Magdeburg l Die Bilder aus Uganda hat der Magdeburger Philipp Dahlke jeden Tag vor Augen. Kein Wunder: Im Brillengeschäft der Familie in der Innenstadt laufen auf einem Flachbildschirm an der Wand Fotos in Endlosschleife. Momentaufnahmen von einem besonderen Projekt in Uganda: der 29-Jährige mit seinem Mitstreiter Andreas Fiemel inmitten lachender Kinder; Einheimische bei einem Sehtest in der afrikanischen Provinz; Blick in einen Unterrichtsraum?...
Die Dunkelheit ist das Problem. In den Schulen und den einfachen Unterkünften. Es gibt kaum Licht, nur selten Strom. Das strengt die Augen an – permanent. Und schädigt sie. Fehlsichtigkeit ist ein großes Problem in dem bitterarmen Land. 2,5 Millionen Menschen leben in der Region Rakai an der Grenze zu Tansania. Doch einen Optiker gibt es nicht. Die mittellose Landbevölkerung hat kaum Zugang zu passenden und bezahlbaren Brillen.
Wie schlimm die Lage ist, davon erfuhr der junge Dahlke bei einer Optiker-Tagung. Sein Berufskollege Andreas Fiemel aus Celle berichtete von seiner Reise nach Uganda. „Afrika hat mich schon immer fasziniert. Da hab ich nicht lange überlegt“, erinnert sich Philipp Dahlke. Spontan schloss er sich dem Vision-Aid-Projekt („Helfen zu sehen“) von Fiemel an. Dort mitzumachen, war für den jungen Magdeburger eine logische Entscheidung. Die Optikerfamilie hilft schon länger. Im Geschäft werden Altbrillen, die Elbestädter gespendet haben, wieder aufgearbeitet und nach Afrika geschickt.
Doch das könne immer nur eine Notlösung sein, sagt Philipp Dahlke. So sah das auch sein Kollege Fiemel, der schon häufiger nach Rakai reiste, um auf dem Land Sehtests durchzuführen. 2015 fuhr Philipp Dahlke das erste Mal mit. „Manchmal haben wir nur ein Zelt aufgestellt, am Baum hing die Sehtesttafel, die auch für Analphabeten geeignet ist“, erinnert sich der 29-Jährige.
Schnell war klar, dass auf Dauer reine Brillenspenden aus Deutschland viel zu wenig sein würden. Es war der Beginn für ein Projekt mit Weitblick: Unter dem Dach der Hilfsorganisation Celebrate Hope Ministries (CHM) begann der Aufbau einer Optikerschule. Im März 2016 startete in Ssanje in einem ungenutzten Kaffeelager der erste Unterrichtsblock. Der junge Magdeburger reiste von jetzt an mehrmals im Jahr auf eigene Kosten dorthin, um die 15 Schüler zu unterrichten – in Augenprüfungen und darin, die richtigen Gläser zu finden. Die meisten sind im Alter von 18 bis 21 Jahre. Ohne Job und Ausbildung. Jetzt bekamen sie die Chance, ein Handwerk zu lernen. Einen Beruf, der ihre Familien in Lohn und Brot bringt. „Die haben sich da so reingekniet. Sie wollen einfach nur lernen“, ist Philipp Dahlke begeistert vom Ehrgeiz seiner Schützlinge.
Einen der jungen Azubis unterstützt der Magdeburger zudem mit einer Patenschaft, übernimmt die Kosten u.?a. für Verpflegung und Unterkunft während der Ausbildung. Nach den Prüfungen im Frühjahr 2018 werden die Optiker in die Selbstständigkeit entlassen und für eine bessere Versorgung vor Ort sorgen. Nicht nur das: Dahlke und seine Mitstreiter haben in Deutschland ausrangierte Optikergeräte und Spenden gesammelt. Damit soll in Ssanje 2018 ebenfalls ein Ausbildungszentrum eröffnen. Mit Werkstatt, Brillenshop und Schulungsräumen, so dass die Optiker in Zukunft vor Ort selbst ausbilden können. „Wir begleiten das auch weiterhin“, betont Philipp Dahlke. Längst ist es für ihn nicht mehr nur ein Projekt irgendwo in Afrika. Es sind Freundschaften entstanden.
Die Erlebnisse dort haben ihn zu einem anderen Menschen gemacht, erzählt der lebenslustige Philipp Dahlke und wird dabei nachdenklich. Warmes Wasser auf Abruf, Internet-Flat oder seine geliebten Videospiele – alles nicht mehr so wichtig. „Dort zählen ganz elementare Dinge. Das erdet mich“, sagt er. So wird der 29-Jährige weiter zwischen den Welten wandern und dabei helfen, dass Menschen mit einer passenden Brille auf der Nase endlich ein neues Lebensgefühl bekommen.
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