Death Café Raum für Trauer und Tod in Magdeburg
Im Death Café treffen sich Menschen, um über den Tod zu sprechen. Was es mit dem Projekt in Magdeburg auf sich hat und was Angehörige lernen können.
Magdeburg - Es braucht Zeit, bis man es in Worte fassen kann. Menschen, die in das Death Café – sinngemäß also ins Trauercafé – kommen, sind so weit, darüber zu sprechen oder einfach zuzuhören. Es geht um ein Projekt der Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg, das Betroffenen oder am Thema Interessierten einen Austausch ermöglicht. Jeden zweiten Monat treffen sie sich in einem Lokal, um in lockerer Kneipen-Atmosphäre über das schwere Thema zu sprechen.
Hinter diesem Projekt stehen vier Mitarbeiterinnen der Palliativversorgung: Stefanie Maiholz und Katharina Scholz vom Palliativ- und Hospizzentrum, Kirsti Gräf vom Trauerinstitut und Ines Schotte von der Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV).
Gespräche über den Tod
Die Idee komme ursprünglich aus der Schweiz, erklärt Stefanie Maiholz. Nach einem internationalen Kongress über palliative Begleitung brachten die Frauen diese Idee nach Magdeburg. Im April starteten sie im Café Kurt in Buckau mit 26 Teilnehmern und einem Themenschwerpunkt. Um Bücher über den Tod ging es damals.
Am ersten Novemberabend findet sich das Death Café zum vierten Mal zusammen, mit zwölf alten und neuen Besuchern im Café M2 am Hasselbachplatz. Es gibt keinen Themenschwerpunkt mehr. „Wir haben festgestellt, dass es gar kein Thema braucht, die Besucher wollen sich ihre Trauer einfach von der Seele reden“, sagt Stefanie Maiholz. An diesem Abend sitzen sie an zwei Tischen eng beieinander. Bei Kaffee, Tee oder Sekt bilden sich kleine Gesprächsgruppen, in jeder ist eine der vier Mitarbeiterinnen dabei. Sie haken an der passenden Stelle nach und fangen die Erzählenden auf.
Wenn einem der Tod das Liebste nimmt
Es gibt kein Muss zum Reden, aber die meisten nutzen diesen vertrauensvollen Rahmen trotzdem. Es finden sich Menschen zusammen, die ein ähnliches Schicksal teilen. Sabine E. und Sabrina Bernhardt haben beide ihren Mann verloren. Für die 61-jährige Sabine E. kam die Nachricht vom Tod ihres Ehegatten plötzlich, wenige Tage nach seiner Herz-OP. Kurze Zeit danach erfuhr sie, dass ihre hochschwangere Tochter Brustkrebs bekommen hatte. Als der Enkel zur Welt kam, war sie wie eine Ersatz-Mutter für ihn, während ihre Tochter gegen die Krankheit kämpfte. „Ich musste für meinen Enkel da sein. Das hat mir auch geholfen“, sagt sie. Die 35-jährige Sabrina Bernhardt habe schon vor fünf Jahren gewusst, dass ihr Mann sterben wird, als er die Diagnose Krebs bekam. „Er hatte mir die Option gelassen zu gehen. Ich wollte aber nicht neu anfangen müssen und dachte außerdem: ,Wer wird bei ihm sein, wenn es ihm schlecht geht, wer wird Essen bringen, wenn er hungrig ist, und wer wird meine Masterarbeit lesen?’“, sagt sie und lächelt.
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Bis zum letzten Tag war sie an seiner Seite. „Er hat gesagt: ,Heute werde ich sterben.’ Es fühlte sich so an, als habe er es entschieden. Ich habe mich einfach zusammengerissen und versucht, keine Trauer auszustrahlen“, erinnert sie sich. Nur Personen, die ihm guttun, habe sie an dem Tag an sein Bett gelassen. Als Psychologin habe sie den Schalter gut umlegen und Emotionen ausschalten können. Das sei ihr auch an dem Tag gelungen, am nächsten Tag brach Sabrina Bernhardt aber zusammen. Doch in diesem Unglück lernte sie die Familie ihres Mannes besser kennen, die ihr den Alltag zu meistern half. „Ich gewann eine Schwägerin und eine Nichte dazu.“
Die Mitarbeiterinnen der Palliativversorgung stehen den Trauernden gerne zur Seite und beraten sie. Ines Schotte ist seit acht Jahren eine der Krankenschwestern in der SAPV. Sie ermutigt dazu, sich Hilfe zu holen und stärken zu lassen. Viele wollen zu Hause sterben, aber leider kommen die Angehörigen so schnell an ihre Grenze. Viele Haupt- und Ehrenamtliche seien bereit, dem Sterbenden in seiner Wohnung Zeit zu schenken, während Angehörige etwas aufatmen und ihre Angelegenheiten erledigen können. Sie müssen die Hilfe aber erst mal annehmen. Genauso annehmen müssen sie die Wünsche der Sterbenden.
Nächster Termin für das Magdeburger Trauercafé
Oft würden Angehörige davon überzeugt sein, sie wissen, was der Sterbende braucht. „Zum Beispiel bringen sie immer wieder Essen mit, aber das ist dem Sterbenden häufig nicht mehr wichtig. Man muss deren Wünschen zuhören.“ Die Trauer sei ein dritter Punkt, den es anzunehmen gilt. „Trauer ist keine Krankheit und hat keine zeitlichen Grenzen. Auch nach einem Jahr darf man noch trauern und nicht auf eine Feier gehen wollen.“ Ein langes Trauern stoße aber leider oft auf Missverständnis.
Der nächste Austausch im Death Café findet am Mittwoch, 6. Dezember, im Rayon Haus von 18 bis 20 Uhr statt. Das Café befindet sich in der Steinigstraße 1 A. Um eine Anmeldung wird gebeten unter: stefanie.maihold@pfeiffersche-stiftungen.org.