Investition Kunst, Kultur und Konstruktion auf dem ehemaligen Magdeburger Sket-Gelände
Ein Amphitheater, eine Veranstaltungshalle, Kunsthandwerk und Büro-Lofts, die Unterbringung von Zirkusmuseum und Kulturschaffenden – die Pläne für das ehemalige Sket-Gelände in Magdeburg werden konkret.

Magdeburg - Gabelstapler halten den Tresen, Gullydeckel werden zu Bar-Tischen und Bauhelme zu Lampenschirmen. Der Clou: Baggerschaufeln sollen im neuen Veranstaltungssaal als Sessel dienen. „Jemanden anbaggern, kann man dann wörtlich nehmen“, sagt Matias Tosi und lacht.
Die Ideen, die er und seine Mitstreiter im ehemaligen großen Speisesaal im Sozialtrakt des Betriebs 13 umsetzen wollen, lassen nicht nur Designfans aufhorchen. Gegenständliches und Gegenwärtiges aus der Bau- und Industriebranche sollen das Interior bestimmen. Denn die Industriekultur sei für Magdeburg von enormer Bedeutung, weiß Tosi. Mit ihr könne man den Nerv der Menschen treffen. Unkonventionell werde es und doch könne er Eleganz versprechen. „Was wir vorhaben kein Industrial Design, sondern Konstruktionsdesign.“
Ein Hauptstadtgefühl erzeugen, ohne zu verfremden
Der Veranstaltungssaal ist eines von vielen Vorhaben auf dem ehemaligen Gelände des Schwermaschinenbau-Kombinats „Ernst Thälmann“ (Sket) an der Salbker Straße. 2019 hatte die Stadtwerk Immobilienverwaltungsgesellschaft mbH die Industrieruine des einstigen Betrieb PF 13, im Volksmund Werk 13 genannt, und das Areal drumherum gekauft. Bernd Weiler, Senior der Gesellschaft, holte sich Entwickler an Bord, die in Vorleistung gehen. Es galt die Ideen umzusetzen, Kunst, Kultur und Kleinunternehmern Raum zu geben, „einen Treffpunkt zu schaffen, einen Knotenpunkt, an dem sich die Leute verbinden“, erklärt Matias Tosi.
Dabei soll die freie Szene ebenso urbanisiert werden, wie Kleinunternehmer und Kunsthandwerker motiviert, gemeinsam etwas zu erschaffen. „Wir wollen ein Hauptstadtgefühl erzeugen, ohne zu verfremden“, unterstreicht Tosi, der als Kreativdirektor in das Mammutprojekt mit einstieg.
Als künstlerischer Leiter des Hundertwasserhauses weiß er, dass Immobilien durch Kultur lanciert, nach innen und Außen aufgewertet werden können. „Kunst und Kultur sind ein Multiplikator der Wertsteigerung“, sagt er. Beim Hundertwasserhaus sei zumindest hinsichtlich des Designs kein Gestaltungsspielraum.
Die Industriebrache, dieser neuralgische Punkt für Magdeburger, lasse hingegen alle Visionen zu. „Wir haben die Fläche und die Höhe, nun müssen wir kreativ sein.“ In keiner Hauptstadt könne man sich noch derartige Projekte leisten, in Magdeburg sei hingegen noch vieles möglich; der Bau eines Amphitheaters beispielsweise.
Ein Amphitheater soll neben Betrieb-13-Gebäude entstehen
Und dieses ist nicht nur eine Vision, sondern ein konkretes Vorhaben. Die ersten Aufschüttungen liegen bereits. Hier sollen Kulturakteure eine Bühne bekommen. Akteure, der Theaterkultur aber auch Tänzer. Denn auch eine Magdeburger Tanzschule hat bereits ihr Interesse an Räumlichkeiten bekundet. Einen Umzug könne zudem fürs Zirkusmuseum bevorstehen, zumindest, wenn die Konditionen stimmen. Lange wurde nach einem geeigneten Standort gesucht, das Ausweichquartier in der Buckauer Brauereistraße war seit Anbeginn zu klein, ein Teil des Fundus musste eingelagert werden. Mit der 1000 Quadratmeter großen Fläche im ehemaligen Betrieb 13 scheint nach monatelanger Suche nun endlich ein geeignetes Domizil gefunden. Auch ihnen gilt die Bühne des Amphitheaters.
Erste Gespräche wurden zudem über eine mögliche Skaterbahn in der ehemaligen Grusonhalle geführt. Hier müsse, wenn, jedoch eine Lösung gefunden werden, dass darunterliegende Mieter nicht gestört werden, gibt Ulrich Lorenz, einer von vier Projektentwicklern, zu verstehen.
Die Skaterhalle sei noch nicht spruchreif, wohl aber, dass es neben dem Amphitheater eine gastronomische Versorgung geben werde. Auch der Einzug des Vereins „Love Foundation“ sei besiegelt. Mit Künstlern, die ihr Atelier auf dem Gelände einrichten wollen, sei man im Gespräch und eine Veranstaltungspromenade sei ebenso geplant.
Derzeit gehören zwölf Gewerbetreibende, die im bereits ausgebauten zu den Mietern, vier kommen bis zum Jahresende hinzu. Insgesamt sollen letztlich Räumlichkeiten für 45 Gewerbetreibende zur Verfügung stehen, erklärt Ulrich Lorenz.
Büro-Lofts im ehemaligen TF-Gebäude
Der nächste Schritt sei der Ausbau von rund 600 Quadratmetern für Büro-Lofts im ehemaligen TF-Gebäude (Forschung und Entwicklung). „Hochwertige Lofts mit Mieten, die man sich leisten können soll, sind geplant“, so Tosi. Sein Wunsch sei es, nicht nur, dass die Ideen mal in einem Design-Magazin aufgegriffen werden. Auch sollen die Leute am Ende sagen: „Ich will Teil dieser Atmosphäre sein.“
Teil dieser Atmosphäre könnte möglicherweise das Technikmuseum an der angrenzenden Dodendorfer Straße. Ohnehin ist eine Erweiterung für den Bau eines Depots geplant. Ein „Brückenschlag“ zwischen dem derzeitigen Standort und dem Betrieb 13, wie die Investoren das gesamte Projektareal nennen, wäre eine tolle Bereicherung, sind sich Matias Tosi und Ulrich Lorenz einig. Insbesondere hinsichtlich einer Erweiterung der Ausstellungsfläche. Hierfür müssen jedoch noch Fläche hinzugekauft und Rahmenbedingungen geklärt werden. Nichts sei bisher entschieden, aber mit den zuständigen Ämtern sei man in Verhandlung. Bis es in dieser Hinsicht eine konkrete Entscheidung geben wird, werde noch etwas Wasser die Elbe runterfließen. Und zunächst steht ohnehin der Ausbau der Lofts an. Mit dem Bau der Veranstaltungshalle soll 2022 begonnen werden.


