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Unbedingt ansehen: Tipp für die Freizeit Magdeburger beweisen: Franz Kafka hat Humor!

In jedem Fall sehenswert ist ein neues Stück der Kosmos-Reihe, das jetzt im Schauspielhaus ds Theaters Magdeburg Premiere hatte.

Von Martin Rieß Aktualisiert: 29.01.2025, 08:23
„Kosmos#3: Das Naturtheater von Oklahoma“ mit Viktor Bashmakov, Marie-Joelle Blazejewski, Robert Lang und Iris Albrecht steht neu auf dem Spielplan für das Schauspielhaus des Theaters Magdeburg. Geeignet ist das Stück für ein Publikum ab 15 Jahren.
„Kosmos#3: Das Naturtheater von Oklahoma“ mit Viktor Bashmakov, Marie-Joelle Blazejewski, Robert Lang und Iris Albrecht steht neu auf dem Spielplan für das Schauspielhaus des Theaters Magdeburg. Geeignet ist das Stück für ein Publikum ab 15 Jahren. Foto: Dorothea Tuch/TM

Magdeburg - Franz Kafka wird selten als humorvoll wahrgenommen. Seine Werke sind geprägt von düsteren, kafkaesken Themen wie Isolation, Bürokratie und existenzieller Verzweiflung. Dennoch enthalten sie oft eine subtile, absurde und tiefgründige Komik, die leicht übersehen wird. Mit der Premiere von „Kosmos#3: Das Naturtheater von Oklahoma“ am Schauspielhaus des Theaters Magdeburg wagte sich das Ensemble daran, diese humorvollen Aspekte in einer neuen Inszenierung herauszuarbeiten.

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Das „Naturtheater von Oklahoma“ ist kein eigenständiges Werk Kafkas, sondern ein Fragment aus seinem Roman „Der Verschollene“ – auch bekannt als „Amerika“. In diesem Roman beschreibt Kafka einen mysteriösen Ort, an dem angeblich jeder Mensch eine Beschäftigung finden kann. Vanessa Rust, die die Idee zu dem Stück lieferte und das Team zusammenstellte, griff unterstützt von Regisseur Ilario Raschér diesen Schauplatz auf, um ihn zu einem eigenständigen Theatererlebnis auszubauen. Die Handlung konzentriert sich auf eine Protagonistin – gespielt von der aktuellen Förderpreisträgerin Marie-Joelle Blazejewski –, die im Wartebereich des Theaters landet. Dort begegnet sie zunächst zwei weiteren Wartenden – die von Viktor Bashmakov und Robert Lang gespielt werden sowie einer Prüferin, verkörpert von Iris Albrecht.

Bizarre Rituale auf der Magdeburger Bühne

Was zunächst wie eine kafkaeske Bürokratie-Szene wirkt, entwickelt sich schnell zu einem irrwitzigen Tanz aus schrill-bunten Bildern, bizarren Ritualen und irritierenden Übungen. Die Protagonistin wird nach und nach ein Teil dieses absurden Spiels, dessen Ziel und Sinn ihr stets verschlossen bleibt. Ergänzt wird die Inszenierung durch Passagen aus Kafkas anderen Werken, die als Ruhepunkte im schnellen Wechsel der Szenen dienen.

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Das Stück lebt von den vier Darstellern, die mit großer Spielfreude und Energie die kafkaeske Welt zum Leben erwecken. Besonders hervorzuheben ist das Bühnen- und Kostümbild von Vanessa Rust. Die klare Gestaltung, die immer wieder aktiv in die Handlung eingebunden wird, verstärkt den absurden Charakter des Stücks. Diese Inszenierung ist Teil der „Kosmos“-Reihe des Theaters Magdeburg, welche neue Formen der Zusammenarbeit erprobt: Bühnen- und Kostümbildner wie Vanessa Rust übernehmen hier die kreative Leitung und gestalten Produktionen auf ihrer eigenen Perspektive. Dieses Experiment eröffnet spannende neue Möglichkeiten für den Theaterbetrieb. Musikalisch wird das Stück von Markus Paul untermalt, während Jan Voges Videosequenzen beiträgt.

Ein Wermutstropfen in der Inszenierung

Das Video als dramaturgisches Element verleiht der Inszenierung eine zusätzliche Dimension, indem das Publikum den Protagonisten in einer Weise näherkommt, wie dies sonst kaum möglich wäre. Hier kann Intimität und Tuchfühlung geschaffen werden. Mit dem Spiel mit den Schwarz-Weiß-Aufnahmen wird hier die andere Perspektive auf das Bühnengeschehen noch unterstrichen.

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Wie bereits bei anderen Inszenierungen am Theater Magdeburg fiel auch hier auf, dass Ton und Bild bei den Videosequenzen nicht synchron laufen. Gerade zum Ende des Stücks trübt dieses bereits bekannte Problem das ansonsten stimmige Erlebnis.

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Insgesamt mindert dies immerhin nicht die Innovationskraft und den Unterhaltungswert der Inszenierung, die Humor und Nachdenklichkeit gekonnt miteinander verbindet. Mit „Das Naturtheater von Oklahoma“ hat das Theater Magdeburg ein Stück auf die Bühne gebracht, das Kafkas subtile Komik aufdeckt und das Groteske hinter all dem, was uns verschlossen ist und doch irgendwie bis zu einem gewissen Maß denkbar ist, auf kreative Weise beleuchtet. Die Mischung aus Satire auf Rituale und Bürokratie, aus Irritation und visueller Kraft lädt das Publikum dazu ein, Kafkas Werke aus einer neuen Perspektive zu erleben.

Weitere Vorstellungen sind für den 4., 16. und 28. Februar sowie den 14. März jeweils um 19.30 Uhr im Schauspielhaus des Theaters Magdeburg in der Otto-von-Guericke-Straße 64 geplant. Am 4. Februar wird auch ein Nachgespräch angeboten.