Abwasser in der Elbe Magdeburger macht widerliche Entdeckung
Nach Regentagen landen Lappen, Feuchttücher und Kondome in der Magdeburger Elbe.
Magdeburg l Idyllische Elbe? Was nach Regenfällen im August 2017 durch Überläufe im Fluss landete, passt so gar nicht ins schöne Bild. Stinkende schwarze Brühe, alte Lappen, Feuchttücher und Kondome schwammen im Wasser. Ein Buckauer Anwohner erstattete Anzeige. Die Wasserschutzpolizei ermittelt.
Thomas Tilsch wohnt in Buckau ganz in Elbnähe. Er spaziert gern mit seiner Lebensgefährtin über die Promenade und hat auch als Freizeitangler eine besondere Bindung zum Fluss. Eher zufällig machte Tilsch Mitte August eine sehr unappetitliche Entdeckung.
An einem Entwässerungsüberlauf in Höhe der Straße An der Elbe, Ecke Elbstraße hatten sich in einem kleinen Steinbecken jede Menge schmutzige Lappen angesammelt. Das war am 11. August. Das Wasser sei schwarz gewesen und habe extrem gestunken. „Wer weiß, womit die Lappen getränkt wurden“, sorgt sich Tilsch.
Solche Lappen habe er jetzt schon häufiger in der Elbe entdeckt. Nachdem er sie auch noch am Buckauer Überlauf sah, erstattete der Magdeburger Anzeige bei der Polizei. Er vermutet aufgrund der Menge, dass die Verunreinigung durch einen Betrieb verursacht worden sein könnte.
Nur eine Woche später, am 18. August, dann der zweite Vorfall. Thomas Tilsch geht am Abend an der Elbe spazieren, als er sieht, wie durch ein weiteres Entwässerungsrohr in Höhe „An der Elbe 3“ nicht nur Regenwasser, sondern auch „Unmengen Fäkalien, Feuchttücher, Kondome etc. in die Elbe geleitet“ werden. Er nimmt einen Schmierfilm und Gestank wahr.
Tilsch hofft nun auf Aufklärung, informierte auch den Anglerverband. Als er von den ersten Ergebnissen der Volksstimme-Recherche hört, reagiert er fassungslos. Wer die schmutzigen Lappen entsorgt hat – diese Frage lässt sich noch nicht beantworten.
Die Wasserschutzpolizei Sachsen-Anhalt hat nach der Anzeige von Thomas Tilsch Ermittlungen aufgenommen, bestätigt der Leiter des Ermittlungsdienstes Jens Wöhlbier. „Wir sind dran, stehen aber noch am Anfang“, so Wöhlbier auf Anfrage.
Im Fall zwei vom 18. August haben die Städtischen Werke Magdeburg (SWM) Stellung bezogen. Es handele sich „um keine illegale Einleitung“, stellt Sprecherin Cornelia Kolberg klar, sondern um Überläufe aus der Mischwasserkanalisation. Die Rede ist von verdünntem, aber ungeklärtem Abwasser.
Das heißt: Im Gegensatz zu reinen Oberflächen- oder reinen Schmutzwasserkanälen werden in einem Mischwasserkanal Regenwasser und die Abwässer aus Haushalten im gleichen Kanal zur Kläranlage geführt. Bei heftigeren Regengüssen werde das Abwasser „stark verdünnt“, wie Kolberg betont.
Doch es kann passieren, dass der Kanal randvoll ist. Überschüssiges Abwasser werde in solchen Fällen in die Elbe eingeleitet, „da das Kanalnetz nur eine bestimmte Abflussmenge weiterleiten kann, die im Klärwerk Magdeburg/Gerwisch behandelt werden kann“, so Kolberg weiter. Aufgrund der langen Fließzeit im Kanalnetz, auch aus anderen Stadtteilen, könne der Abfluss in die Elbe noch ein paar Tage später erfolgen.
Solche Überläufe für Regen- und Mischwasser gibt es an mehreren Stellen entlang der Magdeburger Elbe. Und auch im August wurden offenbar aufgrund starker Regenfälle Abwasser aus dem Mischwasserkanal in den Fluss eingeleitet.
Die SWM-Sprecherin betont, dass für alle Regenüberläufe Erlaubnisse vorlägen. Auch die Einleitung am 18. August sei „genehmigungskonform“ gewesen. Das eingeleitete Mischwasser werde „infolge der Selbstreinigung der Gewässer“ (die Elbe sei „sehr leistungsfähig“) gut abgebaut und stelle somit „keine erhöhte Umweltbelastung dar“.
Allerdings dürften keine unzulässigen Abfälle über die Toilette entsorgt werden. Aber genau das ist das Problem, über das die Volksstimme bereits im Juli 2017 berichtet hatte. Immer wieder werfen Magdeburger Abfälle ins WC, die dort nichts zu suchen haben. So gelangen letztlich auch Feuchttücher, Kondome, Verbandsmaterial usw. direkt in der Elbe.
Für Anwohner Thomas Tilsch ein Unding. „Wir heben bei anderen Ländern in Sachen Umweltschutz den moralischen Zeigefinger; versuchen, den Lachs in der Elbe wieder anzusiedeln und dann wird so etwas geduldet?“ Tilsch ist fassungslos. „Wenn die Schwimmstaffel neulich gewusst hätte, dass sie in Magdeburg durch Fäkalien schwimmt – ich weiß ja nicht“, meint er ironisch. Und will auf jeden Fall weiter für eine saubere Elbe kämpfen.