Abriss Mit dem Waldhof geht ein Stück Heimat
Der Waldhof in Magdeburg, Neu-Olvenstedt, ist abgerissen worden. Das sorgt für Unmut. Am Bau befanden sich Kunstwerke.
Magdeburg l „Ich verstehe das nicht. Der Waldhof hat doch niemanden gestört. Im Gegenteil – er ist als Nachbarschaftstreff über Jahrzehnte genutzt worden. Solch einen Bau findet man nur hier“, so eine Bewohnerin von Neu-Olvenstedt beim Blick auf einen großen Schuttberg. Bis Dienstag stand hier auf dem Hinterhof der Hans-Grade-Straße 3-24 noch ein Flachbau, der in den 1980er Jahren mit der Errichtung der Neubauten im westlichen Wohngebiet im Wohnquartier integriert wurde. Das Objekt, das wie die für den Stadtteil typischen Mehrgeschosser im industriellen Baustil (auch als Plattenbau bekannt) errichtet wurde, ist vom Künstlerpaar Annedore und Wolfgang Policek gestaltet worden. Der Waldhof gilt, oder besser galt, als eines der bekanntesten Beispiele für die sogenannte Kunst am Bau bzw. Kunst im öffentlichen Raum, die bei der Entstehung von Neu-Olvenstedt an Wohnbauten und Wegen und auf Plätzen wie dem Marktbereich „Olven I“ mit entstand. Nun ist er abgerissen worden.
Die Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) Magdeburg-Stadtfeld, kurz „Die Stadtfelder“, kündigte die Maßnahme im Mietermagazin an und schuf nun Tatsachen. Anwohner des Quartiers wurden vorab durch Aushänge informiert. Begründet wird der Schritt mit einer zu aufwendigen Sanierung, die für eine Wiederbelebung des in die Jahre gekommenen Baus notwendig gewesen wäre. Von einer sechsstelligen Summe ist die Rede. „Das Objekt wies bauliche Mängel auf. Bei einer Untersuchung des Bodens haben wir festgestellt, dass eines der bei der Errichtung verwendeten Materialien schimmelte“, so WBG-Vorstand Frank Rückriem gegenüber der Volksstimme. Seit längerem hätten Anwohner einen unangenehmen Geruch festgestellt, dessen Ursache bei einer genaueren Analyse schließlich im Bodenbereich des Flachbaus lokalisiert wurde. Rückriem führt auch an, dass das Objekt in zurückliegenden Jahren kaum noch vermietet wurde. Zu gering sei das Interesse gewesen. „Die Vermietungen waren nie kostendeckend“, so der Vorstand.
Mit dem durch den Abriss gewonnenen Platz soll der Innenhofbereich neu gestaltet werden: Es ist ein zusätzlicher Weg geplant sowie eine neue Feuerwehrzufahrt. „Außerdem werden wir nun einen echten Waldhof schaffen: Wir werden Bäume pflanzen, die den Gedanken des Kunstwerks, das nun gewichen ist, aufnimmt“, so Rückriem. Diese sollen im Herbst gepflanzt werden. Die Feuerwehrzufahrt geht einher mit einem Umbau des Vorderbereiches der Hans-Grade-Straße 24, der nach dem Osterwochenende beginnen soll.
Die Genossenschaft stand seit dem Abriss des bauähnlichen Nachbarschaftstreffs „Fliederhof“ an der Johannes-Göderitz-Straße unter Beobachtung, wenn man so will. Im Mai 2013 kamen Rettungsversuche des grünen Klinkerbaus zu spät, die von Aktivisten aus dem Stadtteil unternommen wurden. Die Kritik lautete damals, zu spät über die Pläne informiert worden zu sein. „Auch jetzt kam jeder Versuch zu spät“, so Künstler Bruno Groth, der einst an der Gestaltung der Kunst am Bau in Neu-Olvenstedt maßgeblich mitwirkte. Daher sei er wieder enttäuscht. „Ich habe mit einem Unternehmen in Kontakt gestanden, um wenigstens eine der Platten des Waldhofes sichern zu können. Doch da waren sie schon zertrümmert worden. Nun muss ich das Annedore Policek irgendwie beibringen“, so Groth.
Damals wie heute hätten "Die Stadtfelder" Rettungsversuche zugelassen, so Rückriem: „Doch logistisch ist der Abtransport der mehrere Tonnen schweren Teile eine zu große Herausforderung. Zudem gibt es keine Planungen, was mit ihnen künftig geschehen soll.“ Und nein, der Abriss habe keiner Genehmigungspflicht unterstanden.