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Wertvolle Dokumente für die Stadtgeschichte / Auf Auktion in Berlin entdeckt Sparkassenstiftung holt Inkunabel und Reformator-Brief zurück nach Magdeburg

Von Peter Ließmann 13.03.2012, 04:13

Mit Hilfe der Sparkassenstiftung konnten zwei wichtige historische Dokumente nach Magdeburg zurückgeholt werden. Es handelt sich dabei um eine Inkunabel und einen Brief des Reformators und Magdeburger Predigers Nicolaus von Amsdorff.

Magdeburg l Rüdiger Koch und Peter Petsch streifen die weißen Schutzhandschuhe über, dann öffnet Bibliotheksleiter Petsch vorsichtig die graue Pappschachtel und entnimmt ein eher unscheinbares dunkelbraunes Buch. Kulturbeigeordnetem Koch fällt wohl auch das eher unspektakuläre Äußere des Buches auf. "Nur mit einem ganz einfachen Schloss ausgestattet", sagt er und öffnet das Buch.

Der Inhalt ist in lateinischer Schrift geschrieben, die Sätze sind mal in schwarzen, mal in roten Lettern gedruckt. Es ist offensichtlich ein Gebrauchsbuch.

Allerdings nicht irgendeines. Es ist eine Inkunabel, ein sogenannter Wiegendruck. So werden Bücher bezeichnet, die zwischen 1450 und 1500 auf den von Johannes Gutenberg entwickelten Druckerpressen hergestellt wurden. Die gestern in der Stadtbibliothek vorgestellte Inkunabel stammt aus dem Jahr 1497 und wurde von dem Gutenberg-Schüler Moritz Brandes gedruckt. Und das in Magdeburg. Dieser Umstand und der Inhalt des Buches, der auf Magdeburg bezogen ist, macht diese Inkunabel für die Stadt so wertvoll. Die "Agenda Magdeburgensis", so der Titel der Inkunabel, beweise, so Rüdiger Koch, dass es am Ende des Mittelalters und zum Beginn der Renaissance in Magdeburg bereits eine ausgeprägte Buchdruckkultur gegeben habe. Drucker Moritz Brandes gilt als einer der hervorragendsten Buchdrucker und Verleger des 15. Jahrhundert. Bis Kriegsende 1945 besaßen die Magdeburger Rats- und die Klosterbibliothek etwa 150 dieser Inkunabeln, erklärte Bibliotheks-Chef Peter Petsch. In den Kriegswirren von 1945 seien sie fast alle verloren gegangen oder befinden sich jetzt in Moskauer oder St. Petersburger Bibliotheken. In der Schatzkammer der Stadtbibliothek gab es bis jetzt nur noch zwei Inkunabeln, eine von 1493 und eine von 1499. "Allerdings sind beide keine speziellen Magdeburger Inkunabeln mit einem Bezug zur Stadt."

Das Liturgiebüchlein aus dem 15. Jahrhundert war aber nicht der einzige "Schatz", der gestern vorgestellt wurde. Dazu zog Konstanze Buchholz, stellvertretende Leiterin des Stadtarchivs, weiße Schutzhandschuhe an. Aus einem Umschlag zog sie vorsichtig ein Blatt Papier, das in Seidenpapier eingelegt war. Bei diesem Schriftstück handelt es sich um einen Brief des Magdeburger Theologen und Reformators Nicolaus von Amsdorff, der ab 1524 Pfarrer der damaligen reformierten Ulrichskirche war und als enger Vertrauter Martin Luthers gilt. Dieser Brief, dessen Inhalt kein theologischer ist - Amsdorff setzt sich für einen gewissen Bartel Schmidt und dessen Erbschaftsangelegenheit ein - ist ebenfalls eines der wenigen Zeugnisse aus Magdeburgs mittelalterlicher Vergangenheit. "Und darum für die Stadt sehr wertvoll", sagt Rüdiger Koch.

Entdeckt hat die beiden Kostbarkeiten Antiquarin Annerose Busse. Sie habe die Inkunabel und den Brief auf einer Berliner Auktion gesehen und gleich erkannt, das beides für Magdeburg von großem Wert sei, berichtete Peter Petsch. Sie habe beide Fundstücke dann vom Auktionsmarkt genommen und für die Stadt so lange zurückgehalten, bis ein Ankauf möglich war.

Dafür hat die "Kunststiftung der Stadtsparkasse" Magdeburg gesorgt. Historische Gegenstände seien wichtig für die Identität einer Stadt", sagt Stiftungsvorstand Jens Eckhardt. Darum habe die Stiftung Inkunabel und Amsdorff-Brief für zusammen rund 20000 Euro erworben. Beides bleibt zwar im Besitz der Stiftung, werde der Stadt aber als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt, sagte Jens Eckhardt.

Wer die Magdeburger Inkunabel sehen möchte, hat in den kommenden Wochen erst in der Stadtsparkasse, dann in der Stadtbibliothek die Möglichkeit dazu. Danach werden das Buch aus dem 15. Jahrhundert der Schatzkammer der Stadtbibliothek übergeben und der Amsdorff-Brief an das Stadtarchiv. Und für die Inkunabel haben sich bereits die ersten Forscher angesagt, so Petsch.