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Städtepartnerschaft Diese Beziehung pflegt Magdeburg nach Frankreich

Mit Le Havre ist Magdeburg vielfach verbunden. Die Freundschaft kann aus französischer Sicht gern noch enger werden. Eindrücke aus der Normandie.

Von Steffen Honig 07.07.2023, 03:00
Pétanque, eine Form des  Boule-Spiels, lieben die Leute in Le Havre  inbrünstig. Durch die Städtepartnerschaft gibt es inzwischen auch im Magdeburger Raum Turniere.
Pétanque, eine Form des Boule-Spiels, lieben die Leute in Le Havre inbrünstig. Durch die Städtepartnerschaft gibt es inzwischen auch im Magdeburger Raum Turniere. Foto: Steffen Honig

Magdeburg/Le Havre - Gerade ist in Le Havre der diesjährige Kultursommer gestartet worden. Obwohl die Delegation mit mehr als drei Dutzend Frankreich-Freunden aus Magdeburg erst im Oktober anreist, wird sie davon noch etwas mitbekommen: Manche Skulptur oder Installation des Sommers ziert auf Dauer das Stadtbild. So ist es Tradition in der Metropole in der Normandie.

Die vor zwölf Jahren besiegelte Partnerschaft zwischen Magdeburg und Le Havre hat gleichfalls das Zeug, Tradition zu werden. Auf französischer Seite kümmert sich darum die „Association Le Havre – Magdeburg“. Chef ist seit 2016 Fabrice Poret. Lehrer am Konservatorium.

Der Zufall hat ihn zu diesem Job gebracht. „Als 2013 ein Chor aus Le Havre nach Magdeburg eingeladen war, fehlte ein Bass im Ensemble. Da ich bin gern eingesprungen“, erzählt Poret in bestem Deutsch in einer Brasserie in der City von der 166.000-Einwohner-Stadt.

Er hat sich fortan dauerhaft in die deutsch-französische Partnerschaft eingebracht. Magdeburger sind den mehr als 40 Vereinsmitgliedern immer gern willkommen – und umgekehrt. Mit Bernhard Schneyer, Leiter des Jugendsinfonieorchesters Magdeburg, ist Poret befreundet, kennt Straßen und Stadtteile in der Elbestadt mittlerweile fast so gut wie die in Le Havre.

Poret vertritt im bunten Fächer der Komponenten der fruchtbaren Partnerschaft die Musikkultur, Elisabeth Weber-Dovry kam über die deutsche Sprache, oder besser deren Niedergang im französischen Schulsystem zum Verein. Die Partnerschaftsgesellschaft bietet Deutschkurse an, wo sich die frühere Lehrerin gern einbringt.

Magdeburg und Le Havre pflegen seit 2009 offizielle Kontakte und freundschaftliche Beziehungen

Wichtig sei es für die Mitglieder, deutsche Kultur in verschiedenen Facetten zu entdecken, betonen Poret und Weber-Dovry. Also gehören zum Programm des Vereins auch deutsche Kochkurse. Außerdem wird einmal im Jahr in einem Programmkino in Le Havre ein eigens dafür ausgewählter deutscher Film gezeigt. Ein Defizit, so Poret, gibt es noch beim Austausch im sportlichen Bereich.

Für Elisabeth Weber-Dovry bedeutete der Einstieg in den Verein zwei Neuerfahrungen: Erstens die Städtepartnerschaft, zweitens der Osten Deutschlands. Die gebürtige Essenerin, mit einem Franzosen verheiratet, sagt: „Für mich als Westdeutsche war das durchaus schwierig.“ Gegenseitiges Verständnis ließ die Mentalitätsunterschiede jedoch in den Hintergrund treten.

Dafür sorgen die persönlichem Begegnungen, vor allen bei den gegenseitigen Bürger-Besuchen. Die Richtung wechselt jährlich. Eingeschlossen sind immer auch Tage bei Gastfamilien, so dass Deutsche und Franzosen auch den Alltag teilen können.

Vereinschef Poret hebt die hervorragenden Verbindungen zur Deutsch-Französischen Gesellschaft Magdeburg mit ihrer Vorsitzenden Iris Hildebrandt sowie die Unterstützung durch beide Stadtverwaltungen hervor. Und nennt mit und dem Deutsch-Französischen Jugendwerk einen weiteren wichtigen Partner.

Eine „Frau der ersten Stunde“ der Städtefreundschaft ist die in Le Havre lebende deutsche Künstlerin Lana Loeber. Sie lernte schon vor Beginn der offiziellen Partnerschaft Beigeordnete aus Magdeburg 2011 bei einer Führung durch Le Havre kennen. Als Vorsitzende eines Kunstvereins machte sie sich mit einer Freundin auf, um in Magdeburg am Austausch interessierte Künstler zu finden.

„So hat dann auch die HO–Galerie (Volker Kiehn, Dorothea Hertel u. a.) gleich mitgespielt, uns sogar überholt, denn letztlich haben sie uns, die Künstler aus Le Havre zum ersten Künstlersymposium zwischen den beiden Städten zu sich nach Magdeburg eingeladen“, erinnert sich Bildhauerin Lana Loeber gern zurück. „Ich liebe diese Stadt, sie hat eine Aufbruchsstimmung, sie möchte Veränderungen im positiven Sinn. Es gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen Magdeburg und Le Havre. Beide Städte haben ein wunderbares Licht; ich fand in Magdeburg Kunst an jeder Ecke.“

Die Magdeburger „Lange Luise“  hat in Le Havre ein Pendant, den Tour Alta.
Die Magdeburger „Lange Luise“ hat in Le Havre ein Pendant, den Tour Alta.
Foto: Steffen Honig

Erlebte Unterschiede, bedingt durch verschiedene Strukturen im Kulturbereich, schildert Lana Loeber plastisch: „Wir waren sehr erstaunt, als wir bei unserem ersten künstlerischen Austausch im Dezember 2012 die wunderbare Anlage des Salbker Wasserturms benutzen konnten. Auch im Winter gut beheizt, davon träumt der Franzose (oder die in Frankreich Lebende). Auch hatten wir Fahrbeteiligung bekommen und waren gut untergebracht. Wir versuchen natürlich, auch in Le Havre unsere deutschen Freunde so gut es geht auszurüsten, aber manchmal musste einer trotzdem im kleinen Kinderbett schlafen.“

Ob Flötenkonzert oder Jubiläumsbier – Vizebürgermeisterin in Le Harve will Kontakte vervielfachen

In Le Havre ist Vizebürgermeisterin Caroline Leclercq für die internationalen Beziehungen der Stadt zuständig. Generell sieht sie die deutsch-französische Zusammenarbeit als eine der treibenden Kräfte der EU. Gegenüber der Volksstimme sagt Leclercq: „In Le Havre tragen wir durch unsere Städtepartnerschaft mit der Stadt Magdeburg, der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts, mit unseren Möglichkeiten zu dieser Dynamik bei.“

In Le Havre ist Vizebürgermeisterin Caroline Leclercq für die internationalen Beziehungen der Stadt zuständig.
In Le Havre ist Vizebürgermeisterin Caroline Leclercq für die internationalen Beziehungen der Stadt zuständig.
Foto: Philippe Breard

Diese Zusammenarbeit habe Synergien in verschiedenen Bereichen geschaffen, darunter bei Kultur, Kunst und Sport. „Im Laufe der Jahre haben sich die Bewohner unserer beiden Städte besser kennengelernt, die jeweilige Kultur des jeweils anderen entdeckt und dauerhafte soziale Bindungen geknüpft.“

Bürgerfahrten und Schüleraustausche hätten in diesem Jahr wieder aufgenommen werden können. Erst kürzlich besuchten die Flötenklassen des Artur-Honegger-Konservatoriums in Le Havre die Musiker des Telemann-Konservatoriums in Magdeburg für ein gemeinsames Konzert.

„Ich möchte die Arbeit unseres Vereins Le Havre-Magdeburg und seines Präsidenten, Fabrice Poret, für die Ausgestaltung dieser Partnerschaft loben“, sagt Leclercq.

Ziel sei es, die Zusammenarbeit auf die gesamte Zivilgesellschaft auszuweiten und die germanophile Gemeinschaft in Le Havre zu stärken. Caroline Leclercq erklärt: „Wir müssen die gesamte Bevölkerung, unsere Vereine, Sportvereine, Schulen und öffentlichen Dienste mobilisieren, um Projekte zu vervielfachen. Genau das ist eine der Aufgaben des Deutsch-Französischen Bürgerfonds, der 2020 mit dem Aachener Vertrag geschaffen wurde: Er unterstützt Projekte mit unterschiedlichen Themen und Formaten. Beispielsweise kreierten und produzierten Brauereien beider Städte zum zehnjährigen Bestehen der Städtepartnerschaft ein deutsch-französisches Bier.“

Eine weitere Herausforderung sieht Leclercq darin, die Ressourcen der lokalen Behörden für Partnerschaften zu stärken. Dies sollte eine bessere Information über vorhandene Mechanismen zur Förderung neu entstehender Projekte beinhalten. Die Vize-Rathauschefin schaut voraus: „Im Oktober empfangen wir eine Delegation aus Magdeburg in Le Havre und freuen uns, die Magdeburger Oberbürgermeisterin begrüßen zu dürfen. Es wird ihr erster Besuch in Le Havre seit ihrer Wahl sein. Und es werden noch viele weitere Projekte kommen, hoffe ich.“