Integration Magdeburg-Neustadt bleibt Problemviertel
Über die Integration der eingewanderten Rumänen in Magdeburg-Neustadt wird weiter hitzig diskutiert. Eine Lösung scheint nicht in Sicht.
Magdeburg l „Solange alle auf einem Haufen wohnen, ist keine Integration möglich“, macht sich eine Anwohnerin aus Neue Neustadt vor wenigen Tagen Luft. Der Beirat für Integration und Migration hatte ins Magdeburger Rathaus eingeladen, um über die Situation in dem Stadtteil zu sprechen. Rund um den Moritzplatz sind in den vergangenen Jahren Hunderte Rumänen in die Wohnblöcke eingezogen.
Im Umkreis der Umfassungsstraße leben aktuell mehr als 700 Rumänen. Vor drei Jahren waren es gerade mal 68. Die anwesenden Anwohner sind sich einig: „Nur wenn die Familien verteilt wohnen würden, hätte man auch die Chance, ins Gespräch zu kommen.“ Auf Hinweise und Bitten würden die Rumänen „pampig und frech“ reagieren, sagt eine weitere Anwohnerin, die direkt am Umfassungsweg wohnt.
Sie erklärt: „Ich versuche Kontakt aufzunehmen, aber die Bereitschaft ist einfach nicht da.“ Wiederholt sei sie als „Nazi“ beschimpft worden. Die Anwohner schildern ähnliche Situationen – egal ob es um die Regeln der Mülltrennung oder um das Verbot, über rote Ampeln zu laufen, geht – bei jedem Hinweis würden sie von den Rumänen beschimpft.
Auch die Stadtteilakteure sitzen mit am Tisch. Lisa Schulz vom Quartiersmanagement Neustadt: „Ich möchte davor warnen, zu generalisieren.“ Es gebe solche und solche unter den 700 Rumänen, die dort wohnen. Mit einem Teil arbeite man bereits sehr gut zusammen. In diesen Fällen sei die Bereitschaft, sich zu integrieren, ganz klar da. „Doch die, die sich nicht benehmen können, strahlen negativ auf alle anderen aus“, sagt Lisa Schulz.
Von den Rumänen selbst ist zu der Sitzung niemand vor Ort. „Das war auch nicht unser Ziel“, sagt Abdoul Coulibaly vom Integrationsbeirat. Als größtes Problem stellt sich in der warmen Jahreszeit die Lärmbelästigung bis in die frühen Morgenstunden heraus. Die großen Familien würden Tische und Stühle raustragen, auf den öffentlichen Plätzen grillen, die Kinder bis spät in die Nacht draußen brüllen, die Erwachsenen bis in den Morgen laut feiern und singen, zählen die Anwohner auf.
Sie wollen, dass die Verursacher des Lärms angesprochen und über die Regeln aufgeklärt werden. „Wir haben versucht, mit ihnen zu sprechen, aber sie verstehen uns einfach nicht.“ Die Sprachbarriere sei eine der größten Hürden in dem Miteinander. Die Anwohner wünschen sich eine Dolmetscherin zur Unterstützung.
„Wir müssen die richtigen Adressaten finden, aber teilweise ist das nicht machbar, weil wir nicht vor Ort sind, wenn das alles abends passiert“, erklärt Edna Pevestorf. Sie ist die Koordinatorin vom Awo-Projekt Neustadtmiteinander. Die Gleichstellungsbeauftragte Heike Ponitka hält ein gemeinsames Gespräch zwischen den Anwohnern, die sich gestört fühlen, und den Rumänen zusammen mit den Akteuren und einer Dolmetscherin für eine gute Idee.
Die Arbeitszeit sollte dem nicht im Wege stehen. Vielleicht könnte diese zur Ausnahme nach hinten verlegt werden.
„Sie haben natürlich ein Recht zu schlafen, es gibt Regeln des Umgangs – egal wo jemand herkommt“, macht Heike Ponitka gegenüber den Anwohnern deutlich. Gegen die Wohnumstände könne man rechtlich bisher nicht vorgehen. „Die Anwohner haben gültige Mietverträge.“
Allerdings: Ein neues Gesetz zur Beseitigung von Wohnungsmissständen ist derzeit Thema im Landtag. Vor wenigen Tagen fand dazu eine Anhörung unter anderem mit dem Städte- und Gemeindebund, Verbänden der Wohnungswirtschaft und Rechtswissenschaftlern statt. Jetzt muss in den Ausschüssen beraten werden. So ein Gesetz könnte zum Beispiel der Kommune Befugnisse verschaffen, wenn es darum geht, wie viele Personen auf einer bestimmten Wohnungsfläche leben dürfen.
Abdoul Coulibaly will am Ende der hitzigen Debatte wissen, was vonseiten des Beirats helfen könnte. Lisa Schulz und Edna Pevestorf würden sich mehr Personal und einen Erfahrungsaustausch mit anderen Städten, die mit denselben Problemen zu kämpfen haben, wünschen.
Die Anwohner fragt Abdoul Coulibaly, ob sie sich eine Aussprache gemeinsam mit den Rumänen vorstellen könnten. Die Reaktion fällt verhalten aus. Denn: Von solchen Treffen habe es bereits einige gegeben. „Es schaukelt sich in unserem Viertel immer mehr hoch, die Stimmung ist sehr aggressiv“, lautet die erste Antwort. Die Anwohner beharren auf ihrem favorisierten Lösungsweg und ihrer Kritik: „Es kann nicht weiter sein, dass alle 700 Rumänen auf einem Platz leben. Dadurch hat sich ein Ghetto gebildet.“