Stadtrat Magdeburg diskutiert wieder die Ulrichskirche
Die Ulrichskirche hat - rund fünf Jahre nach dem Bürgerbegehren - erneut den Magdeburger Stadtrat beschäftigt.
Magdeburg l Der Tagesordnungspunkt war gerade erst aufgerufen, schon war der Ratssaal wieder mitten drin in einer emotionalen Diskussion – allerdings dieses Mal in der Erinnerung daran, dass es 2011 ein Bürgervotum gegen die Wiederaufbau der Ulrichskirche gegeben hat.
Vor den Stadträten lag ein sogenannter „Prüfauftrag“ an den Oberbürgermeister. Der solle „verwaltungsseitig“ ausloten lassen, unter welchen baurechtlichen Voraussetzungen das Hauptportal der 1956 gesprengten Ulrichskirche auf dem unter dem Ulrichplatz noch vorhandenen Fundamenten gebaut werden könnte. Das Ergebnis solle dann den Stadträten dabei helfen, ob sie dem Wiederaufbau des Portals zustimmen könnten oder nicht. Der Wiederaufbau werde bei einer positiven Entscheidung des Stadtrats vom Kuratorium Ulrichskirche verantwortet. Der Antrag war gemeinsam von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion CDU/FDP/BfM in den Stadtrat eingebracht worden.
„Ich möchte, dass das gar nicht mehr geprüft wird“, eröffnete Stadtrat Burkhard Lischka (SPD) die Diskussion. Er sei zwar seinerzeit ein klarer Befürworter des Wiederaufbaus der Ulrichskirche gewesen, es gebe aber einen Bürgerentscheid, und der sei eindeutig gegen den Wiederaufbau ausgefallen. „Das muss jetzt akzeptiert werden.“ Und Lischka hegte den Verdacht, dass das Kuratorium Ulrichskirche die „Salamitaktik“ anwenden wolle: „Erst das Portal und dann immer ein bisschen mehr.“
Olaf Meister (Bündnis 90/Die Grünen) konterte, dass man natürlich den Bürgerentscheid akzeptieren müsse, „aber muss das, was die Bürger damals entschieden haben, für ewig gelten?“ Die Frage bleibe, wie Magdeburg mit seiner Geschichte umgehe. Der Wiederaufbau des Portals sei doch eine neue Idee, die sogar dazu führen könnte, dass sich die Positionen (Gegner/Befürworter Wiederaufbau) jetzt annähern könnten. Die Grünfläche auf dem Ulrichplatz bliebe erhalten, trotzdem könnte eindrucksvoll an die Kirche erinnert werden.
Frank Theile, Fraktionschef der Linken, sprach sich gegen das Portal-Projekt aus (so komme „der Wiederaufbau durch die Hintertür zurück“). Er meinte aber auch, dass der Stadtrat der falsche Adressat für den Prüfauftrag sei: „Jeder Investor muss in Bauangelegenheiten doch erst einmal im Bauamt anfragen.“
Stadtrat Lothar Tietge (Tierschutzpartei) forderte, dass „die Diskussion jetzt endlich mal beendet wird“. Dafür war die Zeit im Stadtrat allerdings noch nicht reif.
Es sei würdelos, wie mit dem Kuratorium Ulrichskirche umgegangen werde, sagte Hans-Jörg Schuster von der FDP. Dort seien Bürger aktiv, die sich für die Geschichte der Stadt einsetzten. Und Schuster stellte gleich noch einen Vorschlag in den Raum. Lichtkünstler Reginald Richter habe in einem Gespräch vorgeschlagen, die Ulrichskirche mit Hilfe von Lichtstrahlern „nachzuzeichnen“. Auf jeden Fall solle dem Prüfauftrag zugestimmt werden. Dass an die Kirchen der Stadt erinnert werden solle, fand auch Klaus Kutschmann (BfM) wichtig, denn die Kirchen haben lange Magdeburgs Stadtbild geprägt.
OB Lutz Trümper warf dann den rettenden Kompromissvorschlag in die Runde – die Diskussion begann, sich im Kreis zu drehen. „Man sollte mal die Bürger fragen, was sie von dieser Variante halten“, schlug Trümper vor. „Das zeigt dann, dass wir den Bürgerentscheid akzeptieren und dass wir die Bürger weiterhin mit einbeziehen wollen.“
Mit diesem Kompromiss konnten sich die meisten Stadträte erst einmal arrangieren. Olaf Meister schlug vor, dem Prüfauftag zuzustimmen und später dann die Bürgerbefragung zu organisieren. Oliver Müller (Linke) schlug vor, den Prüfauftrag gleich so zu ändern, dass die Bürgerbefragung darin enthalten ist. Reinhardt Stern (CDU) war sich dann auch sicher, dass die Magdeburger sehr wohl geschichtsinterssiert seien, was sich an den Festungsaktivitäten deutlich zeige. Darum sei der Weg einer Bürgerbefragung ein guter.
Am Ende zog Wigbert Schwenke (CDU) den Antrag erst einmal zurück. „Ich gehe davon aus, dass wir den Kompromiss finden werden.“
Klar ist, es soll eine Bürgerbefragung und kein Bürgerentscheid auf den Weg gebracht werden. Eine Bürgerbefragung hat keinen bindenden Charakter für den Stadtrat. Wie die Befragung stattfinden soll, blieb offen. Da sie inklusive Prüfung des Projekts mit dazugehörigem Stadtratsbeschluss einen längeren zeitlichen Vorlauf haben wird, geht man davon aus, dass sie erst 2017 stattfindet – im Jahr des Reformations-Jubiläums.