Krieg in der Ukraine Geflüchtete finden Neustart beim Töpfern in Magdeburger Verein
Im Magdeburger Verein Blickwechsel werden Kreativkurse angeboten: Gartenarbeit, Töpfern oder Malen. Eine Ukrainerin erzählt, wie ihr das Töpfern nach der Flucht aus dem Krieg geholfen hat.
Magdeburg - Ob Spardosen, Blumentöpfe oder kleine Schafe – sie alle wurden im gemeinsamen Töpferkurs erschaffen. Oft von Anfänger-Händen geformt, aber auch erfahrene Kreativköpfe haben ihren Weg in den Verein Blickwechsel gefunden: Arbeiten mit Holz, Malen, Zeichnen oder gemeinsame Gartenarbeit konnten Teilnehmer seit März in Neu-Olvenstedt wahrnehmen.
Die Ergebnisse der rund 50 Mitwirkenden präsentierte der Verein in einer Vernissage. „Die Werke in einer kleinen Ausstellung zu präsentieren, war von Anfang an Teil des Konzepts. Dass es so groß werden würde, dachten wir da noch nicht“, erklärt Marlen Söder. Sie hat zusammen mit ihrem Mann den Verein gegründet. Neben den Kreativkursen finden regelmäßig Sprachcafés statt.
14 Nationen im Magdeburger Verein
Nicht umsonst liefen die Kreativkurse unter dem Titel „Handwerk verbindet“ – im Verein seien mittlerweile bis zu 14 verschiedene Nationen unter einem Dach und Blickwechsel wurde zu einem Anlaufpunkt für viele Geflüchtete. „Wir haben Frauen im Kurs, die gar keine gemeinsame Sprache sprechen. Trotzdem verständigen sie sich, während sie malen oder töpfern“, erzählt die Gründerin.
Eine Gruppe an Menschen, die oft im Verein zu Besuch sind, haben für die Vernissage auch gemeinsam das deutsche Lied „Über sieben Brücken musst Du geh’n“ eingeübt und vor dem Publikum gesungen. „Beim Aufhängen hat es uns bewegt, wie viel Kreativität hier bei uns im Haus ist“, sagt Kirsten Sieber, die die Kreativprojekte unter anderem ins Leben gerufen hat. In kleinen Portraits, die bunt gestaltet sind, erzählen zahlreiche Menschen ihre Geschichte, wie sie zum Verein gekommen sind. Viele sind geflohen vor dem Krieg in ihrer Heimat, haben viel zurückgelassen und mussten in Deutschland ganz neu anfangen.
Töpfern gegen Stress
Eine der zahlreichen Geschichten, die dort an den Wänden hängen, hat Inna Drobot erzählt. Die 38-Jährige ist im Februar vergangenen Jahres mit ihrer Tochter aus der Ukraine geflohen: „Ich musste in einer halben Stunde entscheiden, ob ich mit einer Bekannten nach Deutschland komme oder nicht.“ Ihr Leben in Magdeburg neu anzufangen und die Sprache zu lernen habe für sie ständigen Stress bedeutet. „Ich bin durch das Sprachcafé zum Blickwechsel gekommen und darüber zum Töpfern“, sagt sie. „Das hat mich zum ersten Mal richtig entspannt und den ganzen Stress vergessen lassen.“
Stolz zeigt sie einen Blumentopf, den sie getöpfert hat, auch eine Süßigkeitenschale und eine Spardose hat sie bereits fertig. Ein Ende der Kurse bedeutet die Vernissage jedoch nicht. Sie laufen wie gewohnt weiter. Einige Werke sind auch nach der Vernissage noch in den Vereinsräumen an der St.-Josef-Straße 13 zu betrachten.