearbeitet. Beim Baggern für unser neues Geschäft fand man sogar noch ihr altes Fahrrad im Keller", erzählt sie.
Denn 1980 sollte aus der Hütte ein vernünftiges Haus werden. Gegen den Willen von Amhoff Senior bekam Hyparschalen-Architekt Ulrich Müther den Auftrag, den neuen Blumenpavillon zu entwerfen. Im Nachhinein ein nützlicher Zwang seitens der Stadtregierung, ist die Stadtfelder Hyparschale doch ein kleiner architektonischer Höhepunkt. "Es kommen sogar extra deswegen Leute zu uns", sagt Ines Amhoff, die 1991 das Geschäft mit ihrem Mann übernahm.
Mit Kopfschütteln denkt sie an die DDR-Zeit zurück: "Wenn man mal ein paar Nelken zugeteilt bekam, überlegte man ganz genau, wer die kriegte. Der Kohlenkutscher, der Klempner? Die Leute standen wegen Stiefmütterchen Schlange." Und heute? "Heute gibt es das ganze Jahr alles, es gibt keine Jahreszeiten mehr. Rote Rosen sind aber immer noch der Klassiker, die sind wie Brötchen beim Bäcker."
Zwischendurch kommt Simone Brüggemann herein und lässt sich einen Strauß zusammenstellen. "Der ist für meine Kollegin, die heute Geburtstag hat", erklärt sie. Am Ende wird sie die einzige Kundin in dieser Stunde gewesen sein. "Nun konnte ich Ihnen keinen glücklichen Vater bieten", meint Ines Amhoff lachend. Denn natürlich kommen immer wieder glückliche Angehörige für Babysträuße zu ihr.
"Die meisten Kunden kennen wir persönlich. Es ist in Stadtfeld doch fast wie auf dem Dorf. Gerade die Älteren kommen gerne auf einen kleinen Schnack vorbei, einfach herrlich", sagt sie zum Abschied.