Kommunalpolitik Hoffnung für sterbende Magdeburger Seen: Rettung mit Bypass
Elbwasser als Hoffnungsträger: Der Magdeburger Stadtrat streitet über Vorschlag zur Wiederbelebung der Salbker Seen.
Magdeburg - Es ist ein Jammer – so weit herrscht Konsens im Magdeburger Stadtrat: Die Salbker Seen liegen im Sterben. Das Ökosystem ist aus dem Ruder. Sauerstoffmangel, Algenbefall, Fischsterben und zeitweise übel schwefliger Gestank sind die Konsequenz. Eine Ratsmehrheit drängt auf Rettung.
Die einen – zum Beispiel der Tierschutzparteiler Burkhard Moll – schwören auf Bypässe zur Wiederbelegung, also auf mehrere Verbindungen zwischen Elbe und Seen und weitere von See zu See zwecks Durchströmung mit rettendem, weil fließend-sauerstoffreichem Elbwasser. Die anderen nennen die vom Anglerverband in Gemeinschaft mit Umweltexperten vorgebrachte Idee „ein Millionengrab“ (Tim Rohne, CDU). Es ging also bunt zu zur Seendebatte im Rat, lauter Seesanierungsexperten. Immerhin hat sich ein Teil von ihnen beraten lassen, das Problem: Von verschiedenen Seiten ergehen verschiedene Ratschläge.
Ausgangspunkt der aktuellen Ratsdebatte zum schon jahrealten See-Dilemma war folgender Antrag der Fraktion FDP/Tierschutzpartei: „Der Oberbürgermeister wird gebeten, zu prüfen, ob die Möglichkeit besteht, beide Salbker Seen mit einen Kanal zu verbinden und mit zwei weiteren Kanälen im Bypass an die Elbe anzuschließen.“ Fraktionsmitglied Burkhard Moll warb um Zustimmung. Die Idee käme vom Anglerverband und sei – auch nach Rücksprache mit Umweltexperten und dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz (LHW) – vielversprechend. „Aktuell steigt Schwefelwasserstoff dort auf, das ist ein gesundheitsgefährdendes Gift. Nicht auszudenken, wenn da mal ein Kind daneben einschläft“, so Moll.
Gartenschau als Großchance
Für diese vermeintliche Dramatisierung erntete Moll Kritik, daneben aber auch viel Zustimmung für die Bypass-Idee. „Ich glaube, es ist nicht gut, hier Angst zu schüren, dass da Kinder umfallen könnten, wenn ein paar Bläschen aufsteigen. Das passiert nicht“, ist sich Jens Rösler (SPD) sicher. Er selbst habe schon als Kind in den Salbker Seen gebadet. „Das war schon damals nicht sehr angenehm und sehr schlammig. Und mit jedem Hochwasser wurde es mehr.“
Für eine echte Seesanierung samt Umfeld-Kultivierung fehle aber aktuell das Geld, so Rösler: „Dafür wäre tatsächlich eine Landes- oder eine zweite Bundesgartenschau in Magdeburg eine Möglichkeit“, so Rösler. Die Idee ist in der Welt, aber eine Chance darauf erst in 10 bis 15 Jahren realistisch. Als Zwischenlösung, so Rösler, seien die Bypässe eine charmante Idee. Ähnlich sieht es auch Olaf Meister (Grüne). „In Lostau und am Pechauer See gibt es solche Bypässe bereits und seither keine Probleme mehr.“ Der Bypass sei nötig und parallel eine langfristige Perspektive zur Sanierung des Areals. Ausschließlich auf letztes hoben Dennis Jannack (Linke) und Christian Hausmann (SPD) mit ihrem Gegenantrag ab.
Die Hochschule Magdeburg-Stendal solle unter Federführung ihrer Wasserwirtschaftsexperten ein Konzept zur Seesanierung im Auftrag der Stadt erstellen. „Mit ein paar Gräben ist es nicht getan“, so Jannack. „Wir müssen uns klar werden, was wir überhaupt mit dem Gesamtareal anfangen wollen.“ An der Hochschule jedenfalls gebe es skeptische Stimmen zur Bypass-Lösung und die Überzeugung, dass sie wenig bringe; die Verschlammung bliebe.
Der Hoffnung auf etwas Leben, das den Seen durch Bypässe wohl eingehaucht werden könnte, schloss sich dagegen Ronny Kumpf für die AfD an. Vertreter von Anglerverband und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung hätten nachvollziehbar dargestellt, dass das funktionieren könne und anderenorts in Sachsen-Anhalt auch bereits funktioniere. „So, wie jetzt, vegetieren die Seen nur vor sich hin und sterben.“
Bei der Abstimmung gewann der Kompromissvorschlag des Umweltausschusses. Der Oberbürgermeister wird zu Gesprächen mit dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz beauftragt. Das steht der Bypass-Lösung aufgeschlossen gegenüber.