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Grabpflege: Umbettung nur als Ausnahme

23.01.2013, 08:40

Nachdem ihr Mann verstarb und auf der "grünen Wiese" beigesetzt wurde, wollte die Witwe auch die Urnen ihrer Eltern und ihres Sohnes auf das anonyme Grabfeld des kommunalen Friedhofs unweit des kirchlichen Friedhofs umbetten lassen. Das wurde ihr jedoch von der Kirchengemeinde verwehrt.

Kirchenrat Michael Janus vom Sachgebiet Friedhofs- und Bestattungswesen beim Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland überprüfte auf Anfrage der Volksstimme den Vorgang und kam zu dem Ergebnis, dass dem Wunsch der gesundheitlich sehr beeinträchtigten Frau aus der Altmark wirklich nicht entsprochen werden kann. Die Umbettung von Urnen oder Leichen stelle immer eine sehr sensible und personenbezogene Problematik dar, heißt es in seiner Stellungnahme. Die Friedhofsträger und damit auch die Kirchengemeinde im altmärkischen Heimatort unserer Leserin regeln in ihren jeweiligen Friedhofssatzungen, unter welchen Bedingungen eine Umbettung erfolgen kann. Oberste Priorität habe, dass "das hohe verfassungsgeschützte Recht der Totenruhe zu beachten und zu gewährleisten ist". Das habe mittlerweile auch die Rechtsprechung eindeutig geregelt.

Demnach dürfe nur in Ausnahmefällen eine Umbettung stattfinden - wenn nach gründlicher Prüfung die Interessen des Antragsstellers höherrangig zu bewerten sind als die Gewährleistung der Totenruhe. Für eine mögliche Umbettung könnte zum Beispiel sprechen, dass aufgrund einer sehr großen Entfernung die Totenfürsorge nicht gewährleistet wäre oder dass mehrere Wahlgrabstätten auf einem Friedhof auch im Sinne aller Verstorbenen zu einer gemeinsamen Familiengrabstätte zusammengeführt werden sollen. "Eine solche Zusammenführung ist aber nicht in Gemeinschaftsgrabanlagen möglich", da dort kein Nutzungsrecht für einen Einzelnen vorhanden sei. Für einen kirchlichen Friedhof sei es zudem von großer Bedeutung, dass keine anonymen Bestattungen erfolgen. "Die namentliche Kennzeichnung der Verstorbenen in einer Grabstätte wurde allen kirchlichen Friedhofsträgern zur Bedingung gemacht", betont Kirchenrat Janus. Er verweist sowohl auf psychologische als auch theologische Gründe. So habe sich gezeigt, dass zur Trauerbewältigung ein konkret vorhandener Ort für die Abschiednahme sehr wichtig sei. "Dieser konkrete Ort kann nur in einer konkreten Grabstelle mit namentlicher Kennzeichnung gegeben sein", heißt es in der Stellungnahme des Landeskirchenamtes.

Von den vor Jahren verstorbenen Angehörigen der Frau, die die Urnen jetzt vom kirchlichen Friedhof umbetten lassen möchte, lägen auch keine früheren Äußerungen zu einer anonymen Beisetzung vor. Daher sei es für einen kirchlichen Friedhofsträger auch nicht vertretbar, "Beigesetzte aus einer konkreten Grabstelle in ein anonymes Grabfeld umbetten zu lassen".

Im konkreten Fall sei die Schwerbehinderung der Antragstellerin zwar schwerwiegend, aber nicht bedeutsamer als die Gewährleistung der Totenruhe. Im Übrigen unterscheide sich für sie die Erreichbarkeit von kirchlichem und kommunalem Friedhof nicht groß. Wenn sie selbst nicht mehr in der Lage sei, ein Grab zu pflegen, "so steht sie in der Reihe vieler älterer Menschen, die dies auch nicht können". Dafür bieten fast alle Gärtnereien Grabpflegeverträge an. Selbst eine pflegeleichte und kostenminimierende Pflege ließe sich auf diesem Wege regeln. Auch bestehe keine Verpflichtung für eine jährliche Mehrfachbepflanzung.

Es seien in diesem Fall daher "keine in der Bedeutung höherrangig zu wertenden Gründe zu erkennen, die eine Umbettung rechtfertigen würden" - zumal es sich bei einem Friedhof um eine öffentliche Einrichtung handele, die an rechtliche Vorgaben gebunden sei. Dazu gehört neben der Satzung eines Friedhofs eben auch die Rechtsprechung innerhalb Deutschlands, betont Kirchenrat Janus.