Freizeit Mit Video: Parks in Magdeburg - Der Amtsgarten ist die Oase von Ottersleben
Die Magdeburger Volksstimme unternimmt einen Streifzug durch den Amtsgarten. Er ist ein Ruhepunkt mit alten Bäumen in Ottersleben.
Magdeburg - Umgeben von einer hohen Mauer verbirgt sich im Norden Otterslebens mit dem Amtsgarten, der auch als Böckelmannscher Park bekannt ist, eine grüne Oase: Abseits des Lärms der großen Straßen strecken sich hier die Bäume in den Himmel und lassen nur an ausgewählten Stellen Platz, dass die Sonne den Boden erreichen kann. Das ist angenehm, lässt es sich doch so hier auch bei sommerlicher Hitze aushalten.
Im Video: Hohe Bäume und ein plätschernder Bach
Womöglich gibt es hier nicht die großen Parkattraktionen. Doch da der Park recht klein und nicht zentral gelegen ist, ist er keinesfalls überlaufen. Und das wiederum bringt das hervor, was viele Menschen gerade eben mit einem Parkbesuch verbinden: Ruhe. Die finden die Besucher des Amtsgartens fast immer.
Sie können sich dann an dem Gezwitscher der Vögel erfreuen, die in den dichten Büschen und hohen Bäumen leben. Und eine weitere Besonderheit ist der Quellgraben, der leise murmelnd den Park durch- und der Klinke außerhalb des Parks zufließt. An mehreren Stellen überqueren die Wege die Brücke. Im nördlichen Teil des Parks befindet sich auch ein Teich.
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Freizeit im Amtsgarten
Ein paar Bänke laden zum Verweilen ein. Mehr an traditionellen Parkattraktionen gibt es hier nicht.
Und doch verfügt der Amtsgarten über ein Alleinstellungsmerkmal. Die Villa Böckelmann fungiert heute nämlich als Mehrgenerationenhaus. Dessen Besucher nutzen auch den Park, und ab und zu finden hier auch öffentliche Veranstaltungen statt.
Spielstätte für die Kinderstadt
In den vergangenen Jahren hatte es hier auch die europäische Kinderstadt Ottopia gegeben, in der Kinder selbstverwaltet ihren Ferienalltag gestaltet haben. In diesem Jahr knüpft derzeit das Sommerseminar Ottopia an, welches allerdings seit langem ausgebucht ist.
Zwar umfasst das Angebot des Mehrgenerationenhauses auch Gastronomie. Dies jedoch fokussiert auf die Nutzer des Hauses und nicht für Laufkundschaft. Wer den Picknickkorb vergessen hat und von Hunger und Durst gequält wird, findet außerhalb des Parks beispielsweise an der Halberstädter Chaussee Linderung.
Bänke und Barrierefreiheit
Im Amtsgarten gibt es keine Spielgeräte, Spielplätze oder Hundeauslaufwiesen. Einige Bänke laden zu Pausen ein.
Tanja Pasewald ist Behindertenbeauftragte der Landeshauptstadt und sagt: „Zu der Parkanlage gibt es zwei Eingänge. Beide sind nicht barrierefrei.“ Mit Unterstützung sei der Zugang aber möglich. Innerhalb ist der Park dann barrierefrei. „An der Brücke gibt es eine kleine Stufe. Steile Wege sind alleine schwer zu befahren“, berichtet sie zur Barrierefreiheit im Amtsgarten.
Wie ein Streifzug durch die deutschen Wälder
Bis zu 30 Meter Höhe erreichen die Bäume im Amtsgarten. Rotbuchen, Hainbuchen, Bergahorn, Schwarzerlen, die Gemeine Esche und die Flatterulme, Spitzahorn und verschiedene Weidenarten, Robinien, Weißdorn, Rosskastanien und Winterlinden – ein Spaziergang durch den Amtsgarten gleicht einem Streifzug durch deutsche Wälder. Allenfalls die Rosskastanie und die Robinie als Baumarten, die im Mittelalter nach Mitteleuropa gelangten, muten hier exotisch an. Das ist so auch gewollt. Die einzigen beiden Exoten, so die Magdeburger Stadtverwaltung, wurden mit zwei Ginkgobäumen bei Bombentreffern im Zweiten Weltkrieg vernichtet. Blutbuche und der wechselfarbige Eschenblättrige Ahorn sollten als Solitäre für farbliche Abwechslung und für immer wieder neue Raum- und Farbeindrücke sorgen.
Neben all den Bäumen natürlich auch: der Quellgraben und der Teich. Sie spenden Kühle und Feuchtigkeit und schaffen Rückzugsorte für entsprechende Tiere.
Zuletzt war der Teich im Jahr 2020 saniert worden. Um die Sedimente entnehmen zu können, war die Teichanlage damals trockengelegt worden. So sollten dem Standgewässer das nötige Wasservolumen wiedergegeben und die Selbstreinigungskraft des Teichs verbessert werden. Genutzt wurde die Gelegenheit auch, die Zu- und Abläufe des Teiches einschließlich bautechnischer Anlagen zu erneuern.
Vom Privatpark zur öffentlichen Anlage
Die Geschichte des Parks reicht bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Wilhelm August Böckelmann, 1833 in Klein Ottersleben geboren und Käufer des Hofs, hatte mit seinem Schwager Hermann Bertog Ideen für einen Landschaftspark entwickelt. Ab dem Jahr 1874 wurde die Anlage gestaltet.
Dabei folgte Familie Böckelmann dem Trend des englischen Landschaftsgartens. Bei diesem handelt es sich um einen Gartenstil, der im 18. Jahrhundert in England populär wurde und sich später auch in anderen Ländern verbreitete. Im Gegensatz zu formellen und symmetrischen Gärten, die zuvor vorherrschend waren, zeichnet sich ein englischer Landschaftsgarten durch eine natürlichere und ungezwungenere Gestaltung aus.
Dass sie dabei womöglich nicht das heutige Bild mit dichten Baumbeständen im Sinne hatten, ist denkbar. Doch die Bäume bleiben ihrer Natur auch in Ottersleben treu und wachsen nicht nur in den Himmel, sondern auch in die Breite, so ihnen denn dafür der Raum gegeben wird.
Nach dem Zweiten Weltkrieg für die Bevölkerung frei
Als Volksgarten gedacht war die grüne Oase inmitten der Bebauung des Bördedorfs freilich nicht. Gedacht war die Anlage für die Familie und ihre Gäste.
Hans-Walter Magnus beschäftigt sich im Bürgerverein für Ottersleben mit der Geschichte des Stadtteils. Er sagt: „Damit war es 1945 vorbei.“ Familie Böckelmann war eine der Ottersleber Familien, die im Zuge der Bodenreform enteignet wurden. Nach der Wende 1990 hatte er einen engen Austausch mit dem Nachfahren des Gutsherren gepflegt und viel zur Entwicklung des Areals recherchieren können.
Mit der Enteignung wurde der Park geöffnet. „Die Ottersleber nutzten ihn zunächst vor allem als Abkürzung“, berichtet Hans-Walter Magnus. Die Böckelmannsche Villa und eine Wiese vom Park wurden in den folgenden Jahren zunächst als Kinderheim, dann von der SED als Bezirksparteischule genutzt. Doch irgendwann war den Genossen der herrschaftliche Sitz zu eng, und sie zogen auf das Gelände an der Klosterwuhne um.
Bau in der Nachwendezeit
Als Nutzer auch für Baracken im Bereich des heutigen Bettenhauses – einem Nachwende-Neubau neben dem Mehrgenerationenhaus – trat dann eine Jugendherberge an, die bis in der Nachwendezeit hier bestand.
Hans-Walter Magnus sagt: „Zu Zeiten der DDR wurde nicht groß in den Park investiert. Aber es wurde dafür gesorgt, dass die Wege frei blieben.“
Im Gemüsegarten sollte Schule gebaut werden
Direkt neben dem Park befindet sich der frühere Nutz- und Gemüsegarten, der heute eine Kleingartenanlage ist. Bevor die Entscheidung fiel, die bestehende Ottersleber Grundschule mit einem Ergänzungsbau zu erweitern, war auch diskutiert worden, dieses benachbarte Gelände zum Bau einer komplett neuen Schule zu nutzen. Vielleicht hätte diese ja dann den Namen „Grundschule am Amtsgarten“ erhalten.
Der Park umfasst eine Fläche von 2,5 Hektar. Er befindet sich im Südwesten Magdeburgs und gehört zum Stadtteil Ottersleben. Begrenzt wird er im Westen von der Kleingartenanlage „Am Amtsgarten“, im Süden von der Nomi-Rubel-Straße, im Osten von der Wohnbebauung am Wassergang und im Norden von der Wohnbebauung einschließlich dem ehemaligen Gutshof an der Straße Lüttgen Ottersleben.