Kinderbetreuung und Hilfe im Haushalt Geld von Stadt gestrichen: Magdeburger Familienhilfe vor dem Aus
Das Angebot Wellcome bietet Familien niedrigschwellig Unterstützung nach der Geburt an. Magdeburg ist aktuell der einzige Standort des Projekts in Sachsen-Anhalt. Seit Anfang des Jahres wird es nicht mehr von der Stadt gefördert und Spenden werden knapp. Nun droht das Aus.
Magdeburg - Wer nach der Geburt des Kindes Hilfe braucht, kann in Magdeburg mit etwas Glück einen Engel bekommen. So werden die Ehrenamtlichen von Wellcome, einem Hilfeangebot für frischgebackene Eltern, genannt. Dieses Angebot gibt es zwar in Deutschland, Österreich und der Schweiz in insgesamt 220 Städten, in Sachsen-Anhalt gibt es jedoch nur in Magdeburg einen Standort. Diesem droht nun aber das Aus.
Die Abteilung „Frühe Hilfen“ der Landeshauptstadt Magdeburg habe zum 31. Dezember 2023 aus finanziellen Nöten heraus die Förderung eingestellt, erklärt der Verein Spielwagen, der seit fünf Jahren Träger von Wellcome ist. Dass Wellcome nicht weiter gefördert wird, bestätigt die Stadt auf Nachfrage. Der Grund: Die Mittel würden einwohnerbezogen vergeben werden und Sachsen-Anhalt weise im Vergleich zu anderen Bundesländern weniger Einwohner unter drei Jahren auf.
100 Beratungen jedes Jahr in Magdeburg
Daher gehen langsam die Spenden in Magdeburg aus, um die Hilfe für Familien weiter anbieten zu können. Dabei wird diese unbedingt benötigt, wie die Magdeburger Wellcome-Koordinatorin Carolin Kreutzer verrät: „Im Jahr vermittle ich ehrenamtliche Engel an rund 25 Familien. Anfragen und Beratungen gibt es viele mehr. Rund 100 Anfragen pro Jahr.“ Hilfe bekommt dort, wer sie benötigt – unabhängig von sozialen Aspekten oder Einkommen. „Unsere Hilfe funktioniert niedrigschwellig und ohne Anträge. Wer bei uns nach Hilfe fragt, kann sie bereits wenige Tage später bekommen“, sagt sie. Ziel von Wellcome ist es, Familien im ersten Jahr nach der Geburt zu unterstützen und zu entlasten.
Ganz kostenfrei ist das Angebot nicht. Für die Vermittlung wird eine einmalige Pauschale von 10 Euro berechnet, für die Hilfe bis zu 5 Euro pro Stunde. Am Geld soll die Hilfe jedoch nicht scheitern – die Summen seien laut eigener Aussage je nach Einkommen verhandelbar. Aufgaben, die von den aktuell rund 15 Ehrenamtlichen in Magdeburg übernommen werden, sind Hilfe im Haushalt, Betreuung des Babys und von Geschwisterkindern oder ein offenes Ohr für Sorgen und Probleme haben. Die Ehrenamtlichen kommen an ein bis zwei Tagen in der Woche für einige Stunden nach Hause. Aufgaben, die in einer chaotischen Zeit ansonsten von Freunden oder den Großeltern übernommen werden.
Rentner ehrenamtlich im Einsatz
„Die Anfragen kommen von vielen verschiedenen Familien. Oft Menschen, die keine Familie in der Nähe haben, alleinerziehenden Elternteilen, Eltern mit Mehrlingsgeburten oder auch mit schweren Schicksalen“, sagt Carolin Kreutzer. Sie ist hauptberuflich Förderschullehrerin und nimmt sich ihrem „Herzensprojekt“ seit drei Jahren an. Die Ehrenamtlichen, die in die Familien gehen, würden verschiedene Kompetenzen mitbringen: „Oft sind sie selbst Eltern, teilweise sind sie schon Rentnerinnen und wollen ihre Zeit sinnvoll nutzen.“ Bis zu einem Jahr begleiten sie die Familien – danach endet das Hilfsangebot. Das sei nur für die Hilfe von der Geburt bis zur Krippe gedacht. Wer danach noch Unterstützung braucht, bekommt von Wellcome andere Projekte und Anlaufstellen empfohlen. Um diese Unterstützung in Magdeburg anzubieten, wären laut der Koordinatorin jedes Jahr 10.000 Euro fällig.
Das Geld würde für Materialkosten, Fahrtkosten der „Engel“ und Büromaterial beispielsweise benötigt werden. Auch Weiterbildungen und kleine Aufwandsentschädigungen würden davon bezahlt werden. „Mittlerweile leben wir hauptsächlich von Spenden. Es gab glücklicherweise eine Großspende von einem Unternehmen, die wir gerade aufbrauchen. Aber langsam wird es knapp“, sagt die Förderschullehrerin. Nun hoffen sie auf weitere Spenden, um das Projekt weiterzuführen.