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Unerwartete diagnose Wenn die Bandscheibe schmerzt und der Körper steif wird - Patient berichtet aus seinem Leben mit Parkinson

Der Magdeburger Ingolf Thiemann kämpft seit 2016 mit der Erkrankung Parkinson. Wie sein Alltag aussieht, welche Herausforderungen es gibt und welche Rolle Sport für den 64-Jährigen jetzt zählt.

Von Lena Bellon Aktualisiert: 13.06.2024, 10:54
Parkinson: Ein Untergang von Nervenzellen im Gehirn. Ein Magdeburger beschreibt, wie er damit lebt.
Parkinson: Ein Untergang von Nervenzellen im Gehirn. Ein Magdeburger beschreibt, wie er damit lebt. Symbolfoto: Orawan/stock.adobe.com

Magdeburg - Die Hände zittern ab und zu, er riecht und schmeckt weniger und eine Runde im Barleber See schwimmen klappt auch nicht mehr so gut wie früher. Der Magdeburger Ingolf Thiemann hat mit 56 Jahren die Diagnose Parkinson erhalten.

Heute, acht Jahre später, hat er Wege gefunden, mit der Krankheit umzugehen – das habe jedoch eine Weile gedauert.

Lesen Sie hier: Was Parkinson mit Demenz und Depressionen zu tun hat

„Parkinson ist eine Krankheit, mit der man nicht rechnet“, sagt der Magdeburger. „Ich hatte schon früher immer wieder Probleme mit der Bandscheibe und hatte diese Steifigkeit im Körper. Aber das kann eben auch ein Anzeichen für Parkinson sein.“

Der Magdeburger Ingolf Thiemann bekam vor acht Jahren die Diagnose Parkinson.
Der Magdeburger Ingolf Thiemann bekam vor acht Jahren die Diagnose Parkinson.
Foto: Lena Bellon

Das habe er zuvor jedoch nicht gewusst, kannte die Symptome der Erkrankung kaum. Ein Test hat ihm dann Klarheit verschafft.

Parkinson-Symptome: Eingeschränkte Motorik

Da viele Betroffene mit sehr individuellen Symptomen konfrontiert sind, sei der Austausch untereinander so wichtig, wie Thiemann erklärt. Seit sieben Jahren ist er daher Mitglied bei der Parkinson-Selbsthilfegruppe in Nordwest und leitet sie inzwischen. „Jeder hat sein eigenes Parkinson, es ist eine sehr individuelle Krankheit“, sagt der 64-Jährige. Bei ihm äußert sich die Krankheit vor allem darin, dass er jede Bewegung genauer überlegen muss: „Die Motorik arbeitet nicht mehr wie gewohnt. Ich muss mehr auf mein Gleichgewicht achten, tue vieles behutsamer.“ Besonders beim Schwimmen bemerke er seine Krankheit – daher würde er sich oft in der Nähe des Beckenrandes aufhalten.

Von sportlichen Aktivitäten lasse er sich durch seine Krankheit nicht aufhalten – im Gegenteil: „Ich war vorher nicht so sportlich. Ich habe einfach keine Notwendigkeit gesehen.“ Mittlerweile gehe er regelmäßig ins Fitnessstudio, mache wöchentlich Nordic Walking und treffe sich mit einer Gruppe zum Tischtennis für Parkinson-Betroffene – kurz: Ping-Pong-Parkinson.

Tischtennis hilft bei Parkinson

Pingpong fördere die Motorik, die Beweglichkeit, das Reaktions- und Konzentrationsvermögen sowie den Gleichgewichtssinn bei Parkinson-Patienten. Eine Studie aus Japan hat 2020 belegt, dass Pingpong eine „vielversprechende Form der Physiotherapie für Parkinson-Patienten“ ist.

In seinen vier Wänden habe Ingolf Thiemann ebenfalls Veränderungen vorgenommen, um dort besser mit seiner Erkrankung leben zu können: „Ich stolpere schneller. Meine Teppiche mit den gefährlichen Teppichkanten musste ich größtenteils entfernen“, sagt er.

Männer rutschen schneller in die Isolation als Frauen

Die viele Bewegung täte ihm gut und sorge nicht nur dafür, dass er körperlich fit bleibt, sondern auch dafür, dass er nicht in die Isolation gerät. Viele Betroffene würden durch ihre eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit oft nicht mehr oder nur noch selten vor die Tür gehen. Daher sei die Selbsthilfegruppe auch so wichtig: „Wir tauschen uns aus, trinken Kaffee zusammen und haben oft auch Fachvorträge rund um Parkinson.“

Seiner Erfahrung nach seien Frauen tendenziell besser darin, auch mit ihrer Diagnose noch soziale Kontakte und den Austausch zu suchen – Männer würden schneller in die Isolation rutschen: „Ich bin auch nur zur Gruppe gekommen, weil meine Frau mir den Anstoß dazu gegeben hat.“

Viele Betroffene müssen ihren Job aufgeben

Viele Betroffene müssten nämlich auch ihre Arbeit aufgeben, wie der Leiter der Gruppe weiß. Er habe lange auf dem Bau gearbeitet, anschließend als Hausmeister, weil seine Bandscheiben die Arbeit auf dem Bau bereits erschwert hätten. Mittlerweile sei er „erwerbsminimiert“ – die volle Leistung könne er nicht mehr bringen.

Auch Berufe, die nicht handwerklich sind aber beispielsweise die Nutzung einer Tastatur voraussetzen, könnten oft nicht beibehalten werden. „Trotz der Einschränkung darf man nicht die Flinte ins Korn werfen. Wenn das eine Hobby nicht mehr funktioniert, kann man sich eine andere Beschäftigung suchen“, sagt der Leiter der Magdeburger Selbsthilfegruppe.

Die Selbsthilfegruppe Parkinson in Magdeburg

Die Parkinson-Selbsthilfegruppe trifft sich im Offenen Treff in Magdeburg-Nordwest an der Hugo-Junkers-Allee 54a. Rund 20 Mitglieder kommen aktuell regelmäßig zu den Treffen. Neue Teilnehmer sind auch spontan willkommen. Die Gruppe trifft sich jeden dritten Mittwoch im Monat immer um 14 Uhr. Neben Austausch und gemeinsamem Kaffeetrinken finden regelmäßig Fachvorträge statt.