Tierrisse Neuer Wolfsverdacht in Magdeburg
In Magdeburg-Buckau, nahe der Siedlung Am Wasserwerk, sind mehrfach Rehkadaver gefunden worden. Und an der Langen Lake wurden zu Wochenbeginn vier Lämmer gerissen. Das Wolfskompetenzzentrum prüft nun, ob die Risse einem Wolf zuzuschreiben sind. Der Vorsitzende der Kreisjägerschaft Magdeburg hält auch einen Riss durch einen Hund für möglich.
Magdeburg. Nunmehr zwei Jahre sind vergangen, seit ein Wolf in der Wohnsiedlung Am Buckauer Wasserwerk umherschlich. Damals ging das Landesamt für Umweltschutz von einem Jungwolf auf der Durchreise aus. Nun vermuten Anwohner, dass erneut ein Wolf bei ihnen unterwegs ist. Anlass dazu geben mehrere Rehkadaver, die gefunden wurden.
Tatsächlich hat auch der Vorsitzende der Kreisjägerschaft Magdeburg e. V., Jan Driesnack, in den vergangenen vier Monaten drei Rehkadaver in dem Bereich vorgefunden. Dem Wolfskompetenzzentrum in Iden seien diese bereits gemeldet worden. Dass es sich um Wolfsrisse handelt, könne jedoch noch nicht bestätigt werden, erklärt Jan Driesnack. Die Experten prüfen derzeit, inwieweit die Risse einem Wolf zuzuordnen sind. Anhand der Kadaver gestalte sich das bisweilen schwierig, erklärt er. Mitunter haben sich schon Raubvögel, Füchse, Waschbären oder Dachse an den Überresten zu schaffen gemacht. Mitarbeiter des Wolfskompetenzzentrums suchen nun nach Fährten und Losungen, die dem Wolf zugeordnet werden können. Möglicherweise werde auch mit Fotofallen versucht, das oder die Tiere aufs Bild zu bannen. Dem Jäger selbst sei jedenfalls kein Wolf unter die Augen gekommen.
Möglicherweise ist es ein Jungwolf auf der Durchreise
Er schließe jedoch nicht aus, dass es sich wieder um einen Jungwolf handelt, der auf der Durchreise und der Suche nach einem Revier ist. Dass es sich um denselben Wolf handelt, der im Januar 2019 in der Siedlung gesichtet worden war, oder dass sich eine Wolfspopulation in Buckau ansiedelt, halte der Jäger für sehr unwahrscheinlich. Vielmehr vermutet er, dass, sofern es sich überhaupt um einen Wolf handelt, es ein Tier aus dem ostelbischen Bereich, Richtung Kreuzhorst, ist. Möglich wäre auch, dass er aus Richtung der Börde kommt. Die nachtaktiven Tiere können durchaus 20 bis 30 Kilometer zurücklegen. „Dies insbesondere dann, wenn sie umherziehen und neue Reviere suchen, beispielsweise wenn Jungwölfe von den Elterntieren verstoßen wurden.“ Dabei können Wölfe auch durch die Elbe schwimmen.
Was der Vorsitzende der Kreisjägerschaft Magdeburg allerdings für ebenso wahrscheinlich hält, ist ein Riss durch einen Hund. Das habe er schon oft erleben müssen. „Die Leute sind trotz Brut- und Setzzeit unachtsam mit ihren unangeleinten Hunden unterwegs. Das kommt viel häufiger vor, als man denkt.“ Gerade im Februar/März seien die Rehe geschwächt, weil sie wenig zu fressen finden. „Wenn sie länger von einem Hund gehetzt wurden, versagt das Herz. Ein Hund kann ein Reh quasi zu Tode hetzen und auch ein Kitz ist mal schnell gefundene Beute.“ Das komme nicht nur in Buckau an der Elbe vor, sondern häufig auch im Stadtpark.
Der Wolf sieht den Hund als Eindringling und Fressfeind
Ein Grund mehr, seinen Hund anzuleinen: Der Wolf kann auch Hunden gefährlich werden. „Er sieht den Hund als Eindringling und Fressfeind. Er ist ein Konkurrent. Wir haben es auf Jagden in Deutschland schon erlebt, dass Hunde von Wölfen totgebissen und aufgefressen wurden.“
Angst möchte Jan Driesnack jedoch nicht schüren. Und auch verteufeln möchte er den Wolf nicht. „Der Wolf war nie weg, er war schon immer da. Wir haben auch zu DDR-Zeiten immer Wölfe gehabt. Jetzt sind es halt ein bisschen mehr geworden.“
Was den Wildbestand anbetrifft, seien Wölfe bisher nicht zum Problem geworden. Driesnack sehe das Problem eher für die Nutztierhalter. Richtung Genthin gebe es beispielsweise richtige Probleme. Und auch in Magdeburg könnte ein Wolf vier Lämmer gerissen haben. Sie wurden zu Wochenbeginn an der Langen Lake gefunden. Ob der Riss tatsächlich dem Wolf zuzuschreiben ist, sei jedoch auch hier unklar. Denn bis gestern ist beim Wolfskompetenzzentrum noch keine Meldung dazu eingegangen. Eine Rissbegutachtung konnte daher auch noch nicht stattfinden, erklärt die Sprecherin des Landesamtes für Umweltschutz, Ines Wahl.
Dass sich Wölfe wie im Fall Buckau so dicht an eine Wohnsiedlung heranwagen, sei inzwischen nichts Ungewöhnliches mehr. „Dadurch, dass sie nicht bejagt werden, verlieren sie die Scheu“, erklärt Jan Driesnack. Daher sei es aus der Sicht der Jäger sinnvoll, eine geplante Bejagung durchzuführen. „Der Wolf würde der Nähe zu Menschen dann wieder vorsichtiger begegnen.“
Keine Ansiedlung von einem Wolfsrudel bekannt
In Magdeburg und der näheren Umgebung sind dem Landesumweltamt bisher keine Rudelansiedlungen bekannt. Die nächstgelegenen Rudel befinden sich in der Nähe von Haldensleben und Möckern, erklärt Ines Wahl. In den vergangenen drei Jahren konnte lediglich ein Riss eindeutig einem Wolf zugeordnet werden (2020). Wie Ines Wahl erklärt, seien in den Monaten Oktober bis April öfter sogenannte Durchzieher - Jungwölfe auf der Suche nach einem eigenen Territorium - unterwegs. Daher wird in ganz Sachsen-Anhalt ein entsprechender Herdenschutz empfohlen. Das Wolfskompetenzzentrum führe dazu kostenlos und vor Ort Beratungen durch. Zudem verweist sie darauf, dass Herdenschutzmaßnahmen bis zu 100 Prozent vom Land Sachsen-Anhalt gefördert werden.