Magdeburger des Jahres 2023: Winfried Willems Mit Video: Orgelpunkt - Wo der Dom am schönsten klingt
Die Volksstimme sucht mit ihren Lesern die Magdeburger des Jahres 2023. Zur Wahl steht auch Winfried Willems. Er ist Leiter der Konzertreihe Orgelpunkt im Magdeburger Dom.
Magdeburg - Zuhause ist da, wo der Dom ist. Und wenn dann noch eine der drei Orgeln in dem gotischen Kathedralbau erklingt, verstummen die Sorgen des Alltags.
In den warmen Monaten des Jahres entlocken renommierte Musiker dieser „Königin der Instrumente“ die schönsten Harmonien. Immer sonntags ab 16 Uhr. Für eine Stunde. Jeder, der möchte, kann sich dazusetzen und lauschen. Sich verzaubern lassen von diesem einmaligen Klangbild.
Der Eintritt ist grundsätzlich kostenlos. Das ist das Besondere an der Reihe Orgelpunkt. 19 Konzerte mit mehr als 30 Musikern waren von Mai bis September dieses Jahres zu hören. Bis zu 11.500 Besucher werden alljährlich gezählt.
Seit 2013 ist Winfried Willems (74) künstlerischer und organisatorischer Leiter des Orgelpunktes. Der Staatssekretär a. D. erfüllt die Aufgabe komplett ehrenamtlich. Von der Vorbereitung über die Öffentlichkeitsarbeit bis zur Betreuung der Künstler rund um die Konzerttage.
Unzählige Stunden kommen da zusammen. „Ohne meine Frau Nele könnte ich das nicht leisten“, sagt Willems. Auch auf Domkantor Barry Jordan sowie Kathedralmusiker Matthias Mück war und ist stets Verlass. Sie kümmern sich um die Orgeln, spielen und tragen Sorge, dass diese gut gestimmt sind.
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Konzerte stehen allen offen
Die Konzerte, die beim Orgelpunkt gespielt werden, stehen allen offen. Sie richten sich an Zuhörer, die wenig oder gar nicht konzerterfahren sind. „Es ist keine exklusive Veranstaltung. Es soll ein breites Publikum angesprochen werden und wir wollen die Leute nicht aus dem Dom spielen“, sagt Willems.
Er wählt das Programm mit Bedacht. Die Werke sollen zugänglich sein, nicht zu sehr experimentell. Es brauche kein Fachwissen, um die Musik zu genießen. „Die Leute hören mit dem Herzen.“
Wer einmal die große Schuke-Orgel auf der Westempore so ganz vom Herzen her erlebt hat, kommt wieder. Längst hat sich der Orgelpunkt ein breites Stammpublikum erspielt.
Die Besucher reisen Sonntag für Sonntag nicht nur aus Magdeburg an, sondern ebenso aus den umliegenden Regionen, aus Braunschweig, Hannover oder Berlin. Alle wollen in den Dom, um die Orgel zu hören.
Genau wie die Klänge von Trompete, Saxofon, Fagott, Posaune, Horn oder Klarinette. Diese Orgel-plus-Konzerte hat Winfried Willems etabliert. Unter seiner Leitung hat sich der Orgelpunkt zu einer der bedeutendsten Orgel-Konzertreihen in ganz Europa entwickelt.
Ausgezeichnete Organisten aus dem In- und Ausland wollen im Magdeburger Dom auftreten. 2023 waren etwa Christophe Guida aus Marseille (Frankreich), Martin Setchell aus Christchurch (Neuseeland), Susanna Veerman aus Den Haag (Niederlande) oder Francisco Amaya Martinez aus Valencia (Spanien) dabei.
Alle wollen wiederkommen
Das Künstlerhonorar ist relativ gering. Warum diese trotzdem gerne kommen? „Ganz sicher ziehen die Orgel und der Dom“, sagt Willems. Außerdem genießt die Konzertreihe einen sehr guten Ruf. „Die Musiker werden fast nirgends so gut betreut wie hier.“
Nach ihrer Ankunft – meist ein, zwei Tage vor dem Auftritt – werden sie in Empfang genommen. Für sie ist ein Hotel in der Altstadt gebucht. Nach dem Konzert folgt eine Einladung zum Abendessen. „Es sind schöne Begegnungen. Alle, die hier spielen, sagen, sie wollen wiederkommen.“
Mit Übernahme von Hotel- und Reisekosten kommt bei knapp 20 Konzerten doch eine beträchtliche Rechnung zusammen. Um dennoch die Eintrittsfreiheit gewährleisten zu können, ist die Hilfe von (privaten) Sponsoren erforderlich.
Unterstützung kommt zudem von der Stadt Magdeburg, dem Land Sachsen-Anhalt sowie der Stiftung Kloster Unser Lieben Frauen. Essenziell sind auch die Spenden, die bei den Konzerten anfallen.
Winfried Willems kümmert sich um die Fortsetzung der Förderung sowie das Gewinnen von Sponsoren, sei es von Privatpersonen oder Unternehmen.
Orgelpunkt für 2024 schon vorbereitet
Für den Orgelpunkt im kommenden Jahr hat Willems die Finanzierung bereits abgesichert und die Künstler für die Auftritte gewinnen können. Im Auftrag des Gemeindekirchenrates hat er die Konzertreihe abermals mit Akribie vorbereitet. Ab dem 12. Mai 2024 kann somit wieder an jedem Sonntag ein Orgelkonzert im Dom gehört werden. Bei freiem Eintritt.
Willems wird die Konzerte noch einmal Woche für Woche begleiten. Allerdings bahnt sich ein Wechsel an. Für Willems ist es der letzte Orgelpunkt in Verantwortung. Er übergibt die Leitung an den neuen Domkantor Christian Otto, der im Dezember seinen Dienst antritt. „Ich stehe ihm mit Rat und Tat zur Seite.“
Willems geht im Guten. Er ist selbst Organist. Viele Jahre lang hat er einen regelmäßigen Orgeldienst in St. Sebastian, St. Marienstift, St. Mechthild und St. Petri geleistet. „Ich übe jeden Tag eine Stunde.“ Vor Kurzem musste der Vater von fünf Kindern aber auch dort seinen Abschied verkünden.
Im Grußwort zum diesjährigen Orgelpunkt zitierte Willems den Dirigenten Kurt Masur mit den Worten: „Die Meisterwerke der Musik geben dem Hoffnungslosen Hoffnung, dem Traurigen Mut, dem Einsamen das Gefühl, dass er doch in einer Gemeinschaft lebt.“
Wer zum Orgelpunkt erscheint, kann für eine Stunde Kraft tanken und Harmonie hören. Sonntag ist Domtag. Dass dabei zugleich diese wunderbaren Orgelklänge im Magdeburger Wahrzeichen erschallen, ist dem nachhaltigen Engagement von Winfried Willems zu verdanken.
Kandidat Winfried Willems im Kurzporträt
Alter/Familienstand/Kinder: 74/verheiratet/5 Kinder.
Beruf/Tätigkeit: Leiter der Konzertreihe Orgelpunkt, Oberstudiendirektor i.R., Staatssekretär a. D.
Das mag ich an Magdeburg: Das große und vielfältige kulturelle Angebot, wahrgenommen von einem aufgeschlossenen Publikum. Das Telemann-Zentrum mit Wettbewerben, Konzerten und Forschung. Die vielen städtebaulichen Kleinode, die es zu entdecken gilt.
Hier kann Magdeburg noch besser werden: Magdeburg braucht einen angemessenen Konzertsaal. Es ist die einzige Landeshauptstadt ohne angemessene Konzerthalle. Die Jehmlich-Orgel des Klosters Unser Lieben Frauen braucht nach Anpassung einen überzeugenden Standort, zum Beispiel die Johanniskirche.
Magdeburg ist in zehn Jahren: Eine Stadt voll kulturellen Lebens in allen und auch ungewöhnlichen Formen, international orientiert, ohne Scheu vor kulturellen Investitionen, in den Aktivitäten vernetzt. Eine kleine, Nischen bedienende Hochschule für Kunst und Musik.
Das sagt Stephen Gerhard Stehli, Domgemeindekirchenratsvorsitzender, über Winfried Willems: Er ist ein fester, äußerst beliebter Sonntagnachmittagstermin für die Magdeburger und ihre Gäste, und gleichzeitig eine der erfolgreichsten Konzertreihen in Europa: der Orgelpunkt im Magdeburger Dom.
Mit Geschick und Kreativität hat Winfried Willems den Orgelpunkt in den letzten zehn Jahren zu einem prächtigen Teil der Dommusik ausgebaut mit Organisten und Organisten aus aller Welt, und das bei vollen Zuhörerreihen und stets freiem Eintritt!
So kommt Orgelmusik in der Schönheit unseres Domes zu vielen Menschen, und dafür steht Winfried Willems mit seinem Team.