Chance und Herausforderung für Betriebe Interview mit der Handwerkskammer Magdeburg: Vier-Tage-Woche: Kann das funktionieren?
Für die Befürworter ist die Vier-Tage-Woche das Arbeitszeitmodell der Zukunft. Drei Tage pro Woche frei, weniger Stress - diese Vorteile einer Vier-Tage-Woche liegen für viele Beschäftigte auf der Hand. Ob die Vier-Tage-Woche ein Modell für Handwerksbetriebe ist, hängt von der individuellen betrieblichen Situation ab.

Magdeburg/MI. - Ob die Vier-Tage-Woche ein Arbeitszeitmodell für Handwerksbetriebe ist, hängt von der individuellen betrieblichen Situation ab. Burghard Grupe, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg, spricht darüber im Interview.
Vier-Tage-Woche: Ja oder nein? Wie ist Ihre Einstellung zum Arbeitsmodell?Eine generelle Ja-oder-Nein-Antwort greift hier zu kurz. Die Debatte um die Vier-Tage-Woche hat auch das Handwerk erreicht. Dieses Modell bringt sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Wir beobachten die Entwicklungen aufmerksam und sehen darin eine Möglichkeit, die Attraktivität handwerklicher Berufe zu steigern – aber nicht für jeden Betrieb ist es gleichermaßen umsetzbar. Für manche ist es schlicht nicht möglich.

Vier-Tage-Woche im Handwerk: Kann das funktionieren oder sind kürzere Arbeitszeiten angesichts voller Auftragsbücher eine Utopie?In einzelnen Fällen kann die Vier-Tage-Woche durchaus funktionieren – das zeigen bereits gelebte Praxisbeispiele im Baugewerbe, bei Elektroinstallateuren oder auch in kleinen Bäckereien. Gleichzeitig müssen wir realistisch bleiben: Viele Handwerksbetriebe arbeiten an der Kapazitätsgrenze und tun sich schwer, alle Kundenanfragen zu bedienen. Für sie wäre eine verkürzte Arbeitszeit aktuell schwer umsetzbar. Es ist also keine Utopie, aber eben auch keine Lösung „von der Stange“ und nicht für jeden umsetzbar.
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Würde sich durch die Vier-Tage-Woche der Fachkräftemangel nicht weiter verschärfen?Nein, das muss nicht sein – die Vier-Tage-Woche kann auch ein Instrument sein, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Gerade für junge Menschen oder Beschäftigte mit familiären Verpflichtungen kann eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung ein entscheidender Faktor bei der Berufswahl sein. Einige Betriebe nutzen es vor allem für ältere Mitarbeiter, um ihnen eine längere Regenerationsphase zu ermöglichen und sie damit möglichst lange im Berufsleben zu halten. Wenn die Vier-Tage-Woche dazu beiträgt, das Handwerk als Arbeitgeber attraktiver zu machen, ist das ein klarer Vorteil. Entscheidend ist jedoch, dass dieses Modell nicht zu Lasten der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Betriebs geht.
Für welche Handwerksbetriebe ist das Arbeitszeitmodell geeignet, für welche eher nicht?Geeignet ist das Modell besonders für Betriebe, die über stabile Strukturen verfügen und wo es sich in den Abläufen und Prozessen gut organisieren lässt oder in Nischen arbeiten, wo weniger Zeitdruck herrscht. Schwierig wird es für kleinere Betriebe mit engem Personalrahmen oder bei hoher Kundenfrequenz – hier sind Flexibilität und Reaktionsfähigkeit im Tagesgeschäft entscheidend.
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Was würden Sie Handwerksbetrieben empfehlen, die eine Vier-Tage-Woche in Erwägung ziehen?Wir raten dazu, offen an das Thema heranzugehen, es aber gut zu durchdenken. Entscheidend ist, gemeinsam mit den Mitarbeitern tragfähige Lösungen zu finden. Das Modell muss zur betrieblichen Realität passen – wirtschaftlich, organisatorisch und menschlich. Kleine Schritte, zum Beispiel durch Pilotphasen oder flexible Varianten, können helfen, erste Erfahrungen zu sammeln. Und: Eine allgemeine gesetzliche Regelung ist hier nicht zielführend. Vielmehr brauchen wir mehr Flexibilität im Arbeitszeitgesetz – damit jeder Betrieb und jeder Beschäftigte individuelle Lösungen finden kann.