Freizeit und Tanzen Partykultur in Magdeburg: Bündnis fordert mehr Freiräume
Tausende Besucher sind am Sonnabend zum Glacis-Open-Air in Magdeburg geströmt. Bei einer Diskussionsrunde ging es um Potenziale für freie Open Airs im Stadtgebiet.
Magdeburg - Als „seltene Störereignisse“ werden in Magdeburg Open-Air-Veranstaltung en bewertet, die bis nach 23 Uhr stattfinden dürfen.
Ein solches Störereignis muss beim Ordnungsamt angemeldet und genehmigt werden. Ein Lärmpegel von 55 dB (A) darf nicht überschritten werden. Darüber hinaus wird darauf geachtet, dass solche Feste mit Musik unter freiem Himmel maximal 14-tägig an einem Standort steigen.
„Es braucht eine Ermöglichungskultur“
Bei alledem wird deutlich: Nächtliche Open Airs sollen die Ausnahme bleiben. Im Verwaltungsbegriff wird die „Störung“ hervorgehoben und nicht etwa Freude und Miteinander.
Dabei sehnen sich insbesondere junge Menschen in der Stadt nach dieser Form des Zusammenkommens. Doch gerade kleineren Kulturkollektiven fällt es bisweilen schwer, freie und unkommerzielle Open-Air-Events auf die Beine zu stellen.
Warum? Es gibt nur eine begrenzte Anzahl an möglichen Freiräumen und dort müssen eine ganze Reihe von Auflagen beachtet werden. Was kann besser werden?
Im Rahmen des Glacis-Open-Airs ist am Wochenende über Tanzveranstaltungen und Livekonzerte unter freiem Himmel diskutiert worden. Dazu eingeladen hatte das digitale, ehrenamtliche Stadtmagazin „Magdeboogie“.
Oliver Wiebe ist Redakteur bei Magdeboogie und führte als Moderator durch die Diskussion. „Es braucht Möglichkeiten des Zusammenkommens, dass sich die Gesellschaft nach Corona wieder annähern kann“, sagte er zum Wert von freien Open Airs.
Wiebe erinnerte an Prozesse der Vereinsamung, die durch die Pandemie bei jungen Menschen stark zugenommen haben. Das gemeinsame Feiern und Musik genießen ist dagegen eine Form der Begegnung und kann neue Bindungen schaffen.
„Es braucht in Magdeburg eine Ermöglichungskultur. Diese Erfahrung habe ich in den vergangenen Jahren nicht gemacht“, sagte Madeleine Linke. Sie ist Stadträtin und Fraktionsvorsitzende für Grüne/future!. Kultur umfasse mehr als Hochkultur. Für die Sub- und Clubkultur, in der sich vornehmlich junge Menschen aufhalten, müssten zusätzliche Angebote vorgehalten werden. Die Stadt könne davon profitieren.
Drei Freiflächen für spontanes Feiern
Als Grünen-Stadträtin hatte Linke 2021 einen Antrag im Stadtrat zur Förderung von freien Open Airs eingebracht. Als eine Folge davon waren zuletzt im Rahmen eines Pilotprojektes drei neue Flächen freigegeben worden.
Am Scherbelsberg und am Godehardteich im Stadtpark Rotehorn sowie in den Glacis-Anlagen können spontane Veranstaltungen ohne vorherige Anmeldung stattfinden.
Allerdings gibt es auch hier Regeln: Demnach sind maximal 200 Personen erlaubt und um 22 Uhr ist Schluss. Außerdem müssen Immissionsrichtwerte (Lärmpegel) beachtet werden.
Stefan Pooch engagiert sich seit vielen Jahren in der freien Veranstaltungsszene in Magdeburg und ist Mitgestalter des Bündnisses freie Open Airs.
Er begrüßte die Ausweisung der drei Flächen für spontane Open-Air-Events. Das Pilotprojekt sei positiv verlaufen. Doch die vorhandenen Orte reichten nicht aus. „Je mehr Flächen es für freie Open Airs gibt, desto besser“, sagte Pooch.
Suche nach Ersatz für die Aerosol-Arena
Nicole Krosch arbeitet beim Freiraumbüro Halle. Sie berichtete, dass es in Halle zwölf Grill- und Lagerfeuerplätze gebe, die ebenso für spontane Partys genutzt werden können. Bis zu 500 Personen dürfen sich da versammeln.
Auf diesen Hinweis kündigte Madeleine Linke an, dass sie bei der Magdeburger Stadtverwaltung nachfragen wolle, ob nicht auch in der Elbestadt weitere Flächen für freie Open Airs zu finden sind.
Stefan Pooch äußerte noch einen anderen Wunsch. Es bräuchte mindestens einen Ort, der länger als bis 22 Uhr und über mehrere Tage hinweg bespielt werden könne.
Dieser müsste infrastrukturell angebunden und mit den nötigen Medien versorgt sein. Und unbürokratisch mietbar. So wie es früher in der Aerosol-Arena möglich war. Solch ein Anlaufpunkt für die freie Partykulturszene fehlt in der Stadt.