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Tipp für die Freizeit Nur für Erwachsene: „Gefährliche Liebschaften“ im Magdeburger Puppentheater

Im Puppentheater Magdeburg lässt Sabine Schramm die Intrigen aus dem Buchklassiker lebendig werden und lenkt den Blick auf die Unmenschlichkeit im Menschen.

Von Martin Rieß 10.01.2025, 07:00
"Gefährliche Intrigen" auf der Bühne des Magdeburger Puppentheaters.
"Gefährliche Intrigen" auf der Bühne des Magdeburger Puppentheaters. Foto: Viktoria Kühne/PT

Magdeburg. - „Gefährliche Liebschaften“ ist zunächst ein Briefroman von Pierre Choderlos de Laclos, der im Frankreich des 18. Jahrhunderts spielt und zu den bedeutendsten Werken der französischen Literatur gehört. Er beleuchtet die intriganten Liebesspiele der adeligen Oberschicht. Das Puppentheater Magdeburg hat nun die Produktion vom Theater Altenburg-Gera neu aufgenommen, wobei wie bereits an den beiden Spielstätten in Thüringen Sabine Schramm auf der Bühne zu erleben ist.

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Um den Preis einer Liebesnacht

Im Zentrum der Geschichte stehen die skrupellosen Protagonisten, die Marquise de Merteuil und der Vicomte de Valmont, die miteinander in einer Art Hassliebe gleichermaßen wie in gegenseitiger Verachtung verbunden sind. Durch Verführung und Manipulation suchen sie einander zu übertrumpfen. Beide haben es sich aus dekadenter Langeweile zum Ziel gemacht, mit den Waffen der Betörung ihre Mitmenschen in den Abgrund zu stürzen. Das aktuelle Objekt ihrer Zerstörungswut ist die tugendhafte Madame de Tourvel. Ihre Werte, ihr unerschütterlicher Glaube an die moralischen Werte ihrer Zeit sind die Hürde, die Valmont überwinden muss. Als Lohn ist ihm eine Liebesnacht mit der Marquise versprochen. Doch die Intrigen geraten immer mehr außer Kontrolle.

„Gefährliche Liebschaften“ mit Sabine Schramm im Puppentheater Magdeburg.
„Gefährliche Liebschaften“ mit Sabine Schramm im Puppentheater Magdeburg.
Foto: Viktoria Kühne/PT

Anders als im Briefroman, in dem allein sieben Verfasser von Briefen auftauchen, und anders als die Verfilmungen ist das von Fabian Joel Walter konzipierte Bühnenstück auf jene Dreiecksgeschichte fokussiert. Sabine Schramm spielt dabei die Marquise de Merteuil selbst und führt die Puppen für den Vicomte de Valmont und die Madame de Tourvel. Und Regisseur Tim Heilmann, der auch für die Bühne und den Puppenbau zuständig ist, stellt dem Geschehen auf der Bühne das Violoncello von Lukas Dreyer entgegen. Zu Beginn für das Publikum womöglich überraschend, nach und nach immer eingängiger bilden die Klänge dieses Instruments mit seinen warmen Tönen einen Gegenpol zu dem Geschehen auf der Bühne: Als nichtmenschliche Komponente, vielleicht als Symbol für die Natur, bildet das Violoncello zum Lauten, zum Streitenden, zum miteinander Ringenden in der Kulisse.

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Eine weitere Gegenspielerin zum Intrigenspiel verkörpert Auguste Eckhardt: Im Spiel und scheinbar federleicht bringt sie jugendliche Leichtigkeit und Unschuld auf die Bühne, die der Erwachsenenwelt verloren gegangen ist. In ihrem Spiel deutet sie den Traum von fernen Sehnsuchtsorten an. Und unter anderem ist sie es, die nach und nach dafür sorgt, dass die Hüllen fallen, dass der Blick freigegeben wird, auf das, was dem bösen Spiel folgt: Verfall, Niedergang und Trauer.

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Die Zerstörung anderer

Fragt sich freilich: Auch wenn das Buch ein Klassiker ist – warum bringt man es heute noch auf die Bühne? Die Frage beantwortet sich, wenn man weiter blickt als nur darauf, dass hier gelangweilte Aristokraten ihre menschenverachtenden Spielchen treiben. Denn gezeigt wird die zerstörerische Kraft von Egoismus und moralischer Verderbtheit. Das Bühnenstück spiegelt die scharfsinnige Analyse menschlicher Abgründe im Buch wider – und diese gilt bis heute: Manche Menschen setzen sich für die eigenen Interessen – und sei es nur der Wunsch nach Unterhaltung – über die Bedürfnisse anderer hinweg und nehmen dafür auch deren Zerstörung in Kauf.

Als beeindruckend nah an dieser Idee entpuppt sich dabei das Spiel von Sabine Schramm: Sie lässt die konkurrierenden Intriganten einander hautnah kommen. Eng umschlungen ringen dabei die Marquise de Merteuil und der Vicomte de Valmont um die Oberhand. Puppenspielerin und Theaterintendantin Sabine Schramm zeigt eindrücklich die Wandlung der Figuren von aristokratischer Arroganz über die nach und nach einsetzende Verunsicherung bis hin zur sprachlosen Verzweiflung.

Die Vorstellungen am 10. und 11.1. um 20 Uhr im Puppentheater in der Warschauer Straße 25 sind ausverkauft. Gegebenenfalls sind an der Abendkasse noch Restkarten erhältlich. Weitere Aufführungen sind angedacht, aber noch nicht terminiert. Geeignet ist das Stück für Zuschauer ab 16 Jahren.