Magdeburger 2017 Magdeburgerin mobilisiert gegen Rechts
Die Volksstimme-Leser wählen den "Magdeburger des Jahres 2017". Eine der Kandidaten ist Cornelia Habisch, die sich gegen Rechts engagiert.
Magdeburg l Vor zehn Jahren war Magdeburg noch jedes Jahr im Januar mit einem der größten Aufmärsche neonazistischer Kräfte in Deutschland konfrontiert. Über 1000 Rechte riefen ihre Parolen durch die Innenstadt von Magdeburg. Um dem Einhalt zu gebieten, kam Cornelia Habisch bei einem Treffen des Bündnises gegen Rechts im Herbst 2008 die Idee zu einer „Meile der Demokratie“ auf dem Breiten Weg.
„Damit sollte einerseits die Hauptmagistrale der Stadt blockiert werden. Auf der anderen Seite sollte inhaltlich ein starkes Zeichen für Demokratie gesetzt werden“, erinnert sie sich.
Außerdem konnten auch jene einbezogen werden, die sich zwar gegen Rechts engagieren, aber nicht unbedingt zu einer Gegendemo mit ungewissem Ausgang gehen wollten. „Wir haben mit der Meile ein Format geschaffen, an dem sich vom Grundschulkind bis zum Senior alle beteiligen können“, fasst Cornelia Habisch zusammen. Im Kreis der Veranstalter ist sie für die Organisation der Schulmeile und der Bühne am Alten Markt verantwortlich.
2017 marschierten nun erstmals keine Rechten am Jahrestag der Bombardierung Magdeburgs am 16. Januar, die Meile-Besucher hatten die Stadt Magdeburg für sich. Genugtuung habe sie nicht gefühlt, eher Freude darüber, sagt sie.
Direkt in die Wiege gelegt wurde ihr lebenslanges Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zwar nicht. Dennoch hätten ihr die Eltern die entsprechenden Werte vermittelt, so dass sie schon in jungen Jahren in ihrer ursprünglichen Heimat Lüneburg und später in Hannover für diese Anliegen auf die Straße ging.
1995 zog es sie aus beruflichen Gründen nach Magdeburg. Erst arbeitete sie im Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft, mit dem Einzug der DVU in den Landtag 1998 wurde sie in die eigens gegründete Stabsstelle Weltoffenes Sachsen-Anhalt berufen. Seit 2002 ist sie nun bereits bei der Landeszentrale für politische Bildung, leitet dort u. a. das Netzwerk „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“. 136 Schulen in ganz Sachsen-Anhalt nehmen daran mittlerweile teil, sagt sie. Die Schulen seien es auch, die zum Erfolg der Meile maßgeblich beitragen.
Waren es anfangs nur 8 Schulen, die mitmachten, sind es heute über 20. Ihre Aktionen sind immer „besonders gelungen“ und blieben ihr auch am meisten in Erinnerung, wie die „Stolpersteine-Woche“ oder die „Lichtaktion“ der Körperbehindertenschule. Der eine Meile lange Strickschal der Oskar-Kämmer-Schule soll zur nächsten Meile noch einmal zum Einsatz kommen.
Am 20. Januar 2018 soll die 10. Meile der Demokratie stattfinden. Aktuell gibt es emotionale Diskussionen darüber, ob die angekündigte Teilnahme der AfD ein Grund für eine Absage einzelner Vereine sein sollte. Als Vertreterin einer staatlichen Institution ist Cornelia Habisch zu politischer Neutralität verpflichtet. „Wenn sich die AfD anmeldet und den Aufruf unterstützt, darf sie auch teilnehmen, das kann sich der Veranstalter nach dem Versammlungsrecht nicht aussuchen“, sagt sie.
Die 10. Meile der Demokratie wird aber so oder so eine Zäsur einleiten. „Wir müssen gemeinsam überlegen, ob die Magdeburger Zivilgesellschaft unbedingt im Januar zum Anlass der Bombardierung die zentrale Aktivität für eine demokratische, weltoffene Stadt durchführen muss. Nach zehn Jahren kann man ruhig über etwas Neues nachdenken“, meint sie. „Ich fände es nur sehr schade, wenn gar nichts vergleichbares mehr stattfindet“, betont die Ideengeberin. Eine Veranstaltung losgelöst vom Termin und bei wärmeren Temperaturen wäre eine Option.
Angesichts des zunehmenden Populismus ist sie sich sicher: „Demokratisches Engagement ist gefragter denn je.“ Dabei gehe es aber nicht nur um große Aktionen wie die Meile, sondern auch darum, am Kaffeetisch, bei Familienfeiern oder im Sportverein Parolen zu widersprechen. „Wer da immer nur zuhört, braucht sich nicht zu wundern, wenn 1000 Rechte durch die Stadt ziehen“, erklärt Cornelia Habisch.
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