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Bergwerkseigentum Sorge vor möglichem Kieswerk im Osten von Magdeburg weiter präsent

Seit 2019 wird nach Kaufinteressenten für ein Bergwerkseigentum im Osten von Magdeburg gesucht. Viele Millionen Tonnen Kiese sollen dort lagern, direkt neben einem Wohngebiet.

Von Konstantin Kraft 29.06.2021, 00:45
Für ein altes Bergwerkseigentum in Magdeburg-Prester werden potenzielle Käufer gesucht.
Für ein altes Bergwerkseigentum in Magdeburg-Prester werden potenzielle Käufer gesucht. Grafik: prePress Media Mitteldeutschland GmbH

Magdeburg - Unter Ackerflächen im Osten von Magdeburg lagern riesige Kiessandvorräte. Konkret geht es um Flächen im Bereich Klusdamm und Zipkeleber Weg. Auf der Grundlage einer Erkundung aus dem Jahr 1967 könnte vor Ort mit einem Gesamtvorkommen von rund 38,1 Millionen Tonnen Kiese und Sande gerechnet werden. Für das Bergwerkseigentum Magdeburg/Prester/Teilfeld 3 mit einer Fläche von rund 1,12 Millionen Quadratmetern und schätzungsweise 9,9 Millionen Tonnen Bodenschätzen läuft seit 2019 ein Interessenbekundungsverfahren für mögliche Käufer durch die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) als Eigentümerin. Zum Angebot steht eine Bergbauberechtigung im Sinne des Bundesberggesetzes – also eine Rechtsposition – für „Kiese und Kiessande zur Herstellung von Betonzuschlagstoffen“.

Aktuell werden die betroffenen Flächen vornehmlich landwirtschaftlich genutzt. Die Abbaufläche würde jedoch unmittelbar an das Wohngebiet in Prester grenzen, das in den vergangenen Jahren weiter gewachsen ist. Die Sorge vor dem Kieswerk vor der eigenen Haustür ist groß.

Katastrophe für die Lebensqualität

„Würde in Prester ein neues Abbaugebiet genehmigt werden, wäre das für die Lebensqualität in den betroffenen Wohngebieten eine Katastrophe“, konstatiert Jörg Vierhaus vom Sprecherrat der GWA Ostelbien. Neben dem Schutz der Anwohner vor Lärm und Staub spreche unter anderem die verkehrliche Erschließung dagegen. Die vorhandenen Straßen zum möglichen Abbaugebiet führen allesamt durch Wohngebiete, die einen zusätzlichen Schwerlastverkehr nicht aufnehmen könnten. Schon seit Jahren wehrten sich die Anwohner gegen den vorhandenen Durchgangsverkehr mit Kies-Lkws.

Gegen einen ostelbischen Kiestagebau spreche überdies die Hochwassersituation in dem Gebiet. So drohten Überschwemmungen durch Schichten-, Dräng- und Grundwasser welches bei Hochwasser aus den Abbaugebieten an die Oberfläche gelangen könnte.

Bleiben noch die negativen Auswirkungen für Natur und Klimaschutz im Zuge eines möglichen Kiesabbaus. „Wir sehen die Zukunft der ostelbischen Stadtteile in einer geordneten Weiterentwicklung als attraktiver, lebenswerter Wohnstandort mit der dazu nötigen öffentlichen Infrastruktur, aber keinesfalls als neue Außenstelle eines Betonwerks“, unterstreicht Jörg Vierhaus.

BVVG-Sprecherin Dr. Constanze Fiedler stellt auf Volksstimme-Anfrage klar, dass im Zuge des aktuellen Interessenbekundungsverfahrens lediglich die Bergbauberechtigung zur Verhandlung stehe, nicht aber die Genehmigung zum Abbau der Bodenschätze. „Die Ausübung dieser Berechtigung, das heißt, die tatsächliche Nutzung der Bodenschätze bedarf vorab immer einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung, die ausschließlich und allein durch die zuständige Bergbehörde auf entsprechenden Antrag eines künftigen Erwerbers hin erteilt werden kann“, erklärt sie. Die BVVG stelle diesbezüglich keinerlei Anträge und nehme auf solche auch keinerlei Einfluss.

Ein Genehmigungsverfahren für den Abbau der Bodenschätze müsste von einem möglichen Käufer angeschoben werden. Dabei würden die Träger der vom Planungsumfang betroffenen öffentlichen Belange, Umweltverbände und die Öffentlichkeit angehört und etwaige konkurrierende Interessen abgewogen.

Bergbauberechtigung hat Bestandsschutz

Mit Stand Mitte Juni war der BVVG noch kein konkretes Kaufinteresse bekannt. „Sofern Interessenten ein belastbares Interesse bekunden, würde die BVVG in einem nächsten Schritt ein öffentliches Ausschreibungsverfahren mit dem Ziel des Verkaufs einleiten“, führt Fiedler aus.

Die Bergbauberechtigung für Magdeburg/Prester/Teilfeld 3 ist vor April 1996 erteilt worden und genieße deshalb Bestandsschutz, erläutert Nadja Sonntag, Pressesprecherin beim Landesamt für Geologie und Bergwesen (LAGB). Seit Inkrafttreten einer Gesetzesnovelle im besagten Jahr gelten Kiese und Sande nicht mehr als Bodenschätze nach dem Bundesberggesetz, weswegen das LAGB seither auch keine neuen Berechtigungen mehr erteilt hat.

Nach Bekanntwerden des Interessenbekundungsverfahrens 2019 hatte sich die Stadt Magdeburg klar gegen einen eventuellen Bergbau in diesem Gebiet positioniert: Eine mögliche Umwandlung eines passiven in ein aktives Abbaurecht entspreche nicht den städtischen Entwicklungszielen, hieß es damals aus dem Rathaus: Einem Rohstoffabbau stünden vor Ort hauptsächlich Aspekte der Umweltverträglichkeit, des Hochwasserschutzes und der Verträglichkeit mit den Schutzzielen betroffener Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiete entgegen.

Bleibt abzuwarten, wie sich das laufende Interessenbekundungsverfahren weiter entwickelt. Vor dem Hintergrund, dass dieses Verfahren dazu dienen soll, potenzielle Erwerbsinteressenten zu ermitteln, sei es unbefristet, so BVVG-Sprecherin Constanze Fiedler. Das bundeseigene Unternehmen hat die Aufgabe, die ehemals volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen bis zum Jahr 2030 zu privatisieren.