Kunst Magdeburg Max Grimm bringt Magd in die Ukraine
Der Maler Max Grimm aus Magdeburg bringt die Magdeburger Jungfrau in die Ukraine.
Magdeburg l Wenn der Magdeburger Max Grimm zu Pinsel und Farbe greift, geht es ihm vor allem auch darum, dass seine Kunst für alle zugänglich und für jeden erschwinglich ist. „Natürlich male ich auch mal ein großes Bild, das mehr kostet“, sagt er. Aber auch viele kleine Arbeiten und Siebdrucke hat er schon erschaffen – und die seien auch für den kleinen Geldbeutel zu haben.
Umso schöner ist es für den Magdeburger, wenn er Wandbilder gestalten kann, die von vornherein allen zugänglich sind. In Magdeburg hat er sich bereits an mehreren Orten verewigt. Das wohl bekannteste Werk von seiner Hand ist die Gestaltung der Häuserfassaden entlang der Schönebecker Straße zwischen Warschauer und Budenbergstraße.
Nun gestaltet er wieder eine Fassade und nimmt dafür eine weite Reise auf sich. Denn die Fassade steht nicht in Magdeburg, sondern in der etwa 2000 Kilometer entfernten ukrainischen Partnerstadt Saporoshje, die mehr als 700.000 Einwohner zählt und als sechstgrößte Stadt der Ukraine gilt. Die Aufregung stieg vor der Abreise. Die Ukraine sei kein Land, über das er viel wisse. Und so dürfte die Reise voller Überraschungen stecken.
Über das Kulturbüro der Landeshauptstadt war Grimm dazu eingeladen worden, sich ein Wandbild zu überlegen. Das große Thema lautet „Bauhaus“. Sich dazu etwas auszudenken, sei gar nicht so einfach gewesen, erzählt er. Denn eigentlich ist Max Grimm ein Künstler, der weniger thematisch und mit konkreten Konzepten arbeitet. Er sei eher intuitiv: „Ich bringe auf die Leinwand, was mir so in den Kopf kommt.“
Doch als er sich mit dem Bauhaus beschäftigt hat, ist er auf das Triadische Ballett von Oskar Schlemmer gestoßen. Und das passte in die Bilderwelt von Max Grimm. Kurzerhand entlehnte er die Ballett-Figuren und gab auch der Magdeburger Jungfrau ein Bauhaus-Kostüm in den klassischen Farben Rot, Gelb und Blau. Ebenso tauchen in der Skizze der Magdeburger Flugzeugpionier Hans Grade und der Schelm Till Eulenspiegel auf, außerdem eine Reihe von Sehenswürdigkeiten wie der Albinmüllerturm, der Jahrtausendturm, das Hundertwasserhaus und die Sternbrücke mit der Elbe, die der Künstler als verbindendes Moment sieht. Schließlich gibt es auch in Saporoshje einen Fluss, das hatte er bereits in Erfahrung gebracht.
Bis zum 10. Oktober 2019 will er seine Skizze auf die Fassade übertragen. Aber auch der Austausch mit anderen Künstlern ist geplant. „Schön wäre es, wenn auch ein Künstler aus Saporoshje nach Magdeburg kommen würde und hier im Atelier mit arbeiten würde“, sagt Max Grimm. Denn gerade für einen Künstler, der zum Großteil für sich arbeitet, sei Austausch immer schön.
Max Grimms Tagesablauf unterscheidet sich dabei übrigens nicht wesentlich von dem eines Büroangestellten. Morgens bringt er sein Kind in die Kita, danach fährt er in sein Atelier in den Tessenow-Garagen, arbeitet dort bis zum Nachmittag und strebt einen Feierabend gegen 17 Uhr an. Ähnlich wie vielleicht der Büroangestellte ist auch er manchmal genervt von Anrufen oder Terminen, die ihn von der eigentlichen schöpferischen Tätigkeit abhalten. Kurz vor der Abreise in die Ukraine bereitete er gerade Ausstellungen in Havelberg und Witten vor. Das gehört eben dazu: „Wenn du was erreichen willst mit der Kunst, musst du aufstehen und was machen“, sagt er.
Reisen bietet ihm dabei Inspiration, eine Möglichkeit, Ideen zu sammeln, „auch wenn man sie erst viel später umsetzt“. In Nashville war er bereits, auch in Le Havre, und mehrere Monate in Südafrika: „Das war schon toll.“
Seiner Heimatstadt Magdeburg gänzlich den Rücken zu kehren, kommt für ihn vorerst nicht infrage. „Ein paar kreative Köpfe müssen doch hierbleiben“, sagt der Grafikdesigner, der sich nach seiner Ausbildung selbstständig machte. Viel gelernt hat er auch von seinem Vater, der ebenfalls Grafikdesigner ist. „Papier und Stifte waren immer da“, erinnert er sich. Und so hat er schon als Kind im Altelier des Vaters gemalt.
Magdeburg sei „keine schlechte Stadt“; früher vielleicht, „aber inzwischen ist hier so viel los, dass man manchmal nicht weiß, was man zuerst machen soll“, findet Grimm. Trotzdem sei sie überschaubar und biete gute Arbeitsmöglichkeiten, die es in anderen Städten nicht gebe. Er wisse von Berliner Künstlern, die ständig umziehen müssten, weil wieder Atelierhäuser geschlossen wurden. Es gebe sogar Künstler, die über einen Wechsel nach Magdeburg nachdenken würden, weil es hier noch Räume gebe. In Magdeburg werden diese Lücken wahrscheinlich bleiben, vermutet Grimm, „hier wird so viel Neues gebaut“. Er würde sich jedenfalls freuen, wenn sich die Magdeburger Kunstszene noch erweitern würde.
Klar sei aber auch, dass Magdeburg eine Arbeiterstadt war, das Interesse an Kunst daher geringer sei. „Aber das wandelt sich gerade“, ist er sicher. Was Magdeburg braucht, wäre seiner Ansicht nach eine Kunsthochschule oder Ähnliches.
Was Max Grimm wundert, ist das scheinbar omnipräsente Gerede von der Work-Live-Balance. „Das bedeutet ja, dass das Arbeiten nicht zum Leben gehört“, sagt er. Vielleicht habe es damit zu tun, dass sich alles immer um Effektivität dreht, vermutet er, „aber es ist doch auch schön, einfach mal ganz entspannt zu arbeiten“. Seiner Ansicht nach ist Effektivität das Gegenteil von Entspannung.
Froh sei er, dass er einen Beruf hat, der ihm den Freiraum dieses entspannten Arbeitens lässt – mit allem Für und Wider. Denn die Freiheit heißt manchmal auch, mit wenig auskommen zu müssen. Bislang habe sich jedoch immer wieder eine neue Möglichkeit ergeben – wie jetzt die, in die ukrainische Partnerstadt zu reisen.