Nachruf Künstler, Typ und feiner Mensch
Der Tod des Schauspielers Ekkehard Schwarz macht viele Magdeburger betroffen. Der Weihnachtsmann war vielleicht die Rolle seines Lebens.
Magdeburg l Ekke ist tot. Das Echo auf die traurige Kunde, die sich am Sonntag einem schrecklichen Lauffeuer gleich auf privaten Kanälen im Internet breitmacht, ist gewaltig. Nee, Ekke! Mensch Ekki! Ekke! So hallt es durch die Freundeskreise im Netz, denn so nannten ihn alle – Ekke oder Ekki. Das gefiel ihm gut. Ekke war Ekke, niemals Herr Schwarz. So soll er in Erinnerung bleiben.
Im Wortsinn hat es Ekke am Sonnabendabend aus dem Leben gerissen, beinahe an der Bühnenkante, eben auf dem Weg zur Vorstellung – Zusammenbruch. Licht aus, bevor sich der Vorhang in Zielitz heben konnte. Familie und Freunde unter Schock. Mit ihnen eine Menge Menschen mehr.
Im thüringischen Trusetal geboren und in Sangerhausen aufgewachsen, landet Ekkehard Schwarz nach seinem Schauspielstudium in Leipzig anno 1980 in Magdeburg an und geht – bis auf einen kurzen Abstecher ans Theater Stralsund (1982-84) – nie wieder weg. Den Bühnen der Stadt kehrt er zur Wendezeit den Rücken und sucht sich statt der einen Bühne Hunderte andere. Die kleinen Spielorte in Magdeburg und Region werden Ekkes liebste Spielwiese, die Plätze und Straßen, dicht mit Ohr am Volk.
Mit den „Bördebrothers“, einer genialen Musik-Comedy-Truppe aus Schauspielern und Musikern, sorgt Brother Ekke von 1984 bis weit in die 1990er Jahre bundesweit und im Ausland für Furore und schallendes Gelächter. Die Brüder aus der Börde machen mit Selbstironie und technischer Finesse musikalischer und spielerischer Art lustvoll Werbung für die Region.
Mit Elke Schneider, der Grande Dame des Magdeburger Puppentheaters, verbindet Ekke eine langjährige Zusammenarbeit. Im Puppentheater gibt er vielfach eine perfekte Besetzung für Rollen im derben Hofspektakel ab. Mit den Kabarettisten Frank Hengstmann und Bernd Kurt Goetz steht Ekke viele Jahre in Serie auf der Bühne. Goetz’ Compagnie Magdeburg 09 plant eben noch fest mit ihm für ihre Sommerinszenierung 2020 im Möllenvogteigarten. Dort wird er fehlen, nicht nur dort.
Ekke – sonorer Bass, breite Schultern, verwegener Auftritt, gerne donnernd und mit Spaß an volkstümlichen Rollen – war der Hans Dampf in allen kulturellen Gassen, immer unterwegs, immer mit Projekt, immer mit Plänen.
Bei zahllosen Festen, Märkten, Führungen und Lesungen gibt er den Kaiser und den Telemann, den Eulenspiegel, das Magdeburger Original Schlackaffe, den Herold, den Nachtwächter, Hans Grade und Schwejk und ... ja, den Weihnachtsmann natürlich. Zwei Jahrzehnte lang bis zur jüngst verstrichenen Saison ist Ekke jedes Jahr der Weihnachtsmann auf dem Magdeburger Markt – ein Kinderfreund mit Rauschebart und eigener Hütte. Manchmal ist er ein trauriger Weihnachtsmann, hat er erzählt. Wenn Eltern ihre Kinder eilig drängen, etwas aus dem Geschenkesack zu nehmen, die Kinder aber nur strahlend die Begegnung bestaunen wollen.
Hinter der oft fröhlichen Bühnenfigur ist Ekke ein nachdenklicher Mensch mit feinen Antennen fürs Miteinander. Wer auf Ekke trifft, wird schnell in ein Gespräch verwickelt. Erst über Gott und die Welt, meistens tiefer werdend, gerne auf ein Bier und Zigaretten. Ekke, der Autor, der Lehrer, der Belesene, der Kenner von Geschichten und Geschichte, der Liebhaber historischer und natürlicher Schätze in und um Magdeburg, der Sammler – von Büchern über Programmhefte bis zum Requisit, er hatte so viel zu erzählen und konnte junge und zugereiste Mitspieler, zum Beispiel in der Compagnie Magdeburg 09, immer überzeugen, Land und Leute und sich gegenseitig wirklich kennenzulernen. Der Menschenfreund ist neugierig geblieben, interessiert am anderen und daran, ihm mindestens eine Geschichte mitzugeben. Er wollte noch so viele hören und erzählen. Mensch Ekke! Es war doch noch keine Zeit zu gehen.
Ekkehard Schwarz wurde 63 Jahre alt.