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Theater Magdeburg Rezension: „Die Zukünftige“ im Magdeburger Schauspielhaus

Der Zusammenbruch einer Familie des gehobenen Mittelstands ist Thema in einer neuen Inszenierung des Theaters Magdeburg. Voll von schwarzem Humor wird im Stück „Die Zukünftige“ die Dekonstruktion der bisherigen Welt gezeigt.

Von Martin Rieß 07.05.2024, 06:10
Lorenz Krieger, Robert Lang-Vogel und Bettina Schneider in „Die Zukünftige“ im Magdeburger Schauspielhaus.
Lorenz Krieger, Robert Lang-Vogel und Bettina Schneider in „Die Zukünftige“ im Magdeburger Schauspielhaus. Foto: Anna Permesang/TM

Magdeburg. - Neu auf dem Spielplan des Theaters Magdeburg steht „Die Zukünftige“ von Svenja Viola Bungarten in einer Inszenierung von Alina Fluck. Im Jahr 2022 wurde „Die Zukünftige“ mit dem Else-Lasker-Schüler-Stückepreis ausgezeichnet. Zu recht, wie sich das Premierenpublikum im Schauspielhaus jetzt überzeugen konnte.

Es handle sich um ein „komplexes, raffiniertes, sprachlich dichtes und höchst musikalisches Stück“, so die Begründung der Jury, „das persönliche und globale Katastrophenzustände elegant miteinander verwebt“.

Die Geschichte ist facettenreich. Einerseits gibt es die Familie der oberen Mittelschicht. Die Eltern, beide Zahnärzte – gespielt von Robert Lang-Vogel und Bettina Schneider – haben Zwillingstöchter – gespielt von Luise Hart und Lorenz Krieger.

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Obwohl sich die Lage der Familie kontinuierlich verschlechtert, muss der äußere Schein gewahrt bleiben. Dies wird auf eine schwarzhumorige und amüsante Weise deutlich, zum Beispiel wenn Bettina Schneider immer wieder die Erzählung ihrer Kinder unterbricht, um sie in einem positiven Licht zu korrigieren. Es macht einen Unterschied, ob man nur Opfer ist oder ob man sich durch fremdverschuldete Umstände zum Opfer macht.

Die Welt im radikalen Wandel

Eingebunden ist der Niedergang der Familie andererseits aber auch in etwas Größeres, in eine sich radikal verändernde Welt: Die Hitze versengt die Natur, die Menschen haben kein Geld mehr für ihre Gesundheit, die Rohstoffe werden knapp. Dinge, die über den Fernsehbildschirm flimmern, die aber nun unmittelbar das bisherige Leben der Familie zerstören.

Schauspielerisch gelingt es den Akteuren auf der Bühne, das Publikum des Magdeburger Schauspielhauses zu fesseln: Als Zuschauer leidet man mit, wenn die mühsam aufrecht erhaltene Fassade einer heilen Welt in einer sich radikal verändernden Umgebung zusammenbricht, wenn die Beziehung von Mutter und Vater scheitert und wenn die beiden Zwillingsschwestern trotz des anfänglichen gemeinsamen Scheins einer engen Verbundenheit sich immer fremder werden, einander nicht mehr verstehen und das Handeln der jeweils anderen nicht nachvollziehen können und nicht nachvollziehen möchten.

Alle vier Mitglieder des Schauspielensembles nutzen dabei die Gelegenheiten, die ihnen Regisseurin Alina Fluck gibt, die Figuren zu entwickeln, ihre Veränderung und ihren Wandel eindrücklich nahezubringen.

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Unterstützt werden sie dabei nicht zuletzt von Bühne und Kostüm. Beides wurde in dieser Produktion vom dänischen Duo „Mother“ aus Camilla Lønbirk und Olivia Schrøder entworfen. Die Wahl der Kulisse erfolgte geschickt: Aus den verkohlten Resten des Hauses mit abgebrannter Küchenzeile und verschmorten Liegestühlen spürt man geradezu den beißenden Geruch des Brandes in die Nase steigen – und dieser Brand ist gelegt von Menschenhand – ganz im Gegensatz zu den Katastrophen rund herum, in denen sich die Akteure noch wie von der Mutter gefordert als Opfer der Umstände präsentieren können.

So wie aus dieser Brandkulisse die Farben verschwunden sind, so sind sie auch aus dem Outfit und den Gesichtern der Figuren verschwunden. Das wirkt keineswegs eintönig, es unterstreicht ihr Spiel und lenkt den Fokus auf das ansonsten durchaus bizarr gehaltene Äußere.

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Immer wieder zitiert werde in den Texten, aber auch in der Ausstattung der Figuren, Grimms Märchen. Sehr deutlich ist dies im Falle von „Hänsel und Gretel“, auch „Frau Holle“ und die „Prinzessin auf der Erbse“ finden ihren Raum, ebenso wie ein König, eine Hexe, der Riese und der Zwerg. Man mag sich vielleicht fragen, ob etwas hinter dieser Idee steckt außer dem Wunsch, dem Spiel auf der Bühne etwas Fantastisches zu verleihen. Eine naheliegende Antwort dazu könnte sein: Diese Geschichte, die um das Jahr 2025 spielen soll, ist nicht irgendwo angesiedelt. Sie spielt in der deutschen Provinz und ist ein Teil der deutschen Geschichte, wie sie sich einmal entwickeln könnte.

Dosierter Einsatz des Videos

Das Gleiche gilt für Kinder, die abgebrannte Buchen verkörpern: Sie zeigen Reste nicht irgendeines Waldes. Sondern sie zeigen Reste eben jenes Waldes, der für Mitteleuropa als typisch gilt.

Geschickt kommt in „Die Zukünftige“ auch die Videotechnik zum Einsatz. Sie ist nicht omnipräsent, sondern kommt wohltuend wohldosiert nur zum Einsatz, wenn das einen Sinn ergibt, wenn beispielsweise ein Fernsehinterview gezeigt wird oder der Austausch der Geschwister über eine weite Entfernung zum Thema wird.

Tickets und Termine für „Die Zukünftige“ im Schauspielhaus Magdeburg

Die Aufführungen finden im Schauspielhaus des Theaters Magdeburg in der Otto-von-Guericke-straße 64 statt. Vorstellungen sind für Sonntag, 12. und 18. Mai sowie am 2. und 8. Juni jeweils um 19.30 Uhr geplant.

Eintrittskarten gibt es – sofern verfügbar – an der Abendkasse ab einer Stunde vor Vorstellungsbeginn im Schauspielhaus sowie im Vorverkauf. Das Theater Magdeburg unterhält für den Vorverkauf seine Theaterkasse im Opernhaus am Universitätsplatz 9. Geöffnet ist Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr sowie sonnabends von 10 bis 14 Uhr. Die Telefonnummer lautet 0391/404 904 90, www.theater-magdeburg.de lautet die Internetadresse.

Das Schauspiel „Die Zukünftige“ ist laut dem Veranstalter für ein Publikum ab 14 Jahren geeignet.