Festival Junge Künstler sorgen im Magdeburger Schauspielhaus für Furore
Das Magdeburger Theater entführt Jugendliche und junge Erwachsene in das Leben in der digitalen Welt, in die Herausforderungen unserer Zeit und sogar bis zum 1. FCM. Was Besucher beim Klubfestival sonst noch erwartet.
Magdeburg. - „Nimm dir den Raum. Das Publikum muss fühlen, dass du hier das sagen hast.“ Isabell, sonst vor allem als Mitglied des Schauspielensembles von der Bühne des Theaters Magdeburg bekannt, hat die Seiten gewechselt: Sie leitet gemeinsam mit ihrem Schauspielkollegen Anton Andreew ehrenamtlich einen der Jugendklubs.
Die beiden haben mit Jugendlichen der Altersgruppe von 15 bis 18 Jahren als „Die Verwegenen“ in den vergangenen Monaten ein Stück entwickelt, das beim Klubkultur-Festival dieses Wochenende (5. bis 7. April 2024) in zwei Vorstellungen im Magdeburger Schauspielhaus in der Otto-von-Guericke-Straße 64 gezeigt wird. Auf die Bühne kommen von diesem Freitag bis Sonntag auch die Stücke der anderen fünf Klubs, die sich auf das Abenteuer Theater eingelassen haben – siehe Infokasten.
Die Rolle des Schurken
„Die Verwegenen“ haben ein Stück nach Robert Musils „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“ entwickelt. Rike Tauch ist 16 Jahre alt und hat die Rolle des Reiting übernommen. „Damit spiele ich die Rolle des Schurken in dem Stück“, sagt sie, die sich auf Empfehlung von Isabell Will nun mehr Raum auf der Bühne nehmen möchte. Für Laien ist es immer wieder eine Herausforderung, die Rolle des Bösewichts anzunehmen, Züge an den Tag zu legen, die man sonst nicht sein Eigen nennt. Aber freilich ist es eine interessante Erfahrung, in das Wesen einer Figur einzutauchen, sich in eine fremde Person hineinzudenken und zu fühlen. „Wenn man den Reiting spielt, dann spürt man erst wirklich, welch Napoleon-Komplex hinter dem Äußeren dieser Person verborgen ist“, sagt Rike Tauch.
Das, so Anton Andreew, habe keineswegs von Beginn an festgestanden. Anders als bei Profis sollten sich die Mitglieder der Truppe selbst zunächst auf der Bühne und dann zu ihrer Rolle finden. Unter anderem nutzten die Jugendlichen dazu Improtheater, um Sicherheit zu gewinnen.
Liebe zum Schauspiel entdeckt
„Die Sicherheit, vor anderen aufzutreten, Ideen zu vermitteln – dies sind Fertigkeiten, die nicht allein einem Schauspieler gut zu Gesicht stehen, ist er überzeugt.“ Sprich: Die Jugendlichen, die hier mitwirken, steigern Kompetenzen auch für Schule, Lehre, Studium und das Berufsleben – selbst wenn dieses in eine ganz andere Richtung als ausgerechnet auf die Bühne eines Theaters gehen sollte. Obwohl: „Ich selbst habe über einen Theaterjugendclub meine Liebe zum Schauspiel entdeckt“, berichtet Anton Andreew aus seinen ersten Erfahrungen als Schauspieler am Jugendclub P14 an der Berliner Volksbühne. Wäre solch ein Weg auch für Rike Tauch denkbar? „Wer weiß“, sagt sie: „Meine Freunde wissen, dass so etwas zu mir als kreativen Menschen passen würde – dass ich aber auch immer einmal neue Ideen für meinen beruflichen Weg habe.“
Bühne als Schule
Gemeinsam mit Rike Tauch steht Kathi Müller auf der Bühne des Schauspielhauses vom Theater Magdeburg. Sie hat die Rolle der Erzählerin und einer Tanzlehrerin inne. „Insbesondere die Rolle der Tanzlehrerin gefällt mir sehr gut: Sie ist extrovertiert, sehr energiegeladen und strahlt etwas Positives aus.“ Vielleicht auch etwas für die Zukunft: „Schon seit langem möchte ich Lehrerin werden. Da ist es sicher hilfreich, vor Publikum auftreten zu können. Das Schauspiel soll daher ein Hobby bleiben“, sagt die 17-Jährige, die schon in der Grundschulzeit in einer Arbeitsgemeinschaft für Theater mitgewirkt hat.
Die beiden sind in dieser Spielzeit zum ersten Mal in einem der Klubs aktiv, während andere länger dabei sind. Sie hatten sich zu Beginn der Saison einfach im Theater gemeldet und Interesse signalisiert.
Karten unter gibt es auf der Internetseite vom Magdeburger Theater und – sofern verfügbar – an der Tageskasse. Mehr Informationen zum Festival sind ebenfalls im Internet zu finden.
Das Stück und die Vorstellungen
Klub 1: Die Verspielten – „A Pizza In A Box oder: Jetzt spiel, wofür wir dich entführt haben!“ diesen Freitag, 5. April 2024, um 16.15 Uhr und am Sonnabend, 6.4.2024, um 15.30 Uhr. Die Frage hinter der Geschichte: Was tun, wenn die Probe nicht vorankommt? Man bestellt Pizza und entführt den Lieferanten. Macht Sinn, wenn die Klubleitung drängelt, endlich voranzukommen. Kurzerhand wird der Pizzamann Teil des Stücks. Warum? Weil es einen Erwachsenen braucht. Aber keiner will den Erwachsenen spielen, weil Erwachsene nerven und niemand erwachsen sein will.
Klub 2: Die Verwüsteten – „Das Ende sind wir“ diesen Freitag, 5. April 2024, um 17.15 Uhr und am Sonntag, 7.4.2024, um 18 Uhr, beide Vorstellungen sind ausverkauft. Getrieben von Angst vor der Zukunft und dem Ärger über das Schweigen, setzen die Akteure ein Zeichen: Schluss mit der Stille!
Klub 3: Die Verwegenen – „Verwirrungen“ am Sonnabend (6.4.2024, eine Restkarte) und am Sonntag, 7.4.2024, jeweils um 14 Uhr. In der bearbeiteten Fassung frei nach „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“ kommt die junge Törleß neu auf ein Internat und muss sich erst an die neue Umgebung anpassen, fern von den Eltern, mit noch unbekannten Mitschülerinnen. Sie findet neue Freunde und gemeinsam mit ihnen durchsteht sie die doch manchmal triste Internatszeit. Dann kommt es zu einem Vorfall, der alles verändern wird.
Klub 4: Die Veränderten – „fuck_my_life.pdf“ am Sonnabend, 6.4.2024, um 18 Uhr (vier Restkarten) und am Sonntag, 7.4.2024, um 16.45 Uhr. Hinter dem Stück steht die Frage: Was soll man auch außerhalb der eigenen vier Wände? Da draußen gibt es nichts. Nur das anstrengende Leben eines erwachsenen Durchschnittsbürgers. Das Einzige, was Billy noch am Leben hält, ist die Flucht in eine Welt, die den Alltag erträglicher macht: Die digitale.
Klub 5: Die Veräußerten – „Tanzt durch die Tore des FCM!“ am Sonnabend, 6.4.2024, um 19.15 Uhr und am Sonntag um 15.30 Uhr. Vor 50 Jahren siegte der 1. FC Magdeburg beim Europapokalsieg in Rotterdam, eine Sensation, die bis heute spürbar ist. Anlässlich des Jahrestages verschmelzen in dieser Produktion zwei scheinbar unterschiedliche Welten miteinander: Tanz und Fußball. Eine zweite Vorstellung ist für Sonntag, 15.30 Uhr, geplant.
Klub 7: Di Pipers – „Story Mix oder Frau Holle mal anders“ am Freitag, 5.4.2024, um 18.45 Uhr (ausverkauft) und am Sonnabend, 6. April 2024, um 16.30 Uhr. Eine Inszenierung über die gleichnamigen Schwestern, über eine Frau mit eisigen Fähigkeiten und über die Freiheit der Vorstellungskraft: Figuren als Reisende im unendlichen Kosmos aus Geschichten zu betrachten.
Außerdem: Klubkultur-Get-together am Freitag, 5. April 2024, um 20 Uhr und Festivalparty am Sonnabend, 6. April 2024, um 20.15 Uhr.