Magdeburger des Jahres 2024: Theo Herfurt und Robert Kaschner Die Lebensretter
Die Volksstimme sucht die Magdeburger des Jahres 2024. Zur Wahl stehen auch die Polizisten Theo Herfurt und Robert Kaschner, die zu Lebensrettern wurden. Hier geht es zu Porträt und Abstimmung.
Magdeburg. - Friedlich fließt die Elbe in diesen Tagen in ihrem Bett stromabwärts. Das Wasser ist kalt, aber nicht so kalt wie am 14. Januar 2024, als sich dramatische Szenen auf dem Fluss in Magdeburg abspielten und die Polizisten Theo Herfurt und Robert Kaschner zu Lebensrettern wurden.
Es ist etwa 9.40 Uhr an besagtem Sonntag, als der Notruf bei der Rettungsleitstelle eintrifft. Eine Zeugin hatte gemeldet, dass eine hilflose Person in Höhe Mückenwirt in den Fluten treibt. Es herrscht Hochwasser, die Elbe zeigt ihre ganze Naturgewalt, ist teils weit über die Ufer getreten. Das kann der Mann nicht lange überleben ...
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(Kamera: Jana Heute, Schnitt: Anna Lena Giesert)Der Funkspruch erreicht Theo Herfurt und Robert Kaschner im Auto, als sie auf dem Weg nach Rothensee sind. Sie drehen sofort um, fahren zurück zum Stützpunkt der Wasserschutzpolizei auf dem Werder am Fuße der Nordbrücke. Dort angekommen, werfen sie sich nur schnell Rettungswesten über. Zum Ablegen der warmen und schweren Wintersachen, die für die Streife an Land gedacht waren, bleibt keine Zeit.
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Bange Momente
Normalerweise tragen die Polizisten bei ihrem Dienst auf der Elbe spezielle Kälteschutzanzüge. Doch nicht jetzt – jetzt zählt jede Sekunde, denn der hilflose Mann wird vom eisigen Strom auf der Stadtparkseite weiter mitgetrieben. Wenig später erreichen Theo Herfurt und Robert Kaschner mit ihrem Dienstboot den Bereich zwischen Hub- und Sternbrücke, wo er zuletzt gesehen wurde.
Auch die Berufsfeuerwehr mit Boot, die Ortsgruppe Magdeburg des DLRG und von Uferseite Beamte des Polizeireviers Magdeburg eilen herbei. Theo Herfurt und Robert Kaschner sind als erste vor Ort und halten gebannt Ausschau. Nichts!
„Wenn wir ihn in den nächsten Sekunden nicht finden, ist es aus“, wissen die Polizisten. Bange Momente vergehen, dann endlich sehen sie ihn: Robert Kaschner entdeckt im letzten Moment eine Nasenspitze, ein Gesicht im Wasser, das aber gleich wieder verschwindet. Beiden wird klar: Der Mann ist kurz vor dem Ertrinken!
Bootsführer Robert Kaschner navigiert das kleine, wendige Boot zügig zu der Stelle zwischen Sternbrücke und Hyparschale. Der Fluss hat sich hier extrem ausgebreitet, die Wiesen sind überflutet.
Im letzten Augenblick
Als die beiden Polizisten die Stelle erreichen, taucht das Gesicht im Wasser plötzlich wieder auf. Der Mann öffnet die Augen, ringt nach Luft, reagiert aber nicht auf das Ansprechen. In diesem Moment fasst Theo Herfurt den Entschluss: „Du musst da reinspringen, sonst stirbt der Mann!“
Robert Kaschner hält das Boot in der richtigen Position, während Theo Herfurt mit seinen dicken Klamotten und dem Rettungskragen um den Hals in den eiskalten Strom springt.
Die schweren Sachen ziehen an ihm wie ein Stein, der Rettungskragen hat sich automatisch aufgepumpt und raubt ihm die Sicht. Die Muskeln ziehen sich im Eiswasser sofort zusammen. „Darüber denkst du in dem Moment aber nicht nach“, erklärt der sportliche Theo Herfurt. „Ich war einfach nur voll fokussiert“, ergänzt er.
Im buchstäblich letzten Moment bekommt der 31-Jährige den Ertrinkenden zu fassen. Theo Herfurt zieht ihn mit aller Kraft durch die Strömung, durch den ganzen Schlamm und das Gestrüpp in Richtung rettendes Ufer. „Es war das extremste Erlebnis meines Lebens“, sagt Theo Herfurt heute.
Wohl wissend, dass er mit eisigem Wasser keinerlei Erfahrung hat. Doch dieses Risiko geht er ein, um ein Menschenleben zu retten. Zum Glück eilt ein Berufsfeuerwehrtaucher Theo Herfurt zu Hilfe. Gemeinsam hieven sie die fast leblos wirkende Person ans sichere Ufer.
Das gelingt sehr selten
„Nach 24 Stunden erhielten wir die Nachricht, dass der Mann überlebt hat“, berichtet der 33-jährige Robert Kaschner, der mit Theo Herfurt ein eingespieltes Team bildet. Seit 2022 arbeiten die beiden zusammen. Und zusammen haben sie es geschafft, einen Menschen im letzten Augenblick vor dem Ertrinken in der Elbe zu retten.
Das ist „ziemlich einmalig in den letzten Jahren“, weiß ihr Chef Lutz Wendt, Leiter Reviereinsatzdienst bei der Wasserschutzpolizei, die mutige Aktion samt Sprung ins eiskalte Wasser einzuordnen.
Bei einem weiteren Rettungseinsatz am 25. Juli hatten andere Helfer nicht so viel Glück. In Höhe des Schleinufers war eine Person in der Elbe treibend gesichtet worden. Wasserschutzpolizisten sowie Berufsfeuerwehr kämpften dort ebenfalls um das Leben einer älteren Frau, konnten sie auch sichten und bergen. „Für sie kam jedoch jedwede Hilfe zu spät“, berichtet Lutz Wendt. Die Frau verstarb vor Ort.
Und der Mann, der vor ziemlich genau einem Jahr an der Hubbrücke in die Elbe gestürzt war, konnte trotz intensiver Suchmaßnahmen bis heute nicht gefunden werden.
Eine riesige Überraschung
Als großes Glück empfinden es daher Theo Herfurt und Robert Kaschner, dass ihr Einsatz am 14. Januar 2024 Leben retten konnte. „Wir wussten danach erst mal nur, dass der Mann es geschafft hat und sogar ohne gesundheitliche Folgen“, freuten sich die beiden. Und die Erleichterung war groß.
An den Mann gedacht haben sie noch oft. Wie es ihm wohl geht? „Meine letzte Erinnerung war ja, wie wir ihn ans Ufer gezogen haben. Ich konnte kein Wort mit ihm wechseln“, schildert Theo Herfurt.
Dann die riesen Überraschung: Ein paar Wochen später (die Volksstimme hatte über die mutige Tat berichtet) kam der Magdeburger mit seinem Sohn persönlich ins Revier, um sich bei seinen beiden Lebensrettern zu bedanken. Ein unvergesslicher Moment war das für Theo Herfurt und Robert Kaschner. Sie wussten: „Wir haben alles richtig gemacht.“
Die Kandidaten im Kurzporträt
Alter/Familienstand/Kinder: Theo Herfurt (31), Robert Kaschner (33), beide ledig, keine Kinder
Beruf/Tätigkeit: Beide sind Polizeimeister bei der Wasserschutzpolizei in Magdeburg.
Das mögen wir an Magdeburg: Die Lage am Fluss (Theo Herfurt); den Werder, wo ich jahrelang gewohnt habe, u. a. mit dem Theater an der Angel (Robert Kaschner)
Hier kann Magdeburg noch besser werden: Beim Nachtleben mit Freizeit- und Kulturangeboten gerade für jüngere Menschen und entlang der Elbe. Ein paar weniger Straßenbaustellen zeitgleich wären auch schön.
Magdeburg ist in zehn Jahren ... in vielen Stadtteilen eine noch schönere Stadt geworden. So wie Buckau sich in den letzten Jahren vom einst hässlichen Entlein in ein wirklich schönes Wohnquartier entwickelt hat.
Das sagt ein Fürsprecher über die beiden Lebensretter
Lutz Wendt, Leiter Reviereinsatzdienst bei der Wasserschutzpolizei Magdeburg, sagt: „Hut ab für meine beiden Kollegen, die in dieser Situation ihr Leben riskiert haben. Das ist nicht selbstverständlich!“