Magdeburg l Hühner brauchen Platz und Licht. Bekommen sie beides nicht, hat das Auswirkungen: Weniger Licht bedeutet für den Halter weniger Eier. Sind sie auf engem Raum eingepfercht, neigen die Tier dazu, ihre Artgenossen zu picken. Erst sind es nur einige Federn, dann entstehen Wunden, einige überleben das kannibalistische Gepicke der anderen nicht.
Hühner-Kannibalismus ist zur Zeit wieder ein größeres Problem in Sachsen-Anhalt. Denn viele Tiere können seit drei Monaten nicht mehr ihren Stall verlassen. Weil die Geflügelpest grassiert, haben viele Landkreise und Städte in Sachsen-Anhalt eine Stallpflicht verhängt.
Dem entsprechend schlecht ist die Stimmung bei den privaten Haltern im Land, die über keine großen und hellen Stallanlagen verfügen. „Einige sind stinkesauer“, sagt Dieter Kuhr, Chef des Landesverbands der Rassegeflügelzüchter. Jeden Tag müssten sie ihre Tiere leiden sehen. Die notwendigen überdachten Volieren zu errichten sei teuer. Einige hätten ihr Geflügel lieber abgeschafft.
Wann die Stallpflicht endet, ist vielerorts ungewiss. In den vergangene Wochen sind immer mehr Geflügelpest-Fälle dazugekommen. Die meisten bei Wildvögeln, zuletzt erwischte es aber auch Tiere einer Geflügelhaltung.
In der Ortschaft Vietzen bei Kalbe im Altmarkkreis Salzwedel war es in der vergangenen Woche zu einem Geflügelpest-Ausbruch in einer privaten Haltung mit Hühnern, Enten und Gänsen gekommen. Der Landkreis deklarierte die Umgebung in einem Radius von drei Kilometern zum Sperrbezirk. Die 56 registrierten Geflügelhalter mit insgesamt über 1000 Tieren bekamen Besuch von Teams des Veterinäramts, das die Bestände untersuchte und Proben entnahm. Wenige Tage zuvor hatten die Behörden die Vogelgrippe bereits bei einem verendeten Uhu in Kalbe nachgewiesen.
Einen Sperrbezirk gibt es seit der vergangenen Woche auch im Landkreis Stendal. Dort bestätigte sich der Verdacht bei einer verendeten Wildgans in Bittkau, einem Ortsteil von Tangerhütte. Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld wurde das Virus ebenfalls in der vergangenen Woche bei einem toten Greifvogel nachgewiesen. In der Börde stellten die Behörden die Vogelgrippe in diesem Monat bereits bei einem Graureiher und einer Wildgans fest.
Damit gibt es in Sachsen-Anhalt nun sechs registrierte Geflügelpest-Fälle innerhalb weniger Wochen. Zuvor war es nach dem letzten großen Ausbruch in den Jahren 2016 und 2017 jahrelang weitgehend ruhig geblieben. Nur im vergangenen Frühjahr gab es einen Fall in einer Putenmastanlage in der Börde.
Nach vielfachen Ausbrüchen in Nachbarbundesländern verhängten viele Landkreise und Städte schon im vergangenen Dezember die Stallpflicht, teils nur für einige Kommunen. Im nördlichen Sachsen-Anhalt weiteten mehrer Kreise diese nun aus. Im Süden, wo es noch keine registrierten Fälle gibt, wurde sie teilweise aufgehoben.