Gartenstreit Kleinod soll Grundschule weichen
Die Stadt Magdeburg plant, mit einem Neubau das Platzproblem der Grundschule Ottersleben zu beheben. Es gibt Widerstand gegen die Pläne.
Magdeburg l Das Problem ist einfach umschrieben: Die Kapazität der Grundschule an der Richard-Dembny-Straße reicht nicht aus, um die Schüler aufzunehmen. Seit fast zehn Jahren fungiert die Ernst-Wille-Schule an der Straße Frankefelde als Außenstelle, wo Viertklässler unterrichtet werden. Das Platzproblem mit einem Anbau zu beheben, erweist sich als schwierig. Der Ankauf eines benachbarten Areals zur Vergrößerung des historisch gewachsenen Schulstandorts war bislang wegen Uneinigkeiten des Eigentümers, einer Erbengemeinschaft, nicht möglich. Im Vorjahr erhielt die Stadt vom Land die Absage zum Bau einer neuen Schule, weil Prognosen zwar bis zum Jahr 2020/21 steigende Schülerzahlen (464), dann aber bis 2027/28 sinkende Zahlen (285) ausweisen. Nun soll der Schulneubau doch realisiert werden. Und zwar auf einem 6100 Quadratmeter fassenden Gelände, das vom Kleingartenverein „Am Amtsgarten“ genutzt wird.
Dessen Vorsitzender Reinhard Behrens zeigt sich von den Plänen überrascht. Weder mit ihm noch dem Gartenverband sei gesprochen worden. Dass der Bebauungsplan in Auftrag gegeben wird, ohne vorab mit den Beteiligten zu sprechen, sei „mehr als enttäuschend. Gerade nachdem die Kleingartenkonzeption vor zwei Jahren für große Verunsicherung sorgte.“ Die zwölf Kleingärten seien sehr gefragt, es gebe eine Warteliste. „Warum geraten denn die Kleingartenanlagen nicht ins Visier, in denen es einen hohen Leerstand gibt?“, merkt Behrens an.
In der Stadtpolitik haben Stadträte Gegenposition zum Vorstoß der Stadtverwaltung bezogen. Zum einen ist der Vorschlag, das Kleingartengelände am Amtsgarten zu nutzen, Ende September im Bauausschuss durchgefallen. Zum anderen haben auch die Mitglieder des Umweltausschusses am Dienstag dieser Woche den Vorschlag der Stadtplaner mehrheitlich abgelehnt. So wollte SPD-Stadtrat Marko Ehlebe wissen, welche Alternativen zum jetzt diskutierten Standort geprüft worden seien. Die Antwort: Mit Bereichen am Knochenpark und an der Niendorfer Straße kämen zwei weitere Kleingartenanlagen in Frage. Nicht wirklich begeistert war SPD-Stadträtin Birgit Steinmetz, dass bislang mit den betroffenen Kleingärtnern kein Gespräch gesucht worden sei. Sie hält es für sinnvoll, eher eine Fläche zwischen Ottersleben und Lemsdorf anzukaufen, da mit in diesem Bereich geplanten neuen Eigenheimsiedlungen gerade dort in Zukunft Grundschüler wohnen würden.
Nicht in Frage kommt der von Linke-Stadträtin Andrea Nowotny angesprochene DDR-Schulbau an der Bodestraße im benachbarten Stadtteil in Lemsdorf: Hier soll die Außenstelle der Berufsbildenden Schule „Hermann Beims“ einen Platz finden. Frank Schuster (CDU), der als stellvertretender Vorsitzender des Bauausschusses in beiden Gremien mit ablehnendem Votum vertreten ist, weist auf die räumlichen Probleme auf dem Gelände am Amtsgarten hin: Es handele sich um ein kleines Gelände, dessen Bebauung gerade mit Blick auf die benachbarte Wohnbebauung Konflikte mit sich bringen könnte.
Dieser Meinung sind auch Bewohner aus dem Umfeld des anvisierten Grundschulstandorts. Sie haben sich mit ihren Bedenken an die Stadt und die Fraktionen des Stadtrates gewandt. Zu den Knackpunkten zählt u. a. die Verkehrssituation im dicht bewohnten Eigenheimgebiet. Die Passage der Hängelsbreite sei bereits jetzt aufgrund von parkenden Autos schwierig zu passieren, mit dem zusätzlichen Schulverkehr seien chaotische Zustände zu erwarten, so die Einschätzung. Zudem seien angrenzende Straßen wie Am Hügel, Lentke- und Nomi-Rubel-Straße zu eng und teilweise auch mit schmalem oder gänzlich ohne Fußweg ausgestattet, „um die fußläufigen Kinder und Autos aufzunehmen“. Kinder im Grundschulalter seien in direkter Nähe kaum zu finden. Der Leitspruch „Kurze Beine – kurze Wege“ wäre hier also nicht zutreffend.
Die Anwohner verweisen zudem auf den angrenzenden unter Denkmalschutz stehenden Amtsgarten, in dem ein Waldkauz-Brutpaar lebt und der als Kleinod von Otterslebern geschätzt und aufgesucht wird. Der Erholungseffekt würde durch einen möglichen Schul- und Hortbetrieb „voraussichtlich erheblich gestört“. Der geplante neue Schulstandort stellt einen Bruch im soziokulturellen Gesamtkonzept des Stadtteils dar, der Ottersleben eher schadet als nützt, heißt es weiter. Dem geplanten Standort für einen Neubau am Amtsgartenpark fehle es an Entwicklungspotential für die Zukunft. Das Gleiche gelte für die notwendige Infrastruktur wie eine Turnhalle, einen Pausenhof in entsprechender Größe sowie Spielflächen und Bewegungsflächen für Feuerwehrfahrzeuge.