Kultur und Freizeit Mit Video: Rarität in Magdeburg: Wie ein ganzer Zirkus in einen Schuhschrank passt
Ein gebürtiger Staßfurter hat ein Modell des Zirkus Probst aus seiner Heimatstadt gebaut. Nach seinem Tod vermachte es die Tochter nun dem 1. Magdeburger Circusmuseum. Dort wird Hilfe gebraucht.
Magdeburg - Gert Kreisel hat den Zirkus geliebt. Ganz besonders den der Familie Probst, die ihren Stammsitz in Staßfurt hatte.
Gert Kreisel war gebürtiger Staßfurter. Er hat Maler und Schreibmaschinenmechaniker gelernt und war zuletzt bei einer Versicherung tätig. Neben dem Beruf war er sein ganzes Leben lang ein passionierter Modellbauer. Und so fasste er eines Tages den Entschluss, den Zirkus Probst in Miniaturform nachzubauen.
Die passende Kulisse bildete ein Schuhschrank, der dafür umgebaut wurde. Auf einem ausklappbaren Tisch ist das Modell platziert. Jahrelang hat Gert Kreisel daran gewerkelt. Das erkennt man an den vielen kleinen Geschichten, die sich da verbergen. 2019 ist Gert Kreisel verstorben.
Um sein Werk für die Zukunft zu bewahren und noch vielen anderen Menschen damit eine Freude zu bereiten, hat sich seine Tochter dazu entschieden, das Modell dem 1. Magdeburger Circusmuseum zu vermachen. Am Freitag (16. Februar) fand die Übergabe statt.
„Mein Vater war ein sehr optimistischer und lebensfroher Mensch. Er hat den Zirkus geliebt, ist da ein Stück weit Kind geblieben. Es war für ihn sein Herzensprojekt, den Zirkus Probst nachzubauen“, erzählt Katrin Hähnel.
Viele Details zu entdecken
Der Nachbau hat seine Zeit gebraucht. Es gab immer neue Ideen, die umgesetzt werden wollten. Dazu gehört eine Beleuchtung. Früher war auch ein Audiogerät installiert, das die originale Zirkusmusik abspielte.
Wer den Blick über das Modell schweifen lässt, merkt direkt, mit viel Akribie und Detailverliebtheit der Erbauer hier gearbeitet hat.
Da wäre zum Beispiel der markante Fuhrpark mit zwei- bis dreiachsigen Schindelwagen. In einem der Wagen ist eine pikante Liebesszene inszeniert. Am Eingang verköstigt „Werner's Hähnchen-Grill“ die Gäste. Hinter dem blau-weißen Chapiteau mit DDR-Beflaggung sind Stallungen mit Tieren zu sehen.
Etliche Personen sind auf den Zuschauerrängen sowie rund um das Zelt arrangiert. „Mein Vater hat die Figuren alle selbst bemalt“, so die Tochter. Alleine dafür dürften unzählige Stunden nötig gewesen sein.
Katrin Hähnel ist glücklich, dass das Modell des Zirkus Probst im Circusmuseum seinen Platz gefunden hat. „Mir ist wichtig, dass das Werk meines Vaters seine Wertschätzung erfährt. Ich denke, er freut sich oben im Himmel mit.“
Erfreut über die Schenkung ist auch Gerhard Mette, der das Circusmuseum betreibt. „Der Zirkus Probst ist unser Heimatzirkus. Wir hatten bisher kein Modell davon.“
Betreuer werden gesucht
Das neue Exponat reiht sich in eine Wand mit anderen Objekten zum Zirkus Probst ein. Unter anderem finden sich dort Originalkostüme von Gründer Rudolf Probst sowie von seinen Kindern Rüdiger und Mercedes Probst. Rüdiger Probst war für seine Darbietungen mit Sibirischen Tigern bekannt, seine Schwester stand mit Pferden in der Manege.
„Modelle kommen bei unseren Gästen immer gut an. Gerade Kinder erfreuen sich daran“, sagt Gerhard Mette. Mit dem neuen Exponat wird überdies der Ost-Anteil der Sammlung gestärkt. „Es gab schon Besucher, die sich beschwert haben, dass wir nichts über den DDR-Zirkus haben.“
Das Zirkusmodell soll nun noch einmal gewartet werden. „Wir haben einen Modellbauer in unserer Sektion der Circusfreunde. Der kümmert sich darum.“ Spätestens zum nächsten Weltzirkustag am 20. April kann der Nachbau dann in vollem Glanz von Besuchern begutachtet werden.
Das Modell hat seinen Platz im Archiv. Mangels Betreuungspersonal kann dieser zweite Teil der Sammlung bisher nur an wenigen Tagen im Jahr geöffnet werden.
„Ich hoffe, dass ich ab April eine Kraft zur Seite kriege, die mich bei den Öffnungszeiten unterstützt“, sagt Gerhard Mette. Dann könnte der hintere Bereich des Museums regelmäßig geöffnet werden.
Gerne können sich Freiwillige melden, die zu den Öffnungszeiten aushelfen würden. Diese sind regulär immer mittwochs von 10 bis 17 Uhr. Nach Vereinbarung sind auch andere Termine möglich.
Wer im Magdeburger Circusmuseum als Betreuer aushelfen möchte, kann sich unter 0171/954 47 15 an den Leiter Gerhard Mette wenden.