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Effekte von Koffein Expertin aus Magdeburg klärt auf: So viele Tassen Kaffee sollten Sie am Tag trinken

Wie viel Kaffee ist eigentlich noch gesund? Was passiert in unserem Körper, wenn wir den Lieblingsdrink zu oft genießen und wie wirkt sich ein Verzicht auf Koffein aus? Die Volksstimme Magdeburg hat bei einer Expertin nachgefragt. Von den besten Tipps zum Entzug bis hin zu den überraschenden Auswirkungen auf Schlaf und Stimmung.

11.01.2025, 07:30
Frisch aufgebrüht: Der Morgenritual-Klassiker im Spiel mit Koffein und Genuss.
Frisch aufgebrüht: Der Morgenritual-Klassiker im Spiel mit Koffein und Genuss. Foto: Christin Klose/dpa-mag

Magdeburg - In den meisten Haushalten ist er nicht wegzudenken: Der tägliche Kaffee, der uns wach und konzentriert durch den Tag bringt. Doch was genau passiert, wenn wir Koffein zu uns nehmen und wie beeinflusst es unseren Körper? Volksstimme-Reporterin Romy Bergmann hat mit Professorin Daniela Dieterich, Expertin für Toxikologie und Pharmakologie an der Universität Magdeburg, gesprochen.

Das Interview ist Teil der Serie „Raus aus der Komfortzone“, in der sich vier Redakteurinnen und Redakteure der Volksstimme verschiedenen Januar-Herausforderungen stellen.

Volksstimme: Frau Professor Dieterich, warum mögen wir Kaffee und Koffein eigentlich so gern?

Daniela Dieterich: Kaffee ist mehr als nur ein Getränk – er ist ein Gesamterlebnis, das viele unserer Sinne anspricht. Neurochemisch blockiert Koffein die Adenosin-Rezeptoren und beeinflusst die Dopamin-Signalwege, was uns wach und zufrieden macht. Aber es geht um weit mehr: Der Duft frisch gebrühten Kaffees, die Wärme der Tasse, der vertraute Geschmack – ein Moment für sich selbst und gleichzeitig eine Gelegenheit, mit anderen zu plaudern. Ein Ritual, das sowohl Selbstfürsorge als auch sozialen Austausch bedeuten kann, die ist wohltuend für Körper und Seele.

Lesen Sie die Kolumne zum Koffein-Verzicht:Reporterin berichtet: Ein Monat ohne Koffein

Wie wirkt Koffein auf meinen Körper?

Koffein wirkt, indem es das Adenosin verdrängt. Adenosin ist ein Botenstoff, der uns müde macht, indem er an spezielle Rezeptoren andockt. Wenn Koffein diese Rezeptoren blockiert, kann das Adenosin seine Wirkung nicht entfalten – wir bleiben wach. Im Laufe des Tages steigt der Adenosin-Spiegel an, was uns normalerweise abends müde macht. Koffein durchbricht diesen natürlichen Wach-Schlaf-Rhythmus.

Was passiert, wenn ich über längere Zeit viel Koffein zu mir nehme?

Ihr Körper reagiert, indem er mehr Adenosin und mehr der dazugehörigen Rezeptoren produziert. Diese Hochregulation ist der Versuch des Körpers, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Wenn Sie dann abrupt aufhören, Koffein zu konsumieren, haben Sie plötzlich sehr viele Rezeptoren, die das Adenosin binden können – das führt zu typischen Entzugserscheinungen wie Kopfschmerzen.

Bereits am zweiten Tag des Verzichts haben mich schwere Kopfschmerzen geplagt. Kann es tatsächlich sein, dass sich die Entzugserscheinungen so schnell bemerkbar machen? Und woher kommen diese Schmerzen eigentlich?

Ja, na klar. Das kann tatsächlich so schnell passieren. Adenosin hat neben seiner schlaffördernden Wirkung auch Einfluss auf die Blutgefäße. Es sorgt dafür, dass sich die Gefäße weiten. Wenn kein Koffein mehr da ist, um diese Wirkung zu blockieren, übt das Adenosin zusätzlichen Druck über die Gefäße aus – daher die Kopfschmerzen.

Prof. Daniela Dieterich  leitet das Institut für Pharmakologie und Toxikologie an der Universität Magdeburg.
Prof. Daniela Dieterich leitet das Institut für Pharmakologie und Toxikologie an der Universität Magdeburg.
Foto: Universität

Wie lange halten die Entzugserscheinungen in der Regel an?

Die schlimmsten Symptome sollten nach zwei bis neun Tagen vorbei sein. Es dauert jedoch etwas länger, bis sich der Körper vollständig an den Entzug angepasst hat – je nachdem, wie viel Sie vorher konsumiert hatten.

Wie viel Kaffee gilt denn allgemein als „gesund“ für den Körper?

Aktuelle wissenschaftliche Studien zeigen, dass moderater Kaffeekonsum von drei bis vier Tassen täglich durchaus positive Effekte haben kann. Allerdings variiert die Wirkung je nach individueller Genetik und Gesundheitszustand. Zudem sollte man darauf achten, wie der Kaffee zubereitet wird – Filterkaffee und Espresso haben weniger Einfluss auf Cholesterin als mit Milch zubereitete Kaffeesorten.

Wie wirkt sich der Verzicht von Koffein auf meinen Schlaf aus?

Ihre Schlafqualität wird sich vermutlich verbessern. Sie haben bestimmt schon einmal davon gehört, dass Sie leichte, tiefe und sogenannte Rem-Schlafphasen (von englisch rapid eye movement „rasche Augenbewegung“) haben. Wenn Sie Ihre Phasen nachts messen würden, würde Ihnen auffallen, dass in den kommenden Tagen Ihre tiefen und Rem-Schlafphasen hochgehen werden. Das sind die Phasen, in denen wir wirklich Kraft schöpfen. Allerdings ist diese Annahme wahrscheinlich zu vereinfacht: Tatsächlich reagiert jeder Mensch individuell unterschiedlich, und die Veränderungen der Schlafphasen können subtil und sehr persönlich sein.

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Wann sollte ich meinen letzten Kaffee trinken, um abends gut schlafen zu können?

Koffein braucht etwa sechs Stunden, um im Körper so weit abgebaut zu sein, dass ein entspanntes Einschlafen möglich ist. Wenn Sie also zwischen 22 und 23 Uhr ins Bett gehen und sich eine Stunde für ein beruhigendes Abendritual gönnen, sollten Sie spätestens um 15 oder 16 Uhr Ihre letzte Tasse Kaffee trinken.

Wie viel Koffein steckt in welchem Getränk? Eine Übersicht.
Wie viel Koffein steckt in welchem Getränk? Eine Übersicht.
Grafik: MRM/Büttner

Was halten Sie von entkoffeiniertem Kaffee oder Alternativen?

Entkoffeiniert bedeutet nicht koffeinfrei. Entkoffeinierter Kaffee enthält oft noch Restmengen an Koffein. Eine Alternative wäre Getreidekaffee, der kaum Koffein, aber ähnliche Röstaromen enthält.

Was würden Sie anderen empfehlen, die auf Koffein verzichten wollen?

Ich persönlich würde so einen Verzicht eher während einer helleren und wärmeren Jahreszeit machen. Im Sommer beispielsweise, wenn ich wirklich Lust habe, rauszugehen und Leute zu treffen oder mich draußen zu bewegen. Wenn es Ihnen schwerfällt, ganz auf Koffein zu verzichten, könnten Sie langsam reduzieren – etwa den Nachmittagskaffee weglassen oder ihn in der ersten Zeit mit Wasser verdünnen. Und dann Tasse für Tasse weniger werden. Vielleicht dann auch erst einmal auf Grünen Tee umgewöhnen und dann irgendwann auf Wasser umsteigen.

Haben Sie Empfehlungen für einen sanften Wiedereinstieg nach einem Koffeinverzicht?

Beginnen Sie mit einer kleinen Tasse Kaffee pro Tag und achten Sie auf Rituale. Vielleicht wechseln Sie ab und zu mit entkoffeiniertem Kaffee oder Tee, um den Konsum moderat zu halten.