Schulprojekt Neue Gedenktafel am „Mauerstück“ in Magdeburg erinnert an Opfer des Eisernen Vorhangs
Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums befassen sich mit Magdeburger Schicksalen

Magdeburg - Die Klasse 10/4 des Geschwister-Scholl-Gymnasiums beschäftigte sich im Geschichtsunterricht unter anderem mit der Mauerzeit und DDR. Da die Schüler sehr interessiert gewesen sind, entstand das Projekt „Gedenktafel für Magdeburger Maueropfer“, sagt Geschichtslehrerin Heike Mückenheim. Diese Woche präsentierten die Schüler ihren Entwurf für die Gedenktafel am Fuße des Mauerstückes in der Lothar-Kreyssig-Straße. Zusammen mit dem Stadtarchiv begaben sich die Schüler auf die Suche nach Opfern des Eisernen Vorhangs in der Zeit von 1949 bis 1989. Zu diesem Themenkomplex habe es etliches Material gegeben. Die Schüler wurden in Gruppen eingeteilt und so wurden die einzelnen, Schicksale der Maueropfer herausgearbeitet und eine Biografie geschrieben. Etwa ein Vierteljahr habe die Ausarbeitung gedauert, sagt die Lehrerin.
Opfer sollten Bezug zu Magdeburg haben
„Es gibt so vielfältige Lebensschicksale. Nicht nur Menschen, die bei Fluchtversuchen gestorben sind, sondern auch Grenzsoldaten, die dem psychischen Druck nicht aushalten konnten“, sagt Christoph Volkmar, Leiter des Stadtarchivs. Unter den zahlreichen Opfern, die es während dieser Zeit gegeben hat, musste daher eingegrenzt werden. Die Schüler erklärten, dass sie sich bei der Suche auf bestimmte Kriterien konzentriert haben. Die Menschen sollten vor allem einen Bezug zu Magdeburg haben. Ebenso wurden Personen ausgewählt, die durch einen Fluchtversuch zu Tode gekommen sind oder die Suizid begangen haben. Hierbei wurde jedoch beachtet, dass der Selbstmord aufgrund des politischen Kontextes geschehen ist.
So versuchte zum Beispiel Hans-Peter Mielau in die Bundesrepublik zu fliehen, erzählten die Schüler. 1948 sei er mit seiner Familie nach Magdeburg, dann aufgrund seines Studiums nach Greifswald gezogen. Er besuchte regelmäßig seine Eltern in Magdeburg, doch nach einem seiner Besuche sei er nicht zurück nach Greifswald gefahren.
In der Nacht vom 19. zum 20. März 1962 habe er den Versuch, mit seinem Freund Klaus Kühne durch die Elbe aus der DDR zu tauchen, unternommen. Ein Streifenboot habe ihn jedoch entdeckt und Schüsse auf ihn abgegeben. Seine Leiche sei später am Ufer gefunden worden - er soll ertrunken sein. Dieses Schicksal ist nur eines von zahlreichen weiteren.
Insgesamt 14 Namen sollen auf der Gedenktafel eingraviert werden. „Das Projekt war wirklich sehr lehrreich“, sind sich die Schüler einig. Es schwang aber auch beim Aufarbeiten der einzelnen Schicksale immer ein trauriger Gedanke mit. Dennoch sei es für die Klasse wichtig, an die Maueropfer zu erinnern und unter anderem ein Zeichen für Freiheit zu setzen.
Das Projekt wurde in Anlehnung an das „Zeitstrahl“-Projekt durchgeführt. 2011 hatte sich die Integrierte Gesamtschule „Willy Brandt“ des Projekts angenommen. Der Zeitstrahl und die Gedenktafel sollen voraussichtlich noch in diesem Jahr in der Lothar- Kreyssig-Straße zu sehen sein, sagt Matthias Lerm vom Stadtplanungsamt. Für den Zeitstrahl sei eine Beschriftung des Gehweges mit den wichtigsten Geschehnissen vom Mauerbau bis hin zum Mauerfall vorgesehen.