Ärgernis mit Ironie begegnen In Magdeburg werden herrenlose Einkaufswagen zu Kunst
Herrenlose Einkaufswagen ärgern viele Magdeburger. In Neustadt widmen sich zwei Anwohner dem Problem auf ironische Weise und machen daraus Fotokunst.
Magdeburg - „Die Depression des eisernen Stiers“ oder „Die Sehnsucht nach dem Kinde“ sind die Bilder beinahe poetisch betitelt. Was darauf zu sehen ist, würden die meisten allerdings nicht so, sondern als störend und ärgerlich bezeichnen. Denn Frank Laudan und Sebastian Patze haben auf ihren Bildern Einkaufswagen in der „freien Wildbahn“ festgehalten.
In ihrem Stadtteil Neue Neustadt laufen ihnen diese „scheuen Rehe“ besonders häufig über den Weg, wie sie sagen. Um aus der Not eine Tugend zu machen, kehren sie das gesellschaftliche Problem in Kunst um.
Fotos von Einkaufswagen werden mit feiner Ironie versehen
Im Sommer 2023 hatte Sebastian Patze die ersten Einkaufswagen fotografiert und sich Titel mit feiner Ironie dazu ausgedacht. Sein Arbeitskollege Frank Laudan sprang darauf gleich an und machte eigene Schnappschüsse. Als sie die Bilder dann in der Neustädter Gemeinwesenarbeitsgruppe zeigten, waren alle begeistert und die Idee einer Ausstellung entstand.
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„Der Neustädter liebt seinen Einkaufswagen. So sehr, dass er sich gar nicht von ihm trennen kann, sondern ihn spazieren fährt – und irgendwann irgendwo stehenlässt“, erklären die beiden – oft zum Ärger der Mitmenschen. „Es wäre schade, wenn man das nicht aufs Korn nimmt“, meint Patze.
Einkaufswagen werden zu Papierkorb, Türstopper und Sperrmülltransporter
Wichtig bei der Motivsuche: Es darf nichts bewegt oder verändert werden. So wie die Einkaufswagen da stehen, werden sie abgelichtet. Und es muss irgendwo in der Neustadt sein. Wenn sie anderswo in der Stadt ein schönes Motiv sehen, bleibt das Handy in der Hosentasche.
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Mal liegt ein Wagen an einem Abhang, mal wird er von einem Imbissbetreiber als Türstopper genutzt. Auch an Haltestellen, an denen Papierkörbe fehlen, haben sie schon welche fotografiert, die als mobile Zwischenlösung genutzt wurden. Selbst einen kompletten Schrank, zerlegt in Brettern, haben sie in einem Wagen entdeckt.
Supermärkte mobilisieren gegen Einkaufswagenschwund
Nach eingehender Internetrecherche ist Frank Laudan sicher: „Wir sind die Ersten weltweit, die solche Kunst machen.“ Und die werde zunehmend schwerer zu erschaffen. Denn die Marktbetreiber nehmen die Wagenverluste nicht länger hin.
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Während Rewe eine Wegfahrsperre installiert hat, schickt Kaufland jemanden durch die umliegenden Straßen, um alle verloren gegangenen Wagen wieder einzusammeln. „Da muss man schnell sein“, meint Frank Laudan.
Auf der Suche nach neuen, ungewöhnlichen Fotomotiven
Die Ausstellung ihrer Einkaufswagen-Kunst wird am 20. September 2024 um 19 Uhr mit einer Vernissage im Moritzhof, Moritzplatz 1, eröffnet. Anschließend kann diese bis 22. Oktober 2024 besichtigt werden. Und danach? Welche ungewöhnlichen Fotomotive suchen sich die beiden Kunstneulinge dann aus? „Es kommt bestimmt noch was“, ist sich Sebastian Patze sicher.