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Das Erbe des Schiffsmuseum "Württemberg" existiert noch / Wird es wieder auferstehen? Gestrandet mit Kette und Schiffsanker: 30 Fahrensleute suchen neuen "Dampfer"

Von Karl-Heinz Kaiser 11.11.2011, 04:22

Vorgestern feierte der Elbe-Schiffer-Verein 20-jähriges Bestehen. Das geschah zunftgemäß auf der "Sachsen-Anhalt" - mangels eines eigenen Schiffs. Die "Württemberg" wurde 2003 als Schiffsmuseum aufgegeben. Seitdem ist der Verein auf der Suche.

Magdeburg. l Wenn Dieter Gartmann (78) erzählt, hört es sich manchmal an wie Seemannsgarn. Ist es (meistens) nicht: Wenn die Kettendampfer der ersten Generation auf der Elbe sich begegneten, dann musste auf dem stromab fahrenden Dampfer die übers Schiff laufende Kette zerhackt werden. Sie fiel auf den Elbgrund, der wartende Bergfahrer fischte mit einem Suchanker das obere Teil auf, flickte die Kette zusammen. Mit einem speziellen Schloss. Der Talfahrer tat selbiges.

"Und das ist tatsächlich wahr", sagt Gartmann, Mitglied des Elbe-Schiffer-Vereins e. V.. Den handfesten Beweis für seine Anmerkungen zur Kettenschifffahrt kann er jedoch zurzeit nicht vorlegen: Genau dieser guterhaltene Suchanker aus dem vorigen Jahrhundert und selbst ein Kettenschloss liegen derzeit in einem Raum in Niegripp - ausgelagert aus dem einstigen Schiffsmuseum "Württemberg".

Vor Jahren ausgelagert und eingemottet

Bis 2003 gehörten auch diese Utensilien zu den Prunkstücken des vom Verein betriebenen kleinen Museums. Das kam so: Nach der Wende 1991 gegründet, bekam der Elbe-Schiffer-Verein 1993 einen Pachtvertrag über 10 Jahre für das dahindümpelnde Museumsschiff aus DDR-Zeiten, erzählt Gartmann. In unzähligen Stunden wurde der im Stadtpark aufs Trockne gelegte Dampfer wieder auf Vordermann gebracht. Der Verein übernahm auch den Museumsbetrieb. Eingeschränkt gab es Gastronomie.

Nach Ablauf der Pachtzeit vergab die Stadt das Schiff an einen Gastronomen. Die "Württemberg" wurde Gaststättendampfer - um den Rotehornpark zu beleben. Das Museum wurde ausgelagert, Exponate nach Niegripp verbracht. Dem Verein, der nunmehr eine Gastrolle auf dem Schiff spielte, fehlt seitdem ein eigenes Domizil.

Bewahrer von Erfahrungen und Techniken

Noch immer ist der Verein auf der Suche nach einem Domizil, möglichst auf einem Dampfer. Es sei jammerschade um die eingemotteten Dokumente, Kettenteile und Werkzeuge der Binnenschiffer von Elbe und Saale, bedauert Dieter Gartmann. Selbst 40 Jahre lang Binnenschiffer, zuletzt steuerte er einen Schubverband zwischen Magdeburg und Hamburg. Er ist, wie die 30 Mitglieder des Vereins, leidenschaftlicher Freund der Flussschifffahrt und Bewahrer historischer Erfahrungen und Techniken. Jetzt hat der Verein einen wichtigen Verbündeten gewonnen.

Bürgermeister Rüdiger Koch hat nun als Alternative das ehemalige Buga-Büro angeboten - mietfrei. Es ist eine Perle am Rande des Wissenschaftshafens. Aber der kleine Verein kann die Betriebskosten nicht bezahlen. "Wir versuchen zu helfen, sind interessiert", kündigte Koch an.

Im IBA-Shop in der Regierungsstraße?

Insider hielten einen Einstieg bei der "Gustav Zeuner" für ideal, dem Kettendampfer, der von der Gise restauriert wurde. Tausende interessierten sich für das Museum. Andererseits fehlen hier Heizung und vielleicht auch Räumlichkeit für Museum und Vereinsleben. Jetzt wird ein weiterer Vorschlag diskutiert - der IBA-Shop in der Regierungsstraße. Museales Anliegen, Ausstellungsstücke und Vereinsarbeit könnten dort unter einen Hut gebracht werden. Freunde der "Württemberg" und der Elbschifffahrt allgemein sind gespannt.