Tourismus Neuer Kunstpfad in Magdeburg führt an Teufeln, Nackten und Schelmen vorbei
Wer Sport und Bildung verbinden will, kann das jetzt in Magdeburg tun. Mit der Eröffnung eines Heinrich-Apel-Weges sind auf einer elf Kilometer langen Strecke rund 30 Werke des Künstlers zu entdecken.
Magdeburg - Heinrich Apel (1935 bis 2020) hat im Magdeburger Stadtbild seine Spuren wie kaum ein anderer Künstler hinterlassen. Drückt man die Klinken zu Dom und Kloster, berührt man seine Kunst. Steht man vorm Rathaus, blickt man auf eine von ihm gestaltete Tür mit Motiven aus der Stadtgeschichte. Spaziert man durch die Leiterstraße, steht man unweigerlich vor einem seiner bekanntesten Kunstwerke: dem Faunbrunnen.
Genau dort wurde gestern ein Band von Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) und Klaus E. Beyer von der Wanderbewegung durchschnitten. Mit dem Akt wurde symbolisch der Heinrich-Apel-Wanderweg durch die Elbestadt freigegeben. Auf einer Tour von rund elf Kilometern führt die Strecke an rund 30 Kunstwerken im öffentlichen Raum vorbei. Bis auf einige wenige Kunstwerke, die etwas abseits wie in Olvenstedt liegen, bekommt jeder auf der Tour einen großen Überblick über den künstlerischen Nachlass von Heinrich Apel.
Klare Kanten und zeitlos modern
Er selbst hat die Einweihung des Weges auf Initiative der Wanderbewegung Magdeburg nicht mehr miterlebt. Vor knapp einem Jahr war der Künstler verstorben. Hinterlassen hat er Hunderte Werke, die nicht nur Kunstkenner wiedererkennen dürften.
Werke von Apel verfügen über eine ganz besondere Formensprache. Neben Motiven zu ernsten Themen (Rettungstat des sowjetischen Hauptmanns Belikow an der Reuterallee, der ein aus dem Fenster gestürztes Kind auffing) kommen viele Werke schelmisch, verschmitzt, ja mitunter etwas frivol daher. Klare Kanten und Linien, zeitlos modern und irgendwie mit einem Augenzwinkern ausgestattet, sind in vielen Werken von Apel zu sehen und strahlen zurück.
Den besten Beweis lieferte er mit dem Auftragswerk für die in den 1980er Jahren umgestaltete Leiterstraße. Sie war bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg eine der belebtesten Straßen der Stadt und sollte es nach sozialistischer Wiederaufbauweise erneut werden. Dazu beitragen sollte Apels Faunbrunnen. Ein Kessel, an dem sich an Teufel erinnernde Fantasiegestalten mit nackten Hintern tummeln. Deshalb kennen die meisten Magdeburger eines der größten Apel-Kunstwerke als Teufelsbrunnen statt als Faunbrunnen mit seinen Mischwesen aus Mensch und Tier.
Apel aber hat geschafft, was beabsichtigt war: Der Springbrunnen war und ist ein Magnet. Kinder spritzen sich mit Wasser voll und erklimmen den Kessel über eine integrierte Leiter. Erwachsene finden Fotomotive.
Folgerichtig ist der Brunnen der Startpunkt für den Heinrich-Apel-Weg. Das Areal ringsum firmiert auf Ratsbeschluss seit kurzem sogar als Heinrich-Apel-Platz. Die Wanderbewegung war es auch, die die Anregung von ihrem Mitglied Inge Wilhelm aufgriff und Konzept und Umsetzung vorantrieb.
Broschüre gibt Überblick über Stadt-Touren
Vorläufiger Höhepunkt war die gestrige Freigabe, mit der sich gleich 50 Mitglieder der Wanderbewegung und Gäste auf Schusters Rappen auf die Kunsttour begaben.
„Wir hoffen, dass ihnen viele nacheifern“, erklärte Hardy Puls von der Magdeburger Tourismus GmbH. Die städtische Gesellschaft baute den Wanderweg in ihre touristischen Angebote ebenso wie die Magdeburger Stadtführer ein, betonte deren Vorsitzender Jochen Klapperstück. Die Eröffnung passe genau in die Zeit, in der der Tourismus nach der Pandemie wieder auflebe, betonte Tourismus-Manager Hardy Puls weiter. Die Gästezahlen befänden sich schon fast wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie, so Puls. Unterstützend für den Apel-Weg hat die Magdeburger Tourismus GmbH eine Broschüre unter dem Titel „Otto geht wandern“ aufgelegt, die sich mit ihrem Namen an die beiden Stadtväter Otto von Guericke (1602 bis 1686, Bürgermeister) und Otto I. (912 bis 973, Kaiser) anlehnt, die zu ihren Lebzeiten Magdeburg förderten. Zu ihren Erben gehört – zumindest was die Kunst angeht – auch Heinrich Apel. Sein Vermächtnis ist mit dem Wanderweg nun noch präsenter als ohnehin schon. Wer also sportliche Bewegung und kulturelle Bildung miteinander verbinden will, ist auf dem richtigen Weg.
Wie der zuletzt zurückgezogen lebende Apel diese posthume Ehrung bewertet hätte, ist Spekulation. Die Vermutung liegt aber nahe, dass er es wie viele seiner Werke mit einer verschmitzt lächelnden Grundhaltung getan hätte.