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DDR-Erinnerungen Peter Sodann öffnet Bücherkiste Magdeburg

Mehr als 250 Verlage gab es in der DDR. Ihre Veröffentlichungen stehen im Fokus der „Bücherkiste Peter Sodann“ in Magdeburg.

Von Martin Rieß 22.10.2020, 01:01

Magdeburg l Ein schmales Ladenlokal von 100 Quadratmetern Fläche ist im Nordabschnitt des Breiten Wegs in Magdeburg am 21. Oktober 2020 eröffnet – und mit dem Ministerpräsidenten, dem Kulturminister, dem Oberbürgermeister, Stadträten und der Kulturdezernentin ist ein wahres Heer von politischer Prominenz angerückt. Peter Lackner, Chef der Magdeburger Wobau, ist neuer Vermieter und mit einer Blumenschale dabei. Der, der hier das Ladenlokal eröffnet, ist mindestens ebenso prominent: Peter Sodann. Schauspieler, Theaterintendant und inzwischen Büchersammler.

Zwar hat seine von einer Genossenschaft getragene Bibliothek ihren Sitz in Straucha bei Meißen und Lager in Limbach-Oberfrohna und in der Schönebecker Straße Buckau. Doch mit der „Bücherkiste Peter Sodann“ gibt es erstmals einen zentralen Anlaufpunkt in einer Großstadt.

Cornelia Brenner-Sodann berichtet, dass dieses Experiment dank der Unterstützung von Karl Gerhold möglich geworden ist: „Dies ist für uns selbst auch ein Experiment, und wir werden sehen, wie es sich in den kommenden Wochen anlässt.“ In die Hand nehmen, darin lesen, vielleicht kaufen können die Besucher jene Bücher, die in den inzwischen vier bis fünf Millionen Exemplare fassenden Lagern doppelt vorhanden sind. „Wir möchten, dass die Bücher nicht nur in einem Archiv hinterlegt sind, sondern dass die Menschen sie nutzen können.“

Peter Sodann erinnert sich, wie er zu seiner Büchersammlung gekommen ist: „In der Wendezeit waren einmal zwei Mädchen zu mir gekommen und sagten: ,Sie müssen uns helfen.‘“ Eigentlich hatte er als Theaterintendant gar keine Zeit, hat dann aber doch einen Blick darauf geworfen, worum es den Kindern ging: Aus einem Gebäude verluden Männer Bücher, die vernichtet werden sollten. „Wenn diese Bücher weggeworfen werden, wirft man die Vergangenheit weg“, so seine Schlussfolgerung damals.

Diese gilt bis heute. „Um ein richtiges Bild von den ,Ossis‘ zu erhalten, sind diese Bücher erforderlich“, ist der 84-Jährige überzeugt.

Geboten werden soll in der Einrichtung ein Querschnitt durch die gesamte Bandbreite der DDR-Literatur. Die Menschen sollen sich ein eigenes Bild machen. „Besonders begehrt sind beispielsweise Kinder­bücher“, berichtet Cornelia Brenner-Sodann. Die Menschen möchten in Kindheitserinnerungen schwelgen – oder die Werke vergangener Jahrzehnte eigenen Kindern oder Enkeln zum Lesen geben.

Die „Bücherkiste Peter Sodann“ sitzt im Breiten Weg 29. Geöffnet ist dienstags bis sonnabends von 11 bis 16 Uhr. Es handelt sich um eine Kombination aus Lese-Café und Antiquariat. Geboten wird Literatur, die von Verlagen der DDR herausgegeben wurde oder die in der DDR vertrieben wurde. In einer Rotation sollen immer wieder neue Bücher aus der Sammlung in das Ladenlokal kommen. Neben dem Verkauf erfolgt auch die Annahme von Büchern. Geboten werden sollen auch Lesungen. Am 22. und 23. Oktober 2020 wird das Ehepaar Sodann selbst vor Ort sein, danach werden sie auch von ehrenamtlichen Helfern unterstützt. Die Einnahmen fließen in die Genossenschaft.