Heute entscheiden die Räte / Ordnungsbeigeordneter verteidigt seine Vorschläge im Interview Holger Platz: "An dem Fütterungsverbot von Enten werde ich mich nicht verbeißen"
Der Stadtrat will heute die Verschärfung der Stadtordnung in seiner Sitzung beschließen. Viele Verbote, wie Enten füttern, auf Bäume klettern und die generell kurze Hundeleine, sind dabei in die Leserkritik geraten. Matthias Fricke sprach mit Ordnungsbeigeordneten Holger Platz.
Volksstimme: Wie kommen Sie auf die Idee, eine generelle Pflicht der kurzen Leine einführen zu wollen, selbst nachts um 1 Uhr? Geht das nicht zu weit?
Holger Platz: Bisher gilt die kurze Leine in Menschenansammlungen und Fußgängerzonen. Es hat sich aber herausgestellt, dass die meisten Beißvorfälle auf dem Gehweg passieren. So waren beispielsweise 2007 von 69 Vorfällen insgesamt 52 auf dem Gehweg, im 1. Halbjahr 2011 von 20 Vorfällen insgesamt 10. Außerdem gab es häufiger Beschwerden von Fußgängern und Joggern, die belästigt wurden. Die kurze Leine schien uns deshalb ein guter Kompromiss zwischen langer Leine und einer rigiden "Bei-Fuß-Vorschrift".
Volksstimme: Eine Ergänzung im Gesetzestext "bei Begegnung mit Mensch und Tier" würde ja vielleicht schon ausreichen?
Holger Platz: Der Begriff ist mir persönlich zu unscharf. Wann genau habe ich ,Begegnungsverkehr\'? Es wäre aber eine Möglichkeit, wenn unser Vorschlag keine Mehrheit finden sollte.
Volksstimme: Sind Sie als Kind nie auf Bäumen herumgeklettert? Warum soll das jetzt verboten werden?
Holger Platz: Selbstverständlich bin ich das, aber darum geht es doch gar nicht! Das Verbot zielt auf Bäume direkt neben einer Straße. Hier ist die Gefahr sehr groß, dass der Kletterer den fließenden Verkehr ablenkt bzw. bei einem Sturz auf die Fahrbahn gelangt. Im Übrigen soll diese Regelung die neue Trendsportart Parkour in vernünftige Bahnen lenken, so wie es in Magdeburger Vereinen praktiziert wird.
Volksstimme: Dass man am Straßenrand nicht klettert, gebietet doch schon der gesunde Menschenverstand.
Holger Platz: Das stimmt. Es gibt leider auch Menschen, die das anders sehen. Der Hintergrund ist, dass Extremsportarten wie Parkour dramatische Verletzungsgefahren mit sich ziehen, wenn es nicht nach Regeln passiert.
Volksstimme: Müssen Großväter jetzt Angst haben, Strafgelder zu kassieren, wenn die Enkel Enten füttern? Wie sind Sie denn auf dieses Verbot gekommen?
Holger Platz: Viele Gründe sprechen gegen eine direkte Fütterung auch von Wasservögeln. So wird das Wasser durch den Eintrag von Nährstoffen verschmutzt, was wiederum mit gesundheitlichen Gefahren für die Vögel selbst verbunden ist. Aber an dem Entenfütterungsverbot werde ich mich nicht verbeißen.
Volksstimme: Wie wollen Sie denn die neue Verordnung umsetzen? Sie schaffen ja nicht mal die alten Regeln wie das Beseitigen von Hundekot und Leinenzwang zu kontrollieren?
Holger Platz: Die Behauptung ist genauso richtig wie falsch. Keiner würde die Abschaffung der 50-km/h-Regel in der Stadt fordern, weil sich Autofahrer nicht daran halten. Immerhin wurden 2011 insgesamt 549 Verstöße gegen den Leinenzwang erfasst. Auch die Hundekotproblematik hat sich auf den Gehwegen deutlich verbessert. Die neue Pflicht zur Mitführung von Tüten gibt uns künftig noch bessere Chancen zur Durchsetzung.
Volksstimme: Mit der Erweiterung der Nachtruhe um die Abendruhe auf 20 Uhr, müssen da jetzt auch die Biergärten um ihre Öffnungszeiten bangen?
Holger Platz: Nein, die Abendruhe gilt nur für Haus- und Gartenarbeiten mit motorbetriebenen Geräten. Für die Biergärten und Freiluftgastronomie bleibt alles wie es ist.
Volksstimme: Wie sind Sie überhaupt auf die Verschärfung der Stadtordnung gekommen?
Holger Platz: Wir haben die Erfahrungen aus der alten Gefahrenabwehrverordnung gemeinsam mit den Fachämtern und der Polizei ausgewertet.
Volksstimme: Der Entwurf hört sich aber sehr nach Überregulierung an. Was sagen Sie zu dem Vorwurf?
Holger Platz: Das sehe ich nicht so. Dass die Diskussion jetzt hochkocht, gehört einfach dazu und zeigt, dass sich die Bürger ihre Gedanken machen. Als Ordnungsbeigeordneter muss ich zudem ein dickes Fell haben.