Worte aus der Kirche Gedanken zum Sonntag: Zweifel gehören zum Glauben
Mit ihren persönlichen Gedanken melden sich Christen in Magdeburg am Sonntag zu Wort. Diesmal: Daniel Rudloff, Kath. Pfarrer in der Kathedralpfarrei St. Sebastian in Magdeburg.
In den Kirchen wird an diesem zweiten Sonntag (7.4.2024) der Osterzeit der biblische Bericht vom sogenannten ungläubigen Thomas gelesen.
Thomas, einer der Jünger Jesu, war nicht dabei, als dieser nach seiner Auferstehung den übrigen Jüngern erschien. Offensichtlich war es Thomas nur möglich, das zu glauben, was er mit eigenen Augen gesehen hat, ja mehr noch, was er mit eigenen Händen berührt hat. Denn auf die Aussage der anderen Jünger, sie hätten den Auferstandenen gesehen, antwortet Thomas: „Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.“
Von den Toten auferstanden - so unglaublich
Wegen dieser Aussage gilt er heute vielen als ein Zweifler. Aber wer wollte es ihm verübeln. War doch die Tatsache, dass einer von den Toten aufersteht, so unfassbar und unglaublich, dass ein Zweifel daran durchaus nicht völlig abwegig war.
Ich deute die Zweifel, die Thomas hegte, nicht als eine Ablehnung des Glaubens, sondern als eine ernsthafte Auseinandersetzung damit, was sich mit ihm verbindet. Zweifel gehören zum Glauben dazu, wie sie auch zu anderen Lebensvollzügen gehören.
Woraus sich der Glaube speist
Ist die Entscheidung, die ich treffe, die Richtige? Ist der Mensch, dem ich mich anvertraue, tatsächlich vertrauenswürdig? Kann ich einem Versprechen, das mir gegeben wird, wirklich glauben?
Zweifel gibt es in vielen Situationen, und sie sind auch angebracht, weil sie mir helfen abzuwägen und zu unterscheiden. Und dies gilt auch für den Glauben. Wenn er nicht hinterfragt und ernsthaft angefragt wird, kann er nicht wachsen und reifen, ja, er kann sogar verloren gehen. In der Auseinandersetzung mit ihm aber gewinnt er an Bedeutung und kann mir Halt geben.
Auch wenn Jesus diejenigen seligpreist, die nicht sehen und doch glauben, ist mir dieser Thomas nicht unsympathisch. Es braucht auch die Erfahrung und das Erleben, aus denen sich der Glaube speist.
Zweifeln ist ganz normal und menschlich. Jedoch sollte der Zweifel den Glauben nicht ersticken, denn dann geht dem Menschen eine wichtige Dimension des Lebens verloren.