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Bewohner einer Demenz-Wohngemeinschaft leiden unter Zwist zwischen Vermieter und Pflegedienst "Ein Streit auf dem Rücken von Demenzkranken"

Von Robert Richter 17.12.2013, 02:06

Hilferuf aus einer Wohngemeinschaft für Demenzkranke in Sudenburg. Angehörige von Bewohnern sprechen von einem "Skandal". Gemeinschaftsräume seien gesperrt worden und die Arbeit des Pflegedienstes werde behindert. Der Vermieter sieht das anders.

Sudenburg l Seit zwei Jahren gibt es die Demenz-WG an der Halberstädter Straße. Hier fand auch die Magdeburgerin Regine Döring für ihren demenzkranken Vater in der Wohngruppe "Remise" neben der Parkvilla ein Zimmer. Er ist - genau wie die anderen derzeit sechs Bewohnerinnen und Bewohner im Alter zwischen 70 und 98 Jahren - rund um die Uhr auf Betreuung angewiesen.

Gezahlt wird für den Wohnraum an den Vermieter, für die Pflege und Betreuung parallel an einen privaten Pflegedienst. Zunächst klappte alles reibungslos.

"Streit auf Rücken der Kranken"

"Doch nun müssen wir bangen, wie es weitergeht", sagt Regine Döring. Und Ingeborg Butz, deren Mutter in der Demenz-WG ebenfalls ein Zimmer gemietet hat, ist empört: "Wir fühlen uns unter Druck gesetzt. Es ist ein Skandal, was hier passiert. Es wurden Tatsachen geschaffen, ohne auf die hilflosen Menschen Rücksicht zu nehmen. Auf dem Rücken der Kranken wird hier ein Streit ausgetragen, und es geht ums Geld", schimpft sie.

Was ist vorgefallen? "Der Vermieter hat das Pflegebad gesperrt. Dieses wurde bisher nicht nur zum Wannenbad, sondern auch für Fußpflege oder Friseurtermine genutzt. Der Waschmaschinenraum ist auch seit Wochen dicht. Im privaten Badezimmer eines Bewohners wurde behelfsmäßig eine Waschmaschine aufgestellt. Dort wird nun die Wäsche der gesamten WG gereinigt", erzählt Regine Döring.

Sie schildert weiter: "Aus der Küche wurde der Kühlschrank für die Lebensmittel entfernt. Ein kleiner Notkühlschrank steht jetzt im Flur. Es wurde zwischenzeitlich bereits die Schließung der ganzen Küche angedroht. Durch verschiedene Maßnahmen wie die Schließung des Büros oder Absperrungen am Parkplatz wird die Arbeit des Pflegedienstes eingeschränkt. Auch darunter leiden letztlich die Bewohner." Das alles sorge für viel Unruhe in der WG. Einmal sei wegen Streitigkeiten schon die Polizei da gewesen. Angehörige Regine Döring: "Für Demenzkranke ist so ein Durcheinander ganz besonders schlimm."

Haus-Miteigentümer Jan Holstein sieht nach eigener Aussage keinen Handlungsbedarf: "Das liegt nicht in unserer Hand", sagte er auf Anfrage der Volksstimme. Die Mieter müssten sich an den Pflegedienst wenden. Holstein: "Wir hatten eine Vereinbarung mit dem Pflegedienst, die aber am 31. Dezember 2012 endete. Eine Verlängerung wurde vom Pflegedienst nicht gewünscht. Es steht ihm aber offen, Räumlichkeiten anzumieten."

Der Inhaber des Pflegedienstes, Dennis Neumann, teilte der Volksstimme schriftlich mit: "Mein ambulanter Pflegedienst arbeitet im Auftrag jeder einzelnen Mietpartei in deren Häuslichkeit. Eine Anmietung jeglicher Art von Flächen in der Wohnanlage ist nicht notwendig und nicht erfolgt."

"Jede Veränderung ein Schlag"

Die Situation scheint verfahren, und wie es weitergeht, wissen die Angehörigen wie Regine Döring derzeit nicht. Dabei ist im Mietvertrag sogar festgeschrieben, dass alle Gemeinschaftsräume für die Mieter offen stehen. "Wir haben uns von einem Anwalt beraten lassen, sind aber aus Kostengründen von rechtlichen Schritten abgerückt", sagt Regine Döring.

Einen Wechsel des Pflegedienstes möchte sie nicht: "Wir sind mit der Arbeit zufrieden. Die Bewohner haben sich an die Pflegekräfte gewöhnt, jeder Wechsel wäre wie ein Schlag für sie."

Pflegedienstchef Neumann erklärte unterdessen, er habe Bewohnern, die eine weitere Zusammenarbeit mit seinem Unternehmen wünschen, "einen neuen geeigneten Wohn-standort im Stadtzentrum angeboten". Dort plane ein anderer Vermieter den Betrieb ab Anfang 2014.

Regine Döring muss nun abwägen, was das Beste ist. "Einen Umzug möchte ich meinem Vater eigentlich auch nicht zumuten." Nur so viel scheint jetzt so kurz vor Weihnachten gewiss: Es stehen weitere unruhige Tage bevor.