Hobby in Magdeburg Ein Leben mit dem Wohnmobil
Das Reisemobil hat es Petra und Jörg Freytag aus Magdeburg angetan. Nach der Wende machten sie das Hobby zum Beruf.
Magdeburg l „Wir haben immer mit Menschen zu tun, die gut gelaunt sind“, sagt Jörg Freytag. Entweder sie wenden sich an ihn, um eine Reise zu planen oder um auf Reisen zu gehen oder sie kommen von einer Reise zurück. Seit 30 Jahren vermieten er und seine Frau in Alt-Olvenstedt in Magdeburg Wohnmobile. Mit einem Fahrzeug hat alles begonnen: „Wir haben zusammengekratzt, was an finanziellen Mitteln da war, und ein Mobil gekauft“, erinnert sich Freytag an die Anfangszeit. Gemeinsam mit seiner Frau und den beiden Kindern war er bereits in 1980er Jahren, damals lebte das Paar in der BRD, mit dem Wohnmobil unterwegs. Alle waren begeistert von der ungezwungenen Art, die das Wohnmobil eröffnete. „Wenn am Wegesrand ein Spielplatz kommt, hält man dort eben einfach an“, sagt Jörg Freytag.
Und wenn es an einem Ort besonders schön ist, kann man dort einfach bleiben. „Unsere Kinder haben zum Beispiel bis zur Dämmerung noch an einem Gebirgsbach gespielt, dann haben wir einen Übernachtungsplatz gesucht“, erzählt Freytag. In Wohngebieten darf man eine Nacht im Wohnmobil übernachten. Großer Kontakt zur vorübergehenden Nachbarschaft wurde nicht geknüpft. Denn meistens waren die Freytags schon wieder weg, wenn die Einwohner eines Städtchens aufstanden – auf zum nächsten Abenteuer oder eben ziellos dorthin, wohin einen das Leben hintreibt. Hin und wieder nutzen sie auch Gastwirtschaften, um dort über Nacht zu stehen, das Abendessen und das Frühstück mitzunehmen.
Als dann die Wende kam und die Ost-Deutschen mehr Reisefreiheiten erhielten, kamen die beiden auf die Idee, eine Wohnmobilvermietung zu eröffnen. Im elterlichen Haus von Petra Freytag in Alt-Olvenstedt ließen sie sich nieder – und hatten Erfolg, auch wenn dieser ein ganzes Stück Arbeit bedeutete. Zunächst sei es schwierig gewesen, das Mobil zu vermitteln. „Wir haben dann Steckaktionen gemacht und zumeist nachts 20.000 bis 30.000 Zettel in Briefkästen verteilt“, erinnert sich Jörg Freytag. Nach dem ersten Jahr waren sie so weit, dass sie zwei weitere Reisemobile anschafften. Und so wurde das Unternehmen Schritt für Schritt immer ein bisschen größer. Heute sind es fast 30 Fahrzeuge, die die Freytags vermieten – nicht alle aber gehören ihnen. Stattdessen vermieten sie die Wohnmobile privater Eigentümer weiter.
Für sie war das Geschäft auch eine gute Möglichkeit, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. „Auch wenn wir gearbeitet haben, war immer ein Ansprechpartner für unsere beiden Kinder da“, sagt Petra Freytag. Das eigene Reisen geriet mit dem Wachsen des Unternehmens mehr und mehr in den Hintergrund. Denn gerade im Sommer herrscht Hochkonjunktur, sind Freytags weitgehend ausgebucht und haben alle Hände voll zu tun.
Es waren die Söhne, die Tatsachen schufen und den beiden eine Überfahrt samt Wohnmobil auf die britischen Inseln schenkten. Fasziniert von Schottland steht dieses Ziel bei Freytags auch heute noch ganz hoch im Kurs. Mit den Jahren haben sie viele Teile von Europa gesehen – vom Norden bis in den Süden. Spanien gehört zu den weitesten Strecken, die die beiden im Wohnmobil zurückgelegt haben.
Bange Momente brachte die Corona-Krise mit sich, als Nachrichten zu Reisewarnungen und Reisebeschränkungen die Runde machten. „Im April und Mai haben wir etwa 130.000 Euro Umsatz verloren“, erzählt das Paar. „Aber wir hatten Glück, dass wir auf der Tourisma-Messe Anfang des Jahres einige Neufahrzeuge verkauft haben“, erzählen sie aus der Zeit, als die Krise über sie hereinbrach. Und so geriet das Unternehmen nicht in ernsthafte Schwierigkeiten.
Das Interesse an Wohnmobilen sei ungebrochen, habe inzwischen eher noch zugenommen. Eine Reihe von Anfragen hätten Freytags auch im Zuge der Pandemie erhalten. Wenige Absagen gebe es immer mal, aber zumeist seien sie während der Hauptsaison ausgebucht, das habe sich auch mit Corona nicht verändert.