Worte aus der Kirche Gedanken zum Sonntag: Dank und Zorn
Mit ihren persönlichen Gedanken melden sich Christen in Magdeburg am Sonntag zu Wort. Diesmal Pfarrerin Renate Höppner von der Evangelischen Kirche Magdeburg.
Die Einladung kam von den Landfrauen. Sie wollten der Frau des damaligen Ministerpräsidenten zeigen, wie sie die Erntekrone flechten für das Landeserntedankfest.
Neugierig fuhr ich in das Dorf. Ich schaute ihnen zu, wie sie Bündel um Bündel ganz akkurat zusammenbanden mit viel Liebe und Geduld. Dabei lag schon viel Arbeit hinter ihnen, das Sammeln der Ähren, das Trocknen und Binden der kleinen Sträußchen.
Im nächsten Jahr habe ich mit Menschen in unserer Stadtrandgemeinde gesprochen. Wir waren uns einig, das können wir auch. Über den Sommer haben wir das Getreide von Bauern besorgt, getrocknet, Sträuße gebunden und im September die Erntekrone gebunden, nicht so ebenmäßig wie die Landfrauen, aber für uns richtig schön. Dann hing sie in unserer Kirche bis zum Advent. Viele Jahre haben wir das gemacht.
Dank für alles, was uns am Leben erhält
Immer wurden wir den Herbst über an das Danken erinnert. Erntedankfest – der Dank für alles, was uns am Leben erhält. Wie selbstverständlich nehmen wir das meiste hin, was wir zum Leben brauchen: das reine Wasser aus der Leitung, die vielen verschiedenen Brote, das reiche Obst- und Gemüseregal, die vielen Wurstsorten, die Liste lässt sich lange fortsetzen.
Wir haben es gut in Deutschland und viel Grund zur Dankbarkeit. Und viel Grund zum Zorn. Es geht nicht gerecht zu. Viele Landwirte bekommen nicht genug für ihre Arbeit, und trotzdem ist für viele vieles zu teuer, die Milch, das Gemüse und Obst …
Die Tafeln werden immer mehr besucht. Die Lebensmittel, die dort verteilt werden, reichen oft nicht. Die Gerechtigkeitslücke im Land ist zu groß. Wenn wir an die Welt denken, wird es noch deutlicher: Lebensmittel gibt es für alle Erdbewohner, aber Millionen Menschen sind dem Hungertod preisgegeben.
Von Menschen gemachtes Unrecht
Das macht mich gerade am Erntedankfest traurig und ungeduldig: Es ist von uns Menschen gemachtes Unrecht. Die Sonnenblumen- und Weizenernte in der Ukraine kann nicht exportiert werden wegen des Krieges und die Menschen in Afrika haben deshalb kein Öl und Brot und verhungern.
So eng sind die Zusammenhänge in unserer Welt und das ist nicht höhere Gewalt, sondern unsere Ungerechtigkeit. Die Uno hat als Ziel ausgegeben, den Hunger in der Welt bis 2030 zu beseitigen, davon sind wir sehr weit entfernt.
Unsere Aufgabe: Für Frieden und Gerechtigkeit sorgen
In unserer Bibel steht: „Die Erde ist des Herrn.“ Gott hat unsere Erde und alles, was sie uns schenkt, für alle Menschen gemacht. Erntedankfest erinnert uns deshalb nicht nur an den Dank, der ist wichtig, sondern auch an unsere Aufgabe, für Gerechtigkeit und Frieden zu sorgen im Kleinen wie im Großen.
Gott will, dass wir den Reichtum seiner Erde miteinander teilen. Und das ist oft leichter, als wir denken. Wir können es mit den Erntedankgaben am Sonntag in den Kirchen tun, mit unseren Spenden für Brot für die Welt.
Wir können unseren Dank für die Gaben leben, wir müssen es einfach tun.