Corona Reisebus bringt Impfwillige aus Niedersachsen zur Praxis in Magdeburg
Ein Magdeburger Arzt impft auch Auswärtige mit Astrazeneca, weil die eigenen Patienten den Impfstoff ablehnen.
Magdeburg - Steffen Friedrich ist Hausmeister der Grundschule in Magdeburg Alt-Olvenstedt und hat als solcher einen wachen Blick für alles, was ums Gelände geschieht. Am 2. Juni 2021 zuckelt der Mannschaftsbus der „Grizzlys“ – so nennt sich das Wolfsburger Eishockeyteam – durch die dörfliche Magdeburger Stadtrandlage und parkt vor dem DRK-Bürgerhaus ein. „Wir dachten erst, der hat sich verfahren, aber der Busfahrer fragte nur, ob er hier parken dürfe“, berichtet Friedrich.
Auf die Frage nach dem Ziel der Tour, habe der Busfahrer angegeben, er bringe 40 Frauen und Männer aus Wolfenbüttel zum Impfen ins Olvenstedter Landambulatorium in der Helmstedter Chaussee. „Das kann doch nicht sein, wo auch hier in Magdeburg manche Ältere und Kranke noch keine Impfung bekommen haben“, sagt Friedrich. Auch Mitarbeiterinnen des DRK-Bürgerhauses seien sehr irritiert über den Tross aus gesund wirkenden Impftouristen gewesen, augenscheinlich zwischen 30 und 50 Jahre jung. Erst vor wenigen Wochen hatte Oberbürgermeister Lutz Trümper die Impfung Auswärtiger mit den für Magdeburg gelieferten Dosen klar untersagt. Dieser Anweisung unterliegt allerdings nur das kommunal geführte Impfzentrum.
Ladenhüter Astrazeneca
Die Volksstimme fragte bei Dr. Sebastian Brunner nach, der erst unlängst das besagte Ambulatorium im Stadtteil Alt-Olvenstedt übernommen hat. Brunner bestätigt das Anlanden der Impfgäste in seiner Praxis. „Das wird auch in den nächsten Wochen weiter gehen.“ Grund sei das mangelnde Interesse seiner Patienten an einer Impfung mit Astrazeneca. „Dabei ist das ein guter Impfstoff, wie immer mehr Studien belegen. Ich bin selbst damit geimpft und rate dazu.“ Nach negativen Schlagzeilen über sehr vereinzelt dramatische Nebenwirkungen, blieben viele Patienten allerdings skeptisch und wollten eine Impfung mit Biontech abwarten. Problem: „Davon bekommen wir pro Woche vielleicht 20 Dosen und die Warteliste ist lang“, sagt Brunner.
Astrazeneca lagere dagegen auch in zahlreichen anderen Magdeburger Praxen ungewollt in Kühlschränken. „Da wir auch Teststrecken in Unternehmen betreiben, haben Firmen angefragt, ob wir ihre Mitarbeiter auch impfen würden“, erklärt der Mediziner. Die Firmen hätten ihren Sitz in Magdeburg und Umgebung, betrieben aber auch Zweigstellen anderenorts. Von dort kämen Mitarbeiter auch schon mal mit dem Reisebus – wie am 2. Juni.
Brunner hat schon rund 2000 Menschen geimpft. „Wir machen das mit großem Einsatz auch im Hausbesuch am späten Abend.“ Betagte und kranke Patienten würden bevorzugt. Bleibe aber Impfstoff liegen, stehe das Ambulatorium jedem Impfwilligen – von wo auch immer – offen.