Heimatgeschichte Diese Schätze sammelt das Bürgerarchiv in Magdeburg
Noch sind die Mitstreiter des Bürgerarchivs eine kleine Gruppe von Menschen, die das Leben in Magdeburg für die kommenden Generationen festhalten wollen. Nun möchte das Bürgerarchiv wachsen und lädt zum Treffen ein. Was auf dem Plan steht.
Magdeburg - Wenn Burckhard Dienemann in der Magdeburger Volksstimme eine Todesanzeige ließt, ahnt er mit Bedauern, dass gerade jetzt vielleicht die Nachkommen, Ehegatten, Eltern des Verstorbenen die Wohnung ausmisten und viele hinterlassene Spuren eines Lebens im Müll landen. Doch das ist mehr als schade.
Dass so viele Zeitzeugen, etwa alte Fotos, Zeugnisse oder Urkunden, verschwinden, dem möchte Burckhard Dienemann mit einem Bürgerarchiv entgegenwirken. Ziel ist es, Zeugnisse aus dem Leben von früher, Dokumente von einstigen Unternehmen, Handwerksverbänden oder Vereinen in Magdeburg aufzubewahren.
„Dafür gibt es in den Wohnungen der Menschen oft keinen Platz“, erklärt Burckhard Dienemann. „Deswegen müssen wir einen Ort dafür finden.“ So ein Ort ist zurzeit ein Karton in seinem Zuhause und ein kleiner Raum im Moritzhof.
Fundstücke würdevoll aufbewahren
Die Grundsteine für ein Bürgerarchiv wurden schon gelegt und auch die ersten Mitstreiter gefunden. Eine Gruppe von vier Menschen trifft sich seit einem Jahr jeden dritten Donnerstag im Monat in der Stadtbibliothek.
Zu den Treffen können die Teilnehmer alte Fundobjekte mitbringen, die zu Hause keinen Platz mehr finden. Zusammen überlegen sie, wo die Fotografien, Zeugnisse, Dokumente oder Gebrauchsgegenstände nachhaltig untergebracht werden können.
Es sei ein Glücksfall, dass der Moritzhof dem Bürgerarchiv schon mal einen kleinen Raum zur Verfügung gestellt hat. Als Gegenleistung kümmert sich das Bürgerarchiv um gebrauchte Bücher, die in großen Mengen zu der Telefonzelle des Moritzhofs gebracht werden. „Büchertisch“ nennen sie diesen Ort. Die Bürgerarchiv-AG sammelt die Bücher, sortiert sie und gibt sie weiter, manchmal auch an Gruppen und Vereine. Der Raum für die Archivierung alter Dokumente sei aber noch sehr klein und die Hoffnung auf Wachstum groß.
Tagebuch aus dem Ersten Weltkrieg
Das Interesse für die eigene Familien- und Heimatgeschichte wurde dem 79-Jährigen in die Wiege gelegt. Sein Vater hat bereits ein großes Sammelsurium der bis ins 16. Jahrhundert reichenden Familiengeschichte angelegt.
Eine noble Familiengeschichte. Der Domherr von Magdeburg und Halberstadt Johannes Scheyring, den man auch auf einem 1000-Mark-Schein abbildete, sei ein entfernter Verwandter gewesen.
Das Herzstück des Hausarchivs von Burckhard Dienemann ist aber ein kleines zerfranstes Büchlein – das Tagebuch seines Großvaters, wo er minuziös die Eindrücke des Ersten Weltkriegs schildert. Leider kann der Hobby-Archivar und Hobby-Domführer die Sütterlinschrift, eine alte deutsche Schreibschrift, nicht lesen.
Alte Dokumente entziffern
Oft lassen sich alte Dokumente nicht so einfach entziffern. Da sind Spezialisten gefragt, aber auch finanzielle Unterstützung, da die Restauration von alten Fundstücken teuer ausfällt. Das ist der Plan: das Bürgerarchiv mit Geschichtsexperten, Museen und anderen Archiven auf Stadt- und Landesebene zu vernetzen.
Aus Erfahrung weiß Burckhard Dienemann, dass Museen viele Fundstücke mit Dankbarkeit annehmen und ausstellen. In Magdeburg können seine Leihgaben zum Beispiel im Friseurmuseum angeschaut werden, 15 alte Rasiermesser aus den 1930er Jahren. Im Schulmuseum ist sein Physik-Baukasten ausgestellt.
Um das Bürgerarchiv zu erweitern und als einen Verein einzutragen, sind noch Mitstreiter gefragt. Angesprochen sind sowohl historisch Interessierte als auch technikaffine Menschen. Denn die Vorhaben des Bürgerarchivs sind groß: alte Schriften transkribieren, Dokumente digitalisieren, Fotos restaurieren, das systematische Archivieren erlernen.
Geschichts- und Technikaffine gesucht
Am Donnerstag, 19. Oktober 2023, wird ein Informationstreffen mit Burckhard Dienemann für alle Interessierten stattfinden. Um 16 Uhr beginnt die Veranstaltung im Besprechungsraum in der dritten Etage der Stadtbibliothek Magdeburg im Breiten Weg 109.