Anstieg politisch motivierter Straftaten im vergangenen Jahr / Überwiegend Schmierereien und Sachbeschädigungen Staatsschutz der Polizei: Die organisierte rechte Szene verschwindet in der Bedeutungslosigkeit
Die organisierte rechte Szene verschwindet nach Ansicht des Staatsschutzes in Magdeburg in der Bedeutungslosigkeit. Rechtsmotivierte Straftaten werden nach Ansicht der Ermittler hauptsächlich von "Freien Kräften" begangen. Einen Anstieg gab es bei der linksmotivierten Kriminalität.
Magdeburg l Nach einer rückläufigen Tendenz von politisch motivierten Straftaten in den vergangenen Jahren gab es im vergangenen Jahr erstmals wieder einen Anstieg. Der polizeiliche Staatsschutz, zuständig für diese Kriminalität, führt dies vor allem auf den Wahlkampf (Sachbeschädigungen an Wahlplakaten) und die Straftaten rund um die 16.-Januar-Demonstration zurück. "Die Fallzahlen vor allem im Bereich der Sachbeschädigungen durch Farbschmierereien sind an diesen Tagen stark angestiegen", erklärt der Leiter des polizeilichen Staatsschutzes Frank Schwitzer.
Unter den 90 Propagandadelikten waren 57-mal Farbschmierereien durch Schriftzüge oder aufgezeichnete Hakenkreuze. 33-mal haben Straftäter durch Rufen oder Zeigen gegen das Verwendungsverbot von verfassungsfeindlichen Symbolen (Hitlergruß) verstoßen. Die Aufklärungsquote in dem Bereich lag insgesamt bei 27,8 Prozent. "Gerade bei den Schmierereien ist es für uns schwierig Anhaltspunkte für Ermittlungen zu finden", erklärt Frank Schwitzer. So sei es bisher auch noch nicht gelungen, die Täter zu fassen, die im vergangenen Jahr das Mahnmal der ehemaligen Synagoge und der Stehle für die Roma und Sinti beschmiert haben.
"Obwohl wir unseren Fokus ganz besonders darauf gerichtet haben, ist es den Tätern trotzdem gelungen unerkannt einen Müllsack dort auszukippen und in Brand zu setzen. Obwohl die Kollegen extrem schnell vor Ort waren, ist es nicht gelungen die Täter zu fassen", so Schwitzer.
Die Ermittler gehen aber aufgrund der verwendeten Schriftzüge davon aus, dass es sich bei diesen speziellen Propagandadelikten um ein und dieselben Täter handelt.
Seitens der linken Szene gab es im vergangenen Jahr gar keine Propagandadelikte.
Dafür sieht es aber bei den Sachbeschädigungen (allgemeine Schmierereien durch Schriftzüge) anders aus. Hier registrierte die Polizei 45 Straftaten linksmotivierter Täter. Seitens des rechten Spektrums wurden 14 Delikte registriert. 16-mal konnten politisch motivierte Sachbeschädigungen keiner Szene zugeordnet werden. "Das waren zum Beispiel Wahlplakate etablierter Parteien, die von Unbekannten beschmiert wurden. Das hätte von beiden Seiten erfolgen können", erklärt der Ermittler die Schwierigkeiten der Einordnung.
Die Gewalttaten sind mit jeweils 14 Straftaten auf das linke und rechte Lager gleich aufgeteilt. Bei den rechtsmotivierten Gewalttaten (u.a. Körperverletzung) stieg die Zahl im Vergleich zum Vorjahr von 11 auf 14. Neun Straftaten davon konnten aufgeklärt werden. Bei den Gewalttaten durch das linke Lager sank die Zahl von 17 auf 14. Davon konnten sogar elf Fälle geklärt werden.
"Fünf bis sechs Taten aus diesem Bereich gab es allein im Zusammenhang mit den Demonstrationen rund um den 16. Januar und ich fürchte, dass die Statistik aus diesem Grund für 2012 noch schlechter ausfallen dürfte", so Frank Schwitzer.
Die organisierte rechte Szene ist nach Meinung des Staatsschützers weitestgehend in der Bedeutungslosigkeit untergegangen. Vor allem, weil die Szene keine Möglichkeit mehr hat, einen festen Treff in Magdeburg zu etablieren. Sobald dieser erkannt wird, reagiert die Stadt, so dass es keine festen Punkte für Versammlungen oder Schulungen gibt.
Die sogenannten "Freien Kräfte" gebe es aber immer noch und sind verantwortlich für die Straftaten. Bei den Polizisten werden sie mitunter auch als "Sauf-Rechte" bezeichnet, weil fast alle der Gewalttaten oder Propagandadelikte mit hohen Promillewerten einhergehen.
Bei der linken Szene stellt sich die Situation anders dar. Hier gibt es im Wesentlichen zwei Treffpunkte. Zum einen das Libertere Zentrum in Alt-Salbke, das sich als überörtlicher Szenetreff entwickelt hat. Die meisten Personen von dort gehören aber nicht zum militanten Bereich. Der andere Treff ist in der Puschkinstraße, der vor allem im Zusammenhang mit dem Angriff auf Polizeibeamte am 14. Januar in den Fokus der Ermittler gerückt ist.
Insgesamt spricht die Polizei von einem Anstieg militanter Angriffe aus der linken Szene gegen Beamte oder mutmaßlich rechtsgerichtete Personen. "Die Straftaten aus diesem Bereich haben zugenommen", erklärt Staatsschützer Frank Schwitzer.