Erfolgreich in Leichtathletik Passion für den Para-Sport: Magdeburgerin fährt zu den Paralympischen Spielen nach Paris
Die 17-jährige Hannah Jannack trainiert Leichtathletik beim SC Magdeburg. Als eine von 19 Jugendlichen aus ganz Deutschland ist sie beim Paralympischen Jugendlager in Paris dabei. Wie sie den Sport für Menschen mit Behinderung erlebt und was sie sich von ihren Mitmenschen wünscht.
Magdeburg/Paris - Angespannt, aber fokussiert lehnt sich Hannah Jannack nach hinten. In der einen Hand greift sie den Hebel am Sitz, in der anderen hält sie fest ihren Speer. Ihre Augen fixieren das Ziel am anderen Ende des Feldes, während sie tief durchatmet. Dann spannt sie ihren Körper an und wirft mit voller Kraft den Speer in die Luft.
Hannah Jannack ist 17 Jahre alt und wurde mit einer Zerebralparese geboren, einer neurologischen Bewegungsstörung, die auf einem Gendefekt beruht und sich spastisch äußert. Diese Beeinträchtigung beeinflusst ihre Bewegungsfähigkeit und Motorik.
Langes Stehen und Gehen fallen ihr schwer, besonders das Halten eines bestimmten Tempos beim Laufen kann mit der Zeit sehr anstrengend werden.
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Junge Magdeburgerin mit Zerebralparese trainiert Leichtathletik beim SCM
Trotz dieser Herausforderungen lässt sich Hannah Jannack nicht bremsen. Vor etwa zwei Jahren begann sie beim SC Magdeburg mit dem Training in der Para-Leichtathletik und hat sich seitdem im Speerwerfen und Kugelstoßen spezialisiert.
Ihre Leidenschaft für diesen Sport entdeckte sie, als sie 2021 die Paralympischen Spiele in Tokio im Fernsehen verfolgte. „Ich fand es total spannend zu sehen, welche Sportarten man noch so machen kann“, erinnert sie sich.
Bevor sie zur Leichtathletik kam, hatte Hannah Jannack bereits acht Jahre lang getanzt. Doch als sie die Vielfalt der Paralympics entdeckte, entschied sie sich, etwas Neues auszuprobieren. „Die Vielfältigkeit bei den Leichtathletik-Disziplinen ist das, was mich am meisten begeistert“, erzählt sie.
Hannah Jannack aus Magdeburg fährt ins Paralympische Jugendlager nach Paris
Seitdem trainiert sie regelmäßig im Nachwuchskader des SCM. Etwa drei Mal pro Woche ist die Abiturientin auf dem Trainingsplatz, und in den Ferien sogar bis zu fünf Mal. An den Wochenenden kommen oft Wettkämpfe hinzu.
„Dieses Gefühl, sich immer weitere Ziele zu setzen und die dann Stück für Stück zu erreichen – das ist wirklich einfach toll“, sagt Hannah Jannack mit einem Lächeln.
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Ein großes Highlight steht Hannah nun bevor: Als eine von nur 19 Jugendlichen aus ganz Deutschland darf sie ins Paralympische Jugendlager der Deutschen Behindertensportjugend (DBSJ) nach Paris fahren.
Trainieren und Wettkämpfe schauen: Spannende Tage bei den Paralympischen Spielen
Dort wird sie die einmalige Gelegenheit haben, sich vor Ort die Wettbewerbe bei den Paralympics vom 28. August bis 8. September 2024 anzusehen und von den besten Athletinnen und Athleten der Welt zu lernen. „Ich bin ein kleines bisschen nervös“, gibt sie zu, „aber ich freue mich riesig über diese große Chance.“
Vor Ort wird sie mit den anderen Jugendlichen trainieren, politische Veranstaltungen besuchen und natürlich die Paralympischen Spiele verfolgen. Neben den Leichtathletik-Wettbewerben freut sie sich besonders darauf, auch Teamsportarten wie Rollstuhlbasketball oder Rollstuhlhockey hautnah mitzuerleben.
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Auch der Schwimmsport hat es ihr angetan – beinahe hätte sie sich damals für das Schwimmen statt für die Leichtathletik entschieden.
Ziele im Para-Sport: Im Kugelstoßen noch besser werden
Für die Zukunft hat Hannah Jannack klare sportliche Ziele: Sie möchte ihre Technik im Kugelstoßen weiter verbessern, insbesondere mit der 3-Kilogramm-Kugel, und hofft, im Nachwuchskader weiter aufzusteigen. Irgendwann einmal eine Profi-Para-Leichtathletin zu werden, wäre in ihren Augen schon „sehr cool“.
Allerdings sieht sie auch die Herausforderungen: „Ich vermute, dass gerade in den Einzelsportarten die finanziellen Mittel fehlen, um wirklich zu fördern.“
Akzeptanz für Menschen mit Behinderung
Auch abseits des Sports liegt ihr eine Sache ganz besonders am Herzen: Mehr Rücksicht und Verständnis aus der Gesellschaft vor allen Dingen für junge Menschen mit Behinderung. „Es ist ein Irrglaube zu denken, nur weil ein Mensch jung ist, ist sein Körper auch gesund“, sagt sie und erinnert sich an Situationen in der Straßenbahn, die ihr immer wieder passieren: Wenn beispielsweise ältere Menschen an Stationen einsteigen, würden die Fahrgäste oft von der 17-Jährigen erwarten, dass sie ihren Sitzplatz für sie freigibt.
„Dabei ist es für mich auch sehr schmerzhaft, lange zu stehen – vor allen Dingen in der ruckelnden Straßenbahn“, erzählt sie. Doch von den anderen Fahrgästen hätte sie kein Verständnis dafür bekommen.
Sie sieht es dennoch als gutes Zeichen, dass die mediale Präsenz zugenommen hat und Menschen aufgeklärt werden. „Dadurch ist es für sie vielleicht auch kein Neuland mehr, wenn sie eine Person mit Behinderung in der Öffentlichkeit sehen“, meint sie.