Norbertusgymnasium Magdeburger Schauspieler wollen Demokratie an Schüler vermitteln
Das neue Theaterstück „Antigone 4.0“ ist mit Magdeburger Schülern entstanden und soll jungen Menschen Theater und Demokratie näherbringen. Zwei Magdeburger wollen das mit Hilfe eines Zoom-Meetings erlebbar machen.
Magdeburg - Das klassische Stück Antigone, die Tragödie von Sophokles, die 400 vor Christus erstmals aufgeführt wurde, begeistert heute mit veralteter Sprache und niemals endenden Erzählsträngen kaum noch ein junges Publikum. Trotzdem wurde es am Norbertusgymnasium in die Aula gebracht. Jedoch die Variante „Antigone 4.0“.
Das neue Stück wurde zusammen mit Zwölftklässlern des Magdeburger Domgymnasiums konstruiert, wie Thomas Wiesenberg erklärt. Er ist Schauspieler sowie künstlerischer Leiter des Stücks und steht zu Beginn der Schulstunde vor rund 100 Jugendlichen ganz alleine. Während die Schüler das traditionelle Stück erwarteten, fängt Thomas Wiesenberg an zu telefonieren: „Wo bist du denn? Du solltest doch zum Norbertusgymnasium kommen.“ Später wird klar, dass das Telefonat bereits zum Stück gehört.
Schauspiel per Zoom in Magdeburg
Sein Schauspiel-Partner Tobias Hübsch ist per Zoom live zugeschaltet. Seine Rolle: Ein verschlafener, verkaterter Kollege, der das antike Stück für größtenteils überholt hält und mit Kaffee in der Hand ein paar Anmerkungen in die Kamera spricht, während Thomas Wiesenberg zu Beginn noch an seiner Version festhalten will.
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Bei den Oberstufenschülern kommt das an: Die beiden Magdeburger Männer ernten Lacher und Applaus. Das sei auch eins der Hauptziele des Stücks gewesen. „Es gibt nichts Schlimmeres, als in die gelangweilten und müden Gesichter des Publikums zu schauen“, sagt Wiesenberg.
Demokratie ist Thema in Schule
Daher sei ihm das Mitwirken junger Menschen für das Stück so wichtig gewesen. Aber nicht nur die Unterhaltung der Heranwachsenden sollte mit dem Stück abgesichert werden. Sie wollen mit „Antigone 4.0“ auch Politik in die Klassenräume bringen.
Inhaltlich geht es nämlich auch viel um den Begriff der Demokratie und wie sich die Gesellschaft mit jeder neuen Generation verändert. „Der Begriff wird zu oft genutzt und gar nicht mehr erlebbar gemacht“, sagt Wiesenberg. „Wir wollen den Jugendlichen nicht das nächste Arbeitsblatt dazu geben, sondern mit ihnen in den Dialog gehen.“
Konflikt der Generationen
In ihrem Stück werden, obwohl es sich eigentlich um Antigone handeln soll, viele zeitgemäße Themen aufgegriffen: Fridays for Future, Mobbing, sich mit Pronomen vorstellen oder Terror sind nur einige davon. Auch das strenge Festhalten an bestehenden Regeln wird thematisiert. Wovon kann man sich verabschieden? Was muss bestehen bleiben? Diese Fragen werden nicht nur in Bezug auf Theater aufgegriffen.
Durch einige Zusammenschnitte aus den Nachrichten zeigen sie ihrem jungen Publikum auch, dass sich vieles in jeder Generation wiederholt, dass junge Menschen schon immer Widerstand geleistet haben. Ein Zitat von Sokrates entkräftet auch die Stimmen, die die neue Generation zu faul oder „verweichlicht“ finden: „Die Jugend von heute hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität und schwatzt, wo sie arbeiten sollte.“
Magdeburger Schüler mögen Humor
Es zeige, dass diese Vorwürfe an die nächste Generation nicht neu sind, sondern sich stetig wiederholen. „Ich sehe ein großes Problem darin, dass sich keiner mehr zuhört“, sagt Tobias Hübsch. Er ist nicht nur Teil der 45-minütigen Aufführung, sondern auch Theaterpädagoge in der Neustädter Villa Wertvoll. Während der Pandemie sei ihm das besondern aufgefallen: „Alle haben irgendwelche Argumente und Fakten, aber hören nicht richtig hin, wenn andere sprechen.“ Dabei sei gerade das so wichtig. Sein Kollege ergänzt: „Der Mensch sollte wieder mehr interessieren als die Meinung. Dass die Meinung des Gegenübers an erster Stelle steht, wollen wir wieder aufbrechen.“
In einer kurzen Interaktion mit den Schülern wollen Thomas Wiesenberg und Tobias Hübsch wissen: Wann habt ihr zuletzt Verantwortung für euch selbst oder jemand anderen übernommen? Steht ihr manchmal für euch oder andere ein? Ein Blick in die Aula zeigt, dass die Mehrzahl der Schüler sich mindestens mit einer der Fragen identifizieren kann. Das Mitmachen habe auch den Jugendlichen gefallen. „Ich hatte etwas ganz anderes erwartet und war positiv überrascht. Es war echt lustig“, sagt Thure Hartmann, Schüler des Gymnasiums. Seine Mitschülerin Jasmin Still ergänzt: „Es hat gezeigt, dass man auch bei Comedy etwas lernen kann.“